7. Florentinischer Minervenkopf. Winck. W. v. S. 527. Meyer Gesch. Anm. S. 32.
369. Seit Phidias das Ideal der Athena vollendet:1 sind ruhiger Ernst, selbstbewußte Kraft und Klarheit des Geistes immer der Grundcharakter der Pallas geblieben. Ihre Jungfräulichkeit ist Nichts als die Erhebung über alle weibliche Schwäche, sie ist selbst zu sehr Mann, um sich dem Manne hingeben zu können. Die reine Stirn,2 die lang und feingebildete Nase, der etwas strenge Zug des Mundes und der Wangen (torva genis), das starke und fast eckig geformte Kinn, die nicht weit geöffneten und mehr nach unten gerichteten Augen, das kunstlos längs der Stirn zurückgestrichne und in den Nacken her- abwallende Haar, alles Züge, in denen die frühere Herb- heit zur Großheit umgebildet erscheint, stimmen ganz mit dem Charakter dieser wunderbaren idealen Schöpfung überein. Spätre Versuche, diesen Ernst ganz in Milde3 und Anmuth aufzulösen, fallen in das Charakterlose. Der Helm ist Hauptkennzeichen für den Ursprung der4 Pallasstatuen, indem man mit Hülfe der Münzen leicht den hohen Korinthischen und den anliegenden Attischen Helm unterscheidet.
2. Vgl. Winck. W. iv. S. 116. vii. S. 119 f. Der Beschreibung des Textes liegt besonders zum Grunde die Al- banische Büste, Millin M. I. ii, 24. M. Nap. i, 8. Meyer Tf. 20 A. Aehnlich in der trefflichen Gemme des Onesimos Millin P. gr. 58. Lipp. i, 34. Von etwas wildem Ausdruck ist die Büste mit den Widderköpfen am Helm (die hier wohl auf Poliorcetik gehn) aus der V. Hadrians, PCl. vi, 2. M. Nap. i, 13. Hirt 6, 5. Die Büste im Britt. Mus. Spec. 22. ist wegen der hohlen Augen, und Erzlocken, welche angefügt wa- ren, interessant. Erhabner Colossalkopf der P. unter den Meng- sischen Gypsabgüssen; vgl. Winck. W. v. S. 562. Meyer Tf. 21 E.
3. So auf M. von Pyrrhos, Empr. 545., von Agathokles, 331. Gemmen des Aspasios, den spätern Athenischen M. ähn- lich, nur noch reicher geschmückt, Bracci i, 29. G. M. 37, 132. Hirt 6, 6. vgl. Lipp. i, 29. 30. 31. ii, 27.
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II. Bildende Kunſt. Gegenſtaͤnde.
7. Florentiniſcher Minervenkopf. Winck. W. v. S. 527. Meyer Geſch. Anm. S. 32.
369. Seit Phidias das Ideal der Athena vollendet:1 ſind ruhiger Ernſt, ſelbſtbewußte Kraft und Klarheit des Geiſtes immer der Grundcharakter der Pallas geblieben. Ihre Jungfraͤulichkeit iſt Nichts als die Erhebung uͤber alle weibliche Schwaͤche, ſie iſt ſelbſt zu ſehr Mann, um ſich dem Manne hingeben zu koͤnnen. Die reine Stirn,2 die lang und feingebildete Naſe, der etwas ſtrenge Zug des Mundes und der Wangen (torva genis), das ſtarke und faſt eckig geformte Kinn, die nicht weit geoͤffneten und mehr nach unten gerichteten Augen, das kunſtlos laͤngs der Stirn zuruͤckgeſtrichne und in den Nacken her- abwallende Haar, alles Zuͤge, in denen die fruͤhere Herb- heit zur Großheit umgebildet erſcheint, ſtimmen ganz mit dem Charakter dieſer wunderbaren idealen Schoͤpfung uͤberein. Spaͤtre Verſuche, dieſen Ernſt ganz in Milde3 und Anmuth aufzuloͤſen, fallen in das Charakterloſe. Der Helm iſt Hauptkennzeichen fuͤr den Urſprung der4 Pallasſtatuen, indem man mit Huͤlfe der Muͤnzen leicht den hohen Korinthiſchen und den anliegenden Attiſchen Helm unterſcheidet.
