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Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830.

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II. Bildende Kunst. Formen.
trätstatuen (thoracatae §. 199, 3.) und historischen
Reliefs vollständiger vor; die dazwischen liegenden Kunst-
productionen begnügen sich mit Andeutungen. Der Helm2
ist entweder eine bloße Fellhaube, die aber auch mit Blech
bekleidet sein kann (kunee, kataitux, galea), oder der
ritterliche große Helm (korus, kranos, cassis). Hier3
unterscheidet man wieder den im Peloponnes gebräuchlichen
Helm (das kranos Korinthiourges), mit einem Visir
mit Augenlöchern, welches nach Belieben über das Gesicht
herabgeschoben und zurückgeschoben werden konnte; und
den in Attika und anderwärts üblichen Helm mit einem
kurzen Stirnschilde (stephane) und Seitenklappen. Der4
dem Ringpanzer (streptos) entgegenstehende feste Pan-
zer
(stadios thorax), bestehend aus zwei Metallplatten
(guala), von denen die vordre oft überaus zierlich mit
getriebner Arbeit geschmückt ist, ist in Griechenland ge-
wöhnlich nach unten grade, in Römischen Werken nach
der Form des Leibes rund zugeschnitten (doch gilt die
Regel keineswegs durchgängig); er wird von oben durch
Schulterblätter gehalten, und nach unten durch mit Me-
tall besetzte Lederstreifen (pteruges) zum Schutze der
Oberschenkel zweckmäßig verlängert. Auch die aus ela-5
stischem Zinn geschlagnen Beinschienen (knemides,
ocreae), welche unten durch den Knöchelring (episphu-
rion) gehalten werden, waren oft von zierlicher und
sorgfältiger Arbeit. Der große Erzschild der Griechen6
(aspis, clypeus), sehr bestimmt unterschieden von dem
viereckten scutum (thureos) der Römer, ist entweder
ganz kreisförmig, wie der Argolische, oder mit Einschnit-
ten zum Durchstecken der Lanzen versehen, wie der Böo-
tische. Die Homerischen gefittigten Tartschen (laiseia
pteroenta) machen Vasengemählde anschaulich, durch
welche auch die Einrichtung der Handhaben (okhanai)
sehr versinnlicht wird.

1. Die Homerischen phaloi (vgl. Buttmann Lexil. ii. S. 240.)
können wohl in den aufrechtstehenden Schildchen erkannt werden,
die auf Vasengem. auf den Helmen so viel vorkommen. Ueber

II. Bildende Kunſt. Formen.
traͤtſtatuen (thoracatae §. 199, 3.) und hiſtoriſchen
Reliefs vollſtaͤndiger vor; die dazwiſchen liegenden Kunſt-
productionen begnuͤgen ſich mit Andeutungen. Der Helm2
iſt entweder eine bloße Fellhaube, die aber auch mit Blech
bekleidet ſein kann (κυνέη, καταῖτυξ, galea), oder der
ritterliche große Helm (κόρυς, κράνος, cassis). Hier3
unterſcheidet man wieder den im Peloponnes gebraͤuchlichen
Helm (das κράνος Κορινϑιουργὲς), mit einem Viſir
mit Augenloͤchern, welches nach Belieben uͤber das Geſicht
herabgeſchoben und zuruͤckgeſchoben werden konnte; und
den in Attika und anderwaͤrts uͤblichen Helm mit einem
kurzen Stirnſchilde (στεφάνη) und Seitenklappen. Der4
dem Ringpanzer (στρεπτὸς) entgegenſtehende feſte Pan-
zer
(στάδιος ϑώραξ), beſtehend aus zwei Metallplatten
(γύαλα), von denen die vordre oft uͤberaus zierlich mit
getriebner Arbeit geſchmuͤckt iſt, iſt in Griechenland ge-
woͤhnlich nach unten grade, in Roͤmiſchen Werken nach
der Form des Leibes rund zugeſchnitten (doch gilt die
Regel keineswegs durchgaͤngig); er wird von oben durch
Schulterblaͤtter gehalten, und nach unten durch mit Me-
tall beſetzte Lederſtreifen (πτέρυγες) zum Schutze der
Oberſchenkel zweckmaͤßig verlaͤngert. Auch die aus ela-5
ſtiſchem Zinn geſchlagnen Beinſchienen (κνημῖδες,
ocreae), welche unten durch den Knoͤchelring (ἐπισφύ-
ριον) gehalten werden, waren oft von zierlicher und
ſorgfaͤltiger Arbeit. Der große Erzſchild der Griechen6
(ἀσπὶς, clypeus), ſehr beſtimmt unterſchieden von dem
viereckten scutum (ϑυρεὸς) der Roͤmer, iſt entweder
ganz kreisfoͤrmig, wie der Argoliſche, oder mit Einſchnit-
ten zum Durchſtecken der Lanzen verſehen, wie der Boͤo-
tiſche. Die Homeriſchen gefittigten Tartſchen (λαισήια
πτερόεντα) machen Vaſengemaͤhlde anſchaulich, durch
welche auch die Einrichtung der Handhaben (ὀχάναι)
ſehr verſinnlicht wird.

