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Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830.

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Griechen. Dritte Periode.
zu haben. S. die Stellen bei Sillig C. A. p. 208. add. Schol.
Il. i, 528.

5. Nikias wollte die tekhne nicht katakermatizein.

141. Allen voran geht indeß der große Apelles,1
der die Vorzüge seiner Heimat Jonien -- Anmuth, sinn-
lichen Reiz, blühendes Colorit -- mit der wissenschaft-
lichen Strenge der Sikyonischen Schule vereinigte. Sei-2
nem reichen Geiste war zum Vereine aller übrigen Gaben
und Vermögen, deren der Mahler bedarf, als ein Vor-
zug, den er selbst als den ihm eigenthümlichen anerkannte,
die Charis ertheilt; welche wohl kein Bild so vollkom-3
men darstellte als die vielgepriesne Anadyomene. Aber4
auch heroische Gegenstände waren seinem Talent ange-
messen, besonders großartig aufgefaßte Porträte, wie die
zahlreichen des Alexander, seines Vaters und seiner Feld-
herrn. Wie er Alexander mit dem Blitz in der Hand
(als keraunophoros) darstellte: so versuchte er, der Mei-5
ster in Licht und Farbe, selbst Gewitter (bronten, astra-
pen, keraunobolian) zu mahlen, wahrscheinlich zugleich
als Naturscenen und als mythologische Personificationen.

1. Parrhasios Theseus war nach Euphranor mit Rosen genährt.
Dagegen waren Antidotos, Athenion, und Pausias Schüler Aristo-
laos und Mechopanes severi, duri in coloribus (Mecho-
panes sile multus).
Offenbar herrschte in der Jonischen Schule
ein blühender, in Sikyon ein ernsterer Farbenton vor.

3. Die Anadyomene befand sich in Kos im Asklepieion
(gramma Koion Kallim. Fragm. 254. Bentl.), und kam durch Au-
gust in den Tempel des Divus Julius zu Rom, wo sie aber schon
in Neros Zeit verdorben war. Sie war nach Einigen (Plin.)
nach der Pankaste, nach Athen. nach der Phryne gemahlt. Epi-
gramme von Leonidas v. Tarent u. Aa. Ilgen Opusc. i. p. 34.
Jacobs in Wielands Att. Mus. iii. S. 50. Eine Anadyomene in
Erz Millin Mon. ined. ii. pl. 28.

4. Ueber den vortretenden Arm mit dem Blitz Plin. xxxv,
36, 15. (So wird an Nikias ut eminerent e tabulis pictu-
rae,
an Euphranor das exekhon gerühmt).

5. Vgl. Philostr. i, 14. Welcker p. 289.

Griechen. Dritte Periode.
zu haben. S. die Stellen bei Sillig C. A. p. 208. add. Schol.
Il. i, 528.

5. Nikias wollte die τέχνη nicht κατακερματίζειν.

141. Allen voran geht indeß der große Apelles,1
der die Vorzuͤge ſeiner Heimat Jonien — Anmuth, ſinn-
lichen Reiz, bluͤhendes Colorit — mit der wiſſenſchaft-
lichen Strenge der Sikyoniſchen Schule vereinigte. Sei-2
nem reichen Geiſte war zum Vereine aller uͤbrigen Gaben
und Vermoͤgen, deren der Mahler bedarf, als ein Vor-
zug, den er ſelbſt als den ihm eigenthuͤmlichen anerkannte,
die Charis ertheilt; welche wohl kein Bild ſo vollkom-3
men darſtellte als die vielgeprieſne Anadyomene. Aber4
auch heroiſche Gegenſtaͤnde waren ſeinem Talent ange-
meſſen, beſonders großartig aufgefaßte Portraͤte, wie die
zahlreichen des Alexander, ſeines Vaters und ſeiner Feld-
herrn. Wie er Alexander mit dem Blitz in der Hand
(als κεραυνοφόρος) darſtellte: ſo verſuchte er, der Mei-5
ſter in Licht und Farbe, ſelbſt Gewitter (βροντὴν, ἀστρα-
πὴν, κεραυνοβολίαν) zu mahlen, wahrſcheinlich zugleich
als Naturſcenen und als mythologiſche Perſonificationen.

