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Müller, Johann Bernhard: Leben und Gewohnheiten Der Ostiacken. Berlin, 1726.

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bahr geworden/ auszusteuren/ sondern sie ge-
ben ihre Töchter von 7. biß 8. Jahren von sich/
damit sie von Jugend auf zu den Ubungen der
Liebe gewohnt/ und denen Männern nach ihren
humeuren auferzogen werden.

§. 18. Solte aber dem Manne sein Weib
eckelhafftig werden/ so verstost er dieselbe/ und
nimmt eine andre; Doch sieht man/ daß die na-
türliche Triebe des eingepflantzeten Gesetzes ih-
re Würckungen haben/ ohngeachtet die wieder-
strebende Neigungen sich zu dem Verbohtenen
ohne Unterlaß ziehen. Die eingeführte Ge-
wohnheit dieser Nation ist sehr löblich/ daß sie
nicht allein ihre Kindbetterinen eine Zeitlang in
einer a parten Hütten bleiben lassen/ biß sie wieder
genesen, sondern es darff auch der Mann sein
Weib nicht besuchen, so lange sie ihre Zeit hat/
gestalt selbige sich auch in ermeldeter Hütte biß
zur Reinigung aufhält.

§. 19. Die Zeit der Gebuhrt aestimiren die
Weiber gar nicht, und scheinets als gebähren
sie ohne Schmertzen. Es arrivirt ihnen gar offt,
daß sie im Winter von einem Orthe zum andern
ziehen/ wann nun keine Jurthe auf der Nähe/
und die Commoditaet für der Gebährerin keines
weges zu finden, so verrichtet sie das Jhrige im
gehen/ verscharret die Gebuhrt im Schnee/
damit sie hart/ und der Kälte jugendlich gewohnt
werde/ biß sie anfängt zu weinen/ alsdenn steckt
sie selbige im Busem, und vollführt mit den an-
dern ihren Weg. Kommt sie aber zu dem Ort/

wo
C 4

bahr geworden/ auszuſteuren/ ſondern ſie ge-
ben ihre Toͤchter von 7. biß 8. Jahren von ſich/
damit ſie von Jugend auf zu den Ubungen der
Liebe gewohnt/ und denen Maͤnnern nach ihren
humeuren auferzogen werden.

§. 18. Solte aber dem Manne ſein Weib
eckelhafftig werden/ ſo verſtoſt er dieſelbe/ und
nimmt eine andre; Doch ſieht man/ daß die na-
tuͤrliche Triebe des eingepflantzeten Geſetzes ih-
re Wuͤrckungen haben/ ohngeachtet die wieder-
ſtrebende Neigungen ſich zu dem Verbohtenen
ohne Unterlaß ziehen. Die eingefuͤhrte Ge-
wohnheit dieſer Nation iſt ſehr loͤblich/ daß ſie
nicht allein ihre Kindbetterinen eine Zeitlang in
eineꝛ a parten Huͤtten bleiben laſſen/ biß ſie wieder
geneſen, ſondern es darff auch der Mann ſein
Weib nicht beſuchen, ſo lange ſie ihre Zeit hat/
geſtalt ſelbige ſich auch in ermeldeter Huͤtte biß
zur Reinigung aufhaͤlt.

§. 19. Die Zeit der Gebuhrt æſtimiren die
Weiber gar nicht, und ſcheinets als gebaͤhren
ſie ohne Schmertzen. Es arrivirt ihnen gar offt,
daß ſie im Winter von einem Orthe zum andern
ziehen/ wann nun keine Jurthe auf der Naͤhe/
und die Commoditæt fuͤr der Gebaͤhrerin keines
weges zu finden, ſo verrichtet ſie das Jhrige im
gehen/ verſcharret die Gebuhrt im Schnee/
damit ſie hart/ und der Kaͤlte jugendlich gewohnt
werde/ biß ſie anfaͤngt zu weinen/ alsdenn ſteckt
ſie ſelbige im Buſem, und vollfuͤhrt mit den an-
dern ihren Weg. Kommt ſie aber zu dem Ort/

wo
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[39/0055] bahr geworden/ auszuſteuren/ ſondern ſie ge- ben ihre Toͤchter von 7. biß 8. Jahren von ſich/ damit ſie von Jugend auf zu den Ubungen der Liebe gewohnt/ und denen Maͤnnern nach ihren humeuren auferzogen werden. §. 18. Solte aber dem Manne ſein Weib eckelhafftig werden/ ſo verſtoſt er dieſelbe/ und nimmt eine andre; Doch ſieht man/ daß die na- tuͤrliche Triebe des eingepflantzeten Geſetzes ih- re Wuͤrckungen haben/ ohngeachtet die wieder- ſtrebende Neigungen ſich zu dem Verbohtenen ohne Unterlaß ziehen. Die eingefuͤhrte Ge- wohnheit dieſer Nation iſt ſehr loͤblich/ daß ſie nicht allein ihre Kindbetterinen eine Zeitlang in eineꝛ a parten Huͤtten bleiben laſſen/ biß ſie wieder geneſen, ſondern es darff auch der Mann ſein Weib nicht beſuchen, ſo lange ſie ihre Zeit hat/ geſtalt ſelbige ſich auch in ermeldeter Huͤtte biß zur Reinigung aufhaͤlt. §. 19. Die Zeit der Gebuhrt æſtimiren die Weiber gar nicht, und ſcheinets als gebaͤhren ſie ohne Schmertzen. Es arrivirt ihnen gar offt, daß ſie im Winter von einem Orthe zum andern ziehen/ wann nun keine Jurthe auf der Naͤhe/ und die Commoditæt fuͤr der Gebaͤhrerin keines weges zu finden, ſo verrichtet ſie das Jhrige im gehen/ verſcharret die Gebuhrt im Schnee/ damit ſie hart/ und der Kaͤlte jugendlich gewohnt werde/ biß ſie anfaͤngt zu weinen/ alsdenn ſteckt ſie ſelbige im Buſem, und vollfuͤhrt mit den an- dern ihren Weg. Kommt ſie aber zu dem Ort/ wo C 4

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Zitationshilfe: Müller, Johann Bernhard: Leben und Gewohnheiten Der Ostiacken. Berlin, 1726, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_ostiacken_1726/55>, abgerufen am 23.11.2024.