länge die Einheit? Die Brust breit; der Leib nach unten schmä- ler; der Hals kurz; die Füße, besonders Zehen, lang; die Knie, welche oft mit besondrer Sorgfalt und Präcision behandelt werden, eckig. Die Nase breit und rund; die Augen (welche bisweilen eingesetzt wurden) vorgewölbt; der Stirnbogen ohne Schärfe; Au- gen- und Mundwinkel etwas nach oben gerichtet; der Mund breit und die Lippen stark; das Kinn meist kleinlich; die Ohren lang und hochsitzend. Der Bart erscheint entweder als ein steifer Zopf, oder als ein künstlicher Ansatz, dessen Bänder man oft deutlich wahrnimmt. Vom Kopfhaare sieht man nur bei Phthas eine Flechte hervorkommen. S. besonders den Kopf des sog. Osyman- dyas Descr. ii. pl. 32. und des young Memnon (Amn-mai Ramses) im Britt. Museum. Nöhden Amalthea ii. S. 127. Hieroglyph. pl. 10.
6. Hauptabweichungen scheinen: 1. die milderen dem Griechi- schen Ideal mehr genäherten Formen mancher, besonders kleinerer, Figuren aus späterer Zeit. 2. die plumperen Proportionen und Formen, die besonders in Ober-Nubien gefunden werden. Frauen mit dicken Leibern und hängenden Brüsten (Cailliaud i. pl. 20). Quis miratur -- in Meroe crasso maiorem infante ma- millam, Juven. xiii, 163. Sonst ist im Allgemeinern strengere Zeichnung und schärfere, mühsamere Arbeit Indicium des höhern Alterthums, die Sculpturen der spätern Ptolemäer- und Römerzeit machen sich durch Nachlässigkeit und Charakterlosigkeit kenntlich.
7. To gonukroton, wie die Alten dies Stück der weib- lichen Bildung benennen, wird von den Aegyptiern auf eine sehr unschöne Weise markirt.
8. Bussinai kalasiries (khitones platusemoi die Lexi- kogr.) die Haupttracht. Bei männlichen oft nur um die Lenden geschlagne Tücher (unter der Brust gegürtete sindones, Diod. i. 72). Meist sehr dünn und anliegend; oft aber auch sonderbar ab- stehend. Streifen durch Sculptur bezeichnet. Oft auch gefärbt. Brustschilder. Eine enganschließende Haube -- die allgemeine Nationaltracht -- wird zur Bezeichnung priesterlicher Würde man- nigfach erhöht und geschmückt. Die basileiai mit aspides und phulakteria in der Inschr. von Rosette. Darunter das Pskhent, über dessen Gestalt Champollion und Young differiren. 30 coeffu- res hieroglyphiques bei Denon pl. 115.
9. Widder (aber meist mit Löwenklauen und Schwanz), Lö- wen, die wilden Hunde oder Schakals, allerlei Affenarten (kuno- kephalos), Ibisse u. s. w. -- Sphigges, androsphigges d. i.
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Anhang. Aegyptier
länge die Einheit? Die Bruſt breit; der Leib nach unten ſchmä- ler; der Hals kurz; die Füße, beſonders Zehen, lang; die Knie, welche oft mit beſondrer Sorgfalt und Präciſion behandelt werden, eckig. Die Naſe breit und rund; die Augen (welche bisweilen eingeſetzt wurden) vorgewölbt; der Stirnbogen ohne Schärfe; Au- gen- und Mundwinkel etwas nach oben gerichtet; der Mund breit und die Lippen ſtark; das Kinn meiſt kleinlich; die Ohren lang und hochſitzend. Der Bart erſcheint entweder als ein ſteifer Zopf, oder als ein künſtlicher Anſatz, deſſen Bänder man oft deutlich wahrnimmt. Vom Kopfhaare ſieht man nur bei Phthas eine Flechte hervorkommen. S. beſonders den Kopf des ſog. Oſyman- dyas Descr. ii. pl. 32. und des young Memnon (Amn-mai Ramses) im Britt. Muſeum. Nöhden Amalthea ii. S. 127. Hieroglyph. pl. 10.
6. Hauptabweichungen ſcheinen: 1. die milderen dem Griechi- ſchen Ideal mehr genäherten Formen mancher, beſonders kleinerer, Figuren aus ſpäterer Zeit. 2. die plumperen Proportionen und Formen, die beſonders in Ober-Nubien gefunden werden. Frauen mit dicken Leibern und hängenden Brüſten (Cailliaud i. pl. 20). Quis miratur — in Meroë crasso maiorem infante ma- millam, Juven. xiii, 163. Sonſt iſt im Allgemeinern ſtrengere Zeichnung und ſchärfere, mühſamere Arbeit Indicium des höhern Alterthums, die Sculpturen der ſpätern Ptolemäer- und Römerzeit machen ſich durch Nachläſſigkeit und Charakterloſigkeit kenntlich.