2. Vgl. Winck. W. iv. S. 116. vii. S. 119 f. Der Beſchreibung des Textes liegt beſonders zum Grunde die Al- baniſche Büſte, Millin M. I. ii, 24. M. Nap. i, 8. Meyer Tf. 20 A. Aehnlich in der trefflichen Gemme des Oneſimos Millin P. gr. 58. Lipp. i, 34. Von etwas wildem Ausdruck iſt die Büſte mit den Widderköpfen am Helm (die hier wohl auf Poliorcetik gehn) aus der V. Hadrians, PCl. vi, 2. M. Nap. i, 13. Hirt 6, 5. Die Büſte im Britt. Muſ. Spec. 22. iſt wegen der hohlen Augen, und Erzlocken, welche angefügt wa- ren, intereſſant. Erhabner Coloſſalkopf der P. unter den Meng- ſiſchen Gypsabgüſſen; vgl. Winck. W. v. S. 562. Meyer Tf. 21 E.
3. So auf M. von Pyrrhos, Empr. 545., von Agathokles, 331. Gemmen des Aſpaſios, den ſpätern Atheniſchen M. ähn- lich, nur noch reicher geſchmückt, Bracci i, 29. G. M. 37, 132. Hirt 6, 6. vgl. Lipp. i, 29. 30. 31. ii, 27.
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[483/0505]
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7. Florentiniſcher Minervenkopf. Winck. W. v. S. 527. Meyer
Geſch. Anm. S. 32.
369. Seit Phidias das Ideal der Athena vollendet:
ſind ruhiger Ernſt, ſelbſtbewußte Kraft und Klarheit des
Geiſtes immer der Grundcharakter der Pallas geblieben.
Ihre Jungfraͤulichkeit iſt Nichts als die Erhebung uͤber
alle weibliche Schwaͤche, ſie iſt ſelbſt zu ſehr Mann, um
ſich dem Manne hingeben zu koͤnnen. Die reine Stirn,
die lang und feingebildete Naſe, der etwas ſtrenge Zug
des Mundes und der Wangen (torva genis), das ſtarke
und faſt eckig geformte Kinn, die nicht weit geoͤffneten
und mehr nach unten gerichteten Augen, das kunſtlos
laͤngs der Stirn zuruͤckgeſtrichne und in den Nacken her-
abwallende Haar, alles Zuͤge, in denen die fruͤhere Herb-
heit zur Großheit umgebildet erſcheint, ſtimmen ganz mit
dem Charakter dieſer wunderbaren idealen Schoͤpfung
uͤberein. Spaͤtre Verſuche, dieſen Ernſt ganz in Milde
und Anmuth aufzuloͤſen, fallen in das Charakterloſe.
Der Helm iſt Hauptkennzeichen fuͤr den Urſprung der
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den hohen Korinthiſchen und den anliegenden Attiſchen
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baniſche Büſte, Millin M. I. ii, 24. M. Nap. i, 8. Meyer
Tf. 20 A. Aehnlich in der trefflichen Gemme des Oneſimos
Millin P. gr. 58. Lipp. i, 34. Von etwas wildem Ausdruck
iſt die Büſte mit den Widderköpfen am Helm (die hier wohl auf
Poliorcetik gehn) aus der V. Hadrians, PCl. vi, 2. M. Nap.
i, 13. Hirt 6, 5. Die Büſte im Britt. Muſ. Spec. 22.
iſt wegen der hohlen Augen, und Erzlocken, welche angefügt wa-
ren, intereſſant. Erhabner Coloſſalkopf der P. unter den Meng-
ſiſchen Gypsabgüſſen; vgl. Winck. W. v. S. 562. Meyer Tf. 21 E.
3. So auf M. von Pyrrhos, Empr. 545., von Agathokles,
331. Gemmen des Aſpaſios, den ſpätern Atheniſchen M. ähn-
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Hirt 6, 6. vgl. Lipp. i, 29. 30. 31. ii, 27.
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Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/505>, abgerufen am 22.11.2024.
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