1. Die Homeriſchen φάλοι (vgl. Buttmann Lexil. ii. S. 240.)
können wohl in den aufrechtſtehenden Schildchen erkannt werden,
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[431/0453] II. Bildende Kunſt. Formen. traͤtſtatuen (thoracatae §. 199, 3.) und hiſtoriſchen Reliefs vollſtaͤndiger vor; die dazwiſchen liegenden Kunſt- productionen begnuͤgen ſich mit Andeutungen. Der Helm iſt entweder eine bloße Fellhaube, die aber auch mit Blech bekleidet ſein kann (κυνέη, καταῖτυξ, galea), oder der ritterliche große Helm (κόρυς, κράνος, cassis). Hier unterſcheidet man wieder den im Peloponnes gebraͤuchlichen Helm (das κράνος Κορινϑιουργὲς), mit einem Viſir mit Augenloͤchern, welches nach Belieben uͤber das Geſicht herabgeſchoben und zuruͤckgeſchoben werden konnte; und den in Attika und anderwaͤrts uͤblichen Helm mit einem kurzen Stirnſchilde (στεφάνη) und Seitenklappen. Der dem Ringpanzer (στρεπτὸς) entgegenſtehende feſte Pan- zer (στάδιος ϑώραξ), beſtehend aus zwei Metallplatten (γύαλα), von denen die vordre oft uͤberaus zierlich mit getriebner Arbeit geſchmuͤckt iſt, iſt in Griechenland ge- woͤhnlich nach unten grade, in Roͤmiſchen Werken nach der Form des Leibes rund zugeſchnitten (doch gilt die Regel keineswegs durchgaͤngig); er wird von oben durch Schulterblaͤtter gehalten, und nach unten durch mit Me- tall beſetzte Lederſtreifen (πτέρυγες) zum Schutze der Oberſchenkel zweckmaͤßig verlaͤngert. Auch die aus ela- ſtiſchem Zinn geſchlagnen Beinſchienen (κνημῖδες, ocreae), welche unten durch den Knoͤchelring (ἐπισφύ- ριον) gehalten werden, waren oft von zierlicher und ſorgfaͤltiger Arbeit. Der große Erzſchild der Griechen (ἀσπὶς, clypeus), ſehr beſtimmt unterſchieden von dem viereckten scutum (ϑυρεὸς) der Roͤmer, iſt entweder ganz kreisfoͤrmig, wie der Argoliſche, oder mit Einſchnit- ten zum Durchſtecken der Lanzen verſehen, wie der Boͤo- tiſche. Die Homeriſchen gefittigten Tartſchen (λαισήια πτερόεντα) machen Vaſengemaͤhlde anſchaulich, durch welche auch die Einrichtung der Handhaben (ὀχάναι) ſehr verſinnlicht wird. 2 3 4 5 6 1. Die Homeriſchen φάλοι (vgl. Buttmann Lexil. ii. S. 240.) können wohl in den aufrechtſtehenden Schildchen erkannt werden, die auf Vaſengem. auf den Helmen ſo viel vorkommen. Ueber

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/453>, abgerufen am 22.11.2024.