hende Meisterschaft Göthe's auf ihren beschränkten Standpunkt herabzuziehen. Mehre vielgelesene Blätter haben bereits die glückliche Ausführung des Unterneh- mens dargethan und Schubarths Versuch für die richtige Würdigung Göthe's allen empfohlen, die den Meister in allen Bezügen näher und gründlich kennen lernen wollen. Der Verf. hat sich, wo nicht das ein- zige, doch sicher ein großes Verdienst durch den Ver- such erworben, in jeder bedeutenden Schöpfung des Dichters den Puls eines eigenen Lebens aufzufinden, und nach den sichtbaren Kennzeichen der Verwandtschaft die Gesammtmasse derselben zu einer organischen Ein- heit, als dem natürlichen Abdruck oder Karakter der hervorbringenden Kraft, klar und zuverlässig zu ver- binden. Dieser aufgestellte Grundsatz verdient eben so viel Lob, als die Durchführung gelungen zu nennen ist. Göthe selber sagt: "Er komme sich vor, als ob "er durch einen Doppelspath seine Persönlichkeit in "zwei Bildern gewahre, wobei es ihm schwer sei, das "ursprüngliche und abgeleitete zu unterscheiden. Für "das eine könnten seine eigenen Werke gelten, für das "andere die unternommene Schubarthsche Auslegung. Einen ähnlichen Versuch hat Schubarth zur
Beurtheilung Homers unternommen, und über den ionischen Sänger, sein Zeitalter und seine Stellung und Verhältniß zu seinen Zeitgenossen viel Treffliches, sowohl für den Philologen als überhaupt für den Freund griechischer Poesie, gesagt. Diese Schrift, deren voll- ständiger Titel ist:
Schubarth, K. E., Ideen über Homer und sein Zeitalter. 8. 1821. Weiß Druckpapier 1 Rtlr. 12 Gr. Schweizer Papier 2 Rtlr. zerfällt in 2 Theile. In dem ersten sucht der Ver- fasser der Betrachtung Homerischer Poesie einen neuen, eigenthümlichen, durchaus freien Standpunkt auszumit- teln. In dem zweiten entwikkelt er den Kulturzustand der Homerischen Zeit, die kunstreiche Anlage der Hand- lung und Charaktere in der Ilias, überhaupt die Rich- tung, den Zweck und das Heimatliche der Homerischen
hende Meiſterſchaft Goͤthe’s auf ihren beſchraͤnkten Standpunkt herabzuziehen. Mehre vielgeleſene Blaͤtter haben bereits die gluͤckliche Ausfuͤhrung des Unterneh- mens dargethan und Schubarths Verſuch fuͤr die richtige Wuͤrdigung Goͤthe’s allen empfohlen, die den Meiſter in allen Bezuͤgen naͤher und gruͤndlich kennen lernen wollen. Der Verf. hat ſich, wo nicht das ein- zige, doch ſicher ein großes Verdienſt durch den Ver- ſuch erworben, in jeder bedeutenden Schoͤpfung des Dichters den Puls eines eigenen Lebens aufzufinden, und nach den ſichtbaren Kennzeichen der Verwandtſchaft die Geſammtmaſſe derſelben zu einer organiſchen Ein- heit, als dem natuͤrlichen Abdruck oder Karakter der hervorbringenden Kraft, klar und zuverlaͤſſig zu ver- binden. Dieſer aufgeſtellte Grundſatz verdient eben ſo viel Lob, als die Durchfuͤhrung gelungen zu nennen iſt. Goͤthe ſelber ſagt: „Er komme ſich vor, als ob „er durch einen Doppelſpath ſeine Perſoͤnlichkeit in „zwei Bildern gewahre, wobei es ihm ſchwer ſei, das „urſpruͤngliche und abgeleitete zu unterſcheiden. Fuͤr „das eine koͤnnten ſeine eigenen Werke gelten, fuͤr das „andere die unternommene Schubarthſche Auslegung. Einen aͤhnlichen Verſuch hat Schubarth zur
