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Müller, Johann Bernhard: Leben und Gewohnheiten Der Ostiacken. Berlin, 1726.

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tig/ pockengrübig, mit rothen oder weissen Kö-
pfen und dergleichen sind/ so werden sie auch hie-
durch in der Benennung distinguiret.

§. 2. Gleich wie nun diese Leute von keiner
Wissenschafft/ freyen Künsten, noch vom Lesen
und Schreiben etwas wissen/ sondern in Statu
Naturali
leben/ so ist leicht zu erachten/ daß we-
der Sitten-Lehren noch Statuten selbige unter
sich verbindlich machen; Ausser daß eine allge-
meine Gewohnheit durch öfftere Wiederhoh-
lung gleichsam ihnen ein Gesetze giebet, und das
allgemeine Recht der Natur ihnen was recht
und billig zur Conservation ihrer menschlichen
Societe eindrücket/ worauff sie dann um desto
fester halten/ je mehr die natürliche Schande sie
davon abzutreten/ auf eine verborgene Weise
abhält.

§. 3. Hieraus ist leicht zu ermessen, welcher
gestalt die Erziehung der Kinder von ihren El-
tern geschähe. Ein Adler führt seine Jungen
auff eine genereuse Arth zur Sonnen an/ die
Krähe aber gewehnt die ihrigen zur niedrigen
Flucht. Zu keinen Künsten und hohen Wissen-
schafften/ auch nicht einmahl zu einen Handwer-
cke kan der Vater seinen Sohn bequemen/ weil
ihm alles dieses gäntzlich unbekant/ sondern übt
ihn von Jugend auff zum Fischfang/ Bogen
schiessen/ die Wildnüsse durchzusuchen/ Thiere
zu erschlagen/ und dergleichen damit er geschickt
sey/ sich selbst hinführo in diesen mühseligen
Stande zu ernähren. Den Sommer fangen

sie
B 5

tig/ pockengruͤbig, mit rothen oder weiſſen Koͤ-
pfen und dergleichen ſind/ ſo werden ſie auch hie-
durch in der Benennung diſtinguiret.

§. 2. Gleich wie nun dieſe Leute von keiner
Wiſſenſchafft/ freyen Kuͤnſten, noch vom Leſen
und Schreiben etwas wiſſen/ ſondern in Statu
Naturali
leben/ ſo iſt leicht zu erachten/ daß we-
der Sitten-Lehren noch Statuten ſelbige unter
ſich verbindlich machen; Auſſer daß eine allge-
meine Gewohnheit durch oͤfftere Wiederhoh-
lung gleichſam ihnen ein Geſetze giebet, und das
allgemeine Recht der Natur ihnen was recht
und billig zur Conſervation ihrer menſchlichen
Societe eindruͤcket/ worauff ſie dann um deſto
feſter halten/ je mehr die natuͤrliche Schande ſie
davon abzutreten/ auf eine verborgene Weiſe
abhaͤlt.

§. 3. Hieraus iſt leicht zu ermeſſen, welcher
geſtalt die Erziehung der Kinder von ihren El-
tern geſchaͤhe. Ein Adler fuͤhrt ſeine Jungen
auff eine genereuſe Arth zur Sonnen an/ die
Kraͤhe aber gewehnt die ihrigen zur niedrigen
Flucht. Zu keinen Kuͤnſten und hohen Wiſſen-
ſchafften/ auch nicht einmahl zu einen Handwer-
cke kan der Vater ſeinen Sohn bequemen/ weil
ihm alles dieſes gaͤntzlich unbekant/ ſondern uͤbt
ihn von Jugend auff zum Fiſchfang/ Bogen
ſchieſſen/ die Wildnuͤſſe durchzuſuchen/ Thiere
zu erſchlagen/ und dergleichen damit er geſchickt
ſey/ ſich ſelbſt hinfuͤhro in dieſen muͤhſeligen
Stande zu ernaͤhren. Den Sommer fangen

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[25/0041] tig/ pockengruͤbig, mit rothen oder weiſſen Koͤ- pfen und dergleichen ſind/ ſo werden ſie auch hie- durch in der Benennung diſtinguiret. §. 2. Gleich wie nun dieſe Leute von keiner Wiſſenſchafft/ freyen Kuͤnſten, noch vom Leſen und Schreiben etwas wiſſen/ ſondern in Statu Naturali leben/ ſo iſt leicht zu erachten/ daß we- der Sitten-Lehren noch Statuten ſelbige unter ſich verbindlich machen; Auſſer daß eine allge- meine Gewohnheit durch oͤfftere Wiederhoh- lung gleichſam ihnen ein Geſetze giebet, und das allgemeine Recht der Natur ihnen was recht und billig zur Conſervation ihrer menſchlichen Societe eindruͤcket/ worauff ſie dann um deſto feſter halten/ je mehr die natuͤrliche Schande ſie davon abzutreten/ auf eine verborgene Weiſe abhaͤlt. §. 3. Hieraus iſt leicht zu ermeſſen, welcher geſtalt die Erziehung der Kinder von ihren El- tern geſchaͤhe. Ein Adler fuͤhrt ſeine Jungen auff eine genereuſe Arth zur Sonnen an/ die Kraͤhe aber gewehnt die ihrigen zur niedrigen Flucht. Zu keinen Kuͤnſten und hohen Wiſſen- ſchafften/ auch nicht einmahl zu einen Handwer- cke kan der Vater ſeinen Sohn bequemen/ weil ihm alles dieſes gaͤntzlich unbekant/ ſondern uͤbt ihn von Jugend auff zum Fiſchfang/ Bogen ſchieſſen/ die Wildnuͤſſe durchzuſuchen/ Thiere zu erſchlagen/ und dergleichen damit er geſchickt ſey/ ſich ſelbſt hinfuͤhro in dieſen muͤhſeligen Stande zu ernaͤhren. Den Sommer fangen ſie B 5

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Zitationshilfe: Müller, Johann Bernhard: Leben und Gewohnheiten Der Ostiacken. Berlin, 1726, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_ostiacken_1726/41>, abgerufen am 24.11.2024.