7. Τὸ γονύκροτον, wie die Alten dies Stück der weib- lichen Bildung benennen, wird von den Aegyptiern auf eine ſehr unſchöne Weiſe markirt.
8. Βύσσιναι καλασἰριες (χιτῶνες πλατύσημοι die Lexi- kogr.) die Haupttracht. Bei männlichen oft nur um die Lenden geſchlagne Tücher (unter der Bruſt gegürtete σινδόνες, Diod. i. 72). Meiſt ſehr dünn und anliegend; oft aber auch ſonderbar ab- ſtehend. Streifen durch Sculptur bezeichnet. Oft auch gefärbt. Bruſtſchilder. Eine enganſchließende Haube — die allgemeine Nationaltracht — wird zur Bezeichnung prieſterlicher Würde man- nigfach erhöht und geſchmückt. Die βασιλεῖαι mit ἀσπίδες und φυλακτήρια in der Inſchr. von Roſette. Darunter das Πσχὲντ, über deſſen Geſtalt Champollion und Young differiren. 30 coeffu- res hieroglyphiques bei Denon pl. 115.
9. Widder (aber meiſt mit Löwenklauen und Schwanz), Lö- wen, die wilden Hunde oder Schakals, allerlei Affenarten (κυνο- κέφαλος), Ibiſſe u. ſ. w. — Σφίγγες, ἀνδρόσφιγγες d. i.
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Anhang. Aegyptier
länge die Einheit? Die Bruſt breit; der Leib nach unten ſchmä-
ler; der Hals kurz; die Füße, beſonders Zehen, lang; die Knie,
welche oft mit beſondrer Sorgfalt und Präciſion behandelt werden,
eckig. Die Naſe breit und rund; die Augen (welche bisweilen
eingeſetzt wurden) vorgewölbt; der Stirnbogen ohne Schärfe; Au-
gen- und Mundwinkel etwas nach oben gerichtet; der Mund breit
und die Lippen ſtark; das Kinn meiſt kleinlich; die Ohren lang
und hochſitzend. Der Bart erſcheint entweder als ein ſteifer Zopf,
oder als ein künſtlicher Anſatz, deſſen Bänder man oft deutlich
wahrnimmt. Vom Kopfhaare ſieht man nur bei Phthas eine
Flechte hervorkommen. S. beſonders den Kopf des ſog. Oſyman-
dyas Descr. ii. pl. 32. und des young Memnon (Amn-mai
Ramses) im Britt. Muſeum. Nöhden Amalthea ii. S. 127.
Hieroglyph. pl. 10.
6. Hauptabweichungen ſcheinen: 1. die milderen dem Griechi-
ſchen Ideal mehr genäherten Formen mancher, beſonders kleinerer,
Figuren aus ſpäterer Zeit. 2. die plumperen Proportionen und
Formen, die beſonders in Ober-Nubien gefunden werden. Frauen
mit dicken Leibern und hängenden Brüſten (Cailliaud i. pl. 20).
Quis miratur — in Meroë crasso maiorem infante ma-
millam, Juven. xiii, 163. Sonſt iſt im Allgemeinern ſtrengere
Zeichnung und ſchärfere, mühſamere Arbeit Indicium des höhern
Alterthums, die Sculpturen der ſpätern Ptolemäer- und Römerzeit
machen ſich durch Nachläſſigkeit und Charakterloſigkeit kenntlich.
7. Τὸ γονύκροτον, wie die Alten dies Stück der weib-
lichen Bildung benennen, wird von den Aegyptiern auf eine ſehr
unſchöne Weiſe markirt.
8. Βύσσιναι καλασἰριες (χιτῶνες πλατύσημοι die Lexi-
kogr.) die Haupttracht. Bei männlichen oft nur um die Lenden
geſchlagne Tücher (unter der Bruſt gegürtete σινδόνες, Diod. i.
72). Meiſt ſehr dünn und anliegend; oft aber auch ſonderbar ab-
ſtehend. Streifen durch Sculptur bezeichnet. Oft auch gefärbt.
Bruſtſchilder. Eine enganſchließende Haube — die allgemeine
Nationaltracht — wird zur Bezeichnung prieſterlicher Würde man-
nigfach erhöht und geſchmückt. Die βασιλεῖαι mit ἀσπίδες und
φυλακτήρια in der Inſchr. von Roſette. Darunter das Πσχὲντ,
über deſſen Geſtalt Champollion und Young differiren. 30 coeffu-
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9. Widder (aber meiſt mit Löwenklauen und Schwanz), Lö-
wen, die wilden Hunde oder Schakals, allerlei Affenarten (κυνο-
κέφαλος), Ibiſſe u. ſ. w. — Σφίγγες, ἀνδρόσφιγγες d. i.
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Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/263>, abgerufen am 16.07.2024.
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