Beurtheilung Homers unternommen, und uͤber den ioniſchen Saͤnger, ſein Zeitalter und ſeine Stellung und Verhaͤltniß zu ſeinen Zeitgenoſſen viel Treffliches, ſowohl fuͤr den Philologen als uͤberhaupt fuͤr den Freund griechiſcher Poeſie, geſagt. Dieſe Schrift, deren voll- ſtaͤndiger Titel iſt:
Schubarth, K. E., Ideen uͤber Homer und ſein Zeitalter. 8. 1821. Weiß Druckpapier 1 Rtlr. 12 Gr. Schweizer Papier 2 Rtlr. zerfaͤllt in 2 Theile. In dem erſten ſucht der Ver- faſſer der Betrachtung Homeriſcher Poeſie einen neuen, eigenthuͤmlichen, durchaus freien Standpunkt auszumit- teln. In dem zweiten entwikkelt er den Kulturzuſtand der Homeriſchen Zeit, die kunſtreiche Anlage der Hand- lung und Charaktere in der Ilias, uͤberhaupt die Rich- tung, den Zweck und das Heimatliche der Homeriſchen
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hende Meiſterſchaft Goͤthe’s auf ihren beſchraͤnkten
Standpunkt herabzuziehen. Mehre vielgeleſene Blaͤtter
haben bereits die gluͤckliche Ausfuͤhrung des Unterneh-
mens dargethan und Schubarths Verſuch fuͤr die
richtige Wuͤrdigung Goͤthe’s allen empfohlen, die den
Meiſter in allen Bezuͤgen naͤher und gruͤndlich kennen
lernen wollen. Der Verf. hat ſich, wo nicht das ein-
zige, doch ſicher ein großes Verdienſt durch den Ver-
ſuch erworben, in jeder bedeutenden Schoͤpfung des
Dichters den Puls eines eigenen Lebens aufzufinden,
und nach den ſichtbaren Kennzeichen der Verwandtſchaft
die Geſammtmaſſe derſelben zu einer organiſchen Ein-
heit, als dem natuͤrlichen Abdruck oder Karakter der
hervorbringenden Kraft, klar und zuverlaͤſſig zu ver-
binden. Dieſer aufgeſtellte Grundſatz verdient eben
ſo viel Lob, als die Durchfuͤhrung gelungen zu nennen
iſt. Goͤthe ſelber ſagt: „Er komme ſich vor, als ob
„er durch einen Doppelſpath ſeine Perſoͤnlichkeit in
„zwei Bildern gewahre, wobei es ihm ſchwer ſei, das
„urſpruͤngliche und abgeleitete zu unterſcheiden. Fuͤr
„das eine koͤnnten ſeine eigenen Werke gelten, fuͤr das
„andere die unternommene Schubarthſche Auslegung.
Einen aͤhnlichen Verſuch hat Schubarth zur
Beurtheilung Homers unternommen, und uͤber
den ioniſchen Saͤnger, ſein Zeitalter und ſeine Stellung
und Verhaͤltniß zu ſeinen Zeitgenoſſen viel Treffliches,
ſowohl fuͤr den Philologen als uͤberhaupt fuͤr den Freund
griechiſcher Poeſie, geſagt. Dieſe Schrift, deren voll-
ſtaͤndiger Titel iſt:
Schubarth, K. E., Ideen uͤber Homer und
ſein Zeitalter. 8. 1821.
Weiß Druckpapier 1 Rtlr. 12 Gr.
Schweizer Papier 2 Rtlr.
zerfaͤllt in 2 Theile. In dem erſten ſucht der Ver-
faſſer der Betrachtung Homeriſcher Poeſie einen neuen,
eigenthuͤmlichen, durchaus freien Standpunkt auszumit-
teln. In dem zweiten entwikkelt er den Kulturzuſtand
der Homeriſchen Zeit, die kunſtreiche Anlage der Hand-
lung und Charaktere in der Ilias, uͤberhaupt die Rich-
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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 570. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/576>, abgerufen am 27.11.2024.
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