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Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830.

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Systematischer Theil.
1826. N. 178. Da die Scheibenform des olmos völlig erwiesen
ist, und die sog. cortina als omphalos erkannt worden ist (unten:
Apoll): so ist das Wesentliche der Dreifußform nun wohl endlich
im Klaren. Der Ring, worin der Kessel hängt, hieß stephane,
die Querstäbe der Füße Rabdoi. S. Euseb. c. Marcell. i.
p. 16. ed. Colon.

1300. Unter den Gefäßen für andern Gebrauch sind
besonders die Opfergeräthe: kanoun (geflochten, aber
auch von Thon), worin Messer, Salzmehl und Kränze
geborgen wurden, die Schwinge des Cerealischen Cultus
2(liknon, vannus), und die breite Schüssel mit vielen
darauf befestigten Becherchen (kotuliskoi) voll verschied-
ner Früchte, kernos genannt, nebst den Rauchgefäßen
3(thumiaterion, libanotris, acerra, turibulum) für
die Kunst von Wichtigkeit.

1. Da das kanoun nicht leicht bei einem Opfer fehlt (enerktai
ta kana oft): so erkennt man es ziemlich sicher in den flachen
Körbchen mit allerlei thulemasin auf den Vasen z. B. Millin i,
8. 9. u. oft. Eilikto kanoun, Eurip. Ras. Her. 921. 944,
wird durch das Vasengem. i, 51 a. erklärt. Das liknon u. a.
auf dem artigen Relief Bouill. iii, 58. Sacrifice rustique.

2. Ath. xi, 476. 478. u. Aa. Davon kernas in dem Epigr.
auf Alkman. Besonders im Phrygischen Cultus. Vielleicht auf
Vasengem. Laborde i, 12. Millin i, 64.

3. Acerrae, z. B. auf dem Relief Bouill. iii, 61., unter
den Opfergeräthen iii, 83. Vgl. §. 297, 3.

1301. Die reichen Zusammenstellungen dieser Vasen,
welche man von den mannigfaltigsten und zierlichsten
2Formen in Griechischen Gräbern findet, müssen
wohl zunächst als Gefäße des Todtencultus gefaßt wer-
den, welche als Symbole oder Pfänder fortdauernder
3Waschungen und Einsalbungen des Grabsteins, so wie
alljährlicher Spenden und Choen auf das Grab, mitgege-
ben werden; bei Schriftstellern wird nur die Hydria als
Aschenbehälter und der, besonders zu diesem Behufe ge-
4mahlte, Lekythos erwähnt. Dabei konnten aber sehr

Syſtematiſcher Theil.
1826. N. 178. Da die Scheibenform des ὅλμος völlig erwieſen
iſt, und die ſog. cortina als ὀμφαλὸς erkannt worden iſt (unten:
Apoll): ſo iſt das Weſentliche der Dreifußform nun wohl endlich
im Klaren. Der Ring, worin der Keſſel hängt, hieß στεφάνη,
die Querſtäbe der Füße ῥάβδοι. S. Euſeb. c. Marcell. i.
p. 16. ed. Colon.

1300. Unter den Gefaͤßen fuͤr andern Gebrauch ſind
beſonders die Opfergeraͤthe: κανοῦν (geflochten, aber
auch von Thon), worin Meſſer, Salzmehl und Kraͤnze
geborgen wurden, die Schwinge des Cerealiſchen Cultus
2(λίκνον, vannus), und die breite Schuͤſſel mit vielen
darauf befeſtigten Becherchen (κοτυλίσκοι) voll verſchied-
ner Fruͤchte, κέρνος genannt, nebſt den Rauchgefaͤßen
3(ϑυμιατήριον, λιβανωτρίς, acerra, turibulum) fuͤr
die Kunſt von Wichtigkeit.

1. Da das κανοῦν nicht leicht bei einem Opfer fehlt (ἐνῆρκται
τὰ κανᾶ oft): ſo erkennt man es ziemlich ſicher in den flachen
Körbchen mit allerlei ϑυλήμασιν auf den Vaſen z. B. Millin i,
8. 9. u. oft. Εἵλικτο κανοῦν, Eurip. Raſ. Her. 921. 944,
wird durch das Vaſengem. i, 51 a. erklärt. Das λίκνον u. a.
auf dem artigen Relief Bouill. iii, 58. Sacrifice rustique.