1. Parrhaſios Theſeus war nach Euphranor mit Roſen genährt.
Dagegen waren Antidotos, Athenion, und Pauſias Schüler Ariſto-
laos und Mechopanes severi, duri in coloribus (Mecho-
panes sile multus).
Offenbar herrſchte in der Joniſchen Schule
ein blühender, in Sikyon ein ernſterer Farbenton vor.

3. Die Anadyomene befand ſich in Kos im Asklepieion
(γράμμα Κώϊον Kallim. Fragm. 254. Bentl.), und kam durch Au-
guſt in den Tempel des Divus Julius zu Rom, wo ſie aber ſchon
in Neros Zeit verdorben war. Sie war nach Einigen (Plin.)
nach der Pankaſte, nach Athen. nach der Phryne gemahlt. Epi-
gramme von Leonidas v. Tarent u. Aa. Ilgen Opusc. i. p. 34.
Jacobs in Wielands Att. Muſ. iii. S. 50. Eine Anadyomene in
Erz Millin Mon. inéd. ii. pl. 28.

4. Ueber den vortretenden Arm mit dem Blitz Plin. xxxv,
36, 15. (So wird an Nikias ut eminerent e tabulis pictu-
rae,
an Euphranor das ἐξέχον gerühmt).

5. Vgl. Philoſtr. i, 14. Welcker p. 289.

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[125/0147] Griechen. Dritte Periode. zu haben. S. die Stellen bei Sillig C. A. p. 208. add. Schol. Il. i, 528. 5. Nikias wollte die τέχνη nicht κατακερματίζειν. 141. Allen voran geht indeß der große Apelles, der die Vorzuͤge ſeiner Heimat Jonien — Anmuth, ſinn- lichen Reiz, bluͤhendes Colorit — mit der wiſſenſchaft- lichen Strenge der Sikyoniſchen Schule vereinigte. Sei- nem reichen Geiſte war zum Vereine aller uͤbrigen Gaben und Vermoͤgen, deren der Mahler bedarf, als ein Vor- zug, den er ſelbſt als den ihm eigenthuͤmlichen anerkannte, die Charis ertheilt; welche wohl kein Bild ſo vollkom- men darſtellte als die vielgeprieſne Anadyomene. Aber auch heroiſche Gegenſtaͤnde waren ſeinem Talent ange- meſſen, beſonders großartig aufgefaßte Portraͤte, wie die zahlreichen des Alexander, ſeines Vaters und ſeiner Feld- herrn. Wie er Alexander mit dem Blitz in der Hand (als κεραυνοφόρος) darſtellte: ſo verſuchte er, der Mei- ſter in Licht und Farbe, ſelbſt Gewitter (βροντὴν, ἀστρα- πὴν, κεραυνοβολίαν) zu mahlen, wahrſcheinlich zugleich als Naturſcenen und als mythologiſche Perſonificationen. 1 2 3 4 5 1. Parrhaſios Theſeus war nach Euphranor mit Roſen genährt. Dagegen waren Antidotos, Athenion, und Pauſias Schüler Ariſto- laos und Mechopanes severi, duri in coloribus (Mecho- panes sile multus). Offenbar herrſchte in der Joniſchen Schule ein blühender, in Sikyon ein ernſterer Farbenton vor. 3. Die Anadyomene befand ſich in Kos im Asklepieion (γράμμα Κώϊον Kallim. Fragm. 254. Bentl.), und kam durch Au- guſt in den Tempel des Divus Julius zu Rom, wo ſie aber ſchon in Neros Zeit verdorben war. Sie war nach Einigen (Plin.) nach der Pankaſte, nach Athen. nach der Phryne gemahlt. Epi- gramme von Leonidas v. Tarent u. Aa. Ilgen Opusc. i. p. 34. Jacobs in Wielands Att. Muſ. iii. S. 50. Eine Anadyomene in Erz Millin Mon. inéd. ii. pl. 28. 4. Ueber den vortretenden Arm mit dem Blitz Plin. xxxv, 36, 15. (So wird an Nikias ut eminerent e tabulis pictu- rae, an Euphranor das ἐξέχον gerühmt). 5. Vgl. Philoſtr. i, 14. Welcker p. 289.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/147>, abgerufen am 28.04.2024.