2. Ath. xi, 476. 478. u. Aa. Davon κερνᾶς in dem Epigr.
auf Alkman. Beſonders im Phrygiſchen Cultus. Vielleicht auf
Vaſengem. Laborde i, 12. Millin i, 64.

3. Acerrae, z. B. auf dem Relief Bouill. iii, 61., unter
den Opfergeräthen iii, 83. Vgl. §. 297, 3.

1301. Die reichen Zuſammenſtellungen dieſer Vaſen,
welche man von den mannigfaltigſten und zierlichſten
2Formen in Griechiſchen Graͤbern findet, muͤſſen
wohl zunaͤchſt als Gefaͤße des Todtencultus gefaßt wer-
den, welche als Symbole oder Pfaͤnder fortdauernder
3Waſchungen und Einſalbungen des Grabſteins, ſo wie
alljaͤhrlicher Spenden und Choen auf das Grab, mitgege-
ben werden; bei Schriftſtellern wird nur die Hydria als
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4mahlte, Lekythos erwaͤhnt. Dabei konnten aber ſehr

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[360/0382] Syſtematiſcher Theil. 1826. N. 178. Da die Scheibenform des ὅλμος völlig erwieſen iſt, und die ſog. cortina als ὀμφαλὸς erkannt worden iſt (unten: Apoll): ſo iſt das Weſentliche der Dreifußform nun wohl endlich im Klaren. Der Ring, worin der Keſſel hängt, hieß στεφάνη, die Querſtäbe der Füße ῥάβδοι. S. Euſeb. c. Marcell. i. p. 16. ed. Colon. 300. Unter den Gefaͤßen fuͤr andern Gebrauch ſind beſonders die Opfergeraͤthe: κανοῦν (geflochten, aber auch von Thon), worin Meſſer, Salzmehl und Kraͤnze geborgen wurden, die Schwinge des Cerealiſchen Cultus (λίκνον, vannus), und die breite Schuͤſſel mit vielen darauf befeſtigten Becherchen (κοτυλίσκοι) voll verſchied- ner Fruͤchte, κέρνος genannt, nebſt den Rauchgefaͤßen (ϑυμιατήριον, λιβανωτρίς, acerra, turibulum) fuͤr die Kunſt von Wichtigkeit. 1 2 3 1. Da das κανοῦν nicht leicht bei einem Opfer fehlt (ἐνῆρκται τὰ κανᾶ oft): ſo erkennt man es ziemlich ſicher in den flachen Körbchen mit allerlei ϑυλήμασιν auf den Vaſen z. B. Millin i, 8. 9. u. oft. Εἵλικτο κανοῦν, Eurip. Raſ. Her. 921. 944, wird durch das Vaſengem. i, 51 a. erklärt. Das λίκνον u. a. auf dem artigen Relief Bouill. iii, 58. Sacrifice rustique. 2. Ath. xi, 476. 478. u. Aa. Davon κερνᾶς in dem Epigr. auf Alkman. Beſonders im Phrygiſchen Cultus. Vielleicht auf Vaſengem. Laborde i, 12. Millin i, 64. 3. Acerrae, z. B. auf dem Relief Bouill. iii, 61., unter den Opfergeräthen iii, 83. Vgl. §. 297, 3. 301. Die reichen Zuſammenſtellungen dieſer Vaſen, welche man von den mannigfaltigſten und zierlichſten Formen in Griechiſchen Graͤbern findet, muͤſſen wohl zunaͤchſt als Gefaͤße des Todtencultus gefaßt wer- den, welche als Symbole oder Pfaͤnder fortdauernder Waſchungen und Einſalbungen des Grabſteins, ſo wie alljaͤhrlicher Spenden und Choen auf das Grab, mitgege- ben werden; bei Schriftſtellern wird nur die Hydria als Aſchenbehaͤlter und der, beſonders zu dieſem Behufe ge- mahlte, Lekythos erwaͤhnt. Dabei konnten aber ſehr 1 2 3 4

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/382>, abgerufen am 13.05.2024.