Es würde ohne Zweifel der Geschichte der epi- schen Poesie bei den Griechen eben so, wie der My- thologie zum Vortheil gereichen, wenn man diese beiden Wissenschaften in ein engeres Verhältniß zu setzen, und die Nachrichten über den Inhalt der Epopöen mit wissenschaftlichen Forschungen über die frühere oder spätere Ausbildung der Mythen zu combiniren suchte. Ein schwacher Versuch, ein anspruchsloser Anfang zu einem solchen Unternehmen soll hier gemacht werden, um diejenigen zur Mittheilung aufzufordern, welchen reichere Sammlungen zu Gebote stehn, und vielleicht auch zur Auffindung einer Methode ein weniges bei- zutragen, die in mythologische Forschungen mehr Si- cherheit, in litterarische mehr Fülle des Stoffes brächte.
2.
Plutarchos hatte Bücher peri Erakleous geschrieben, welche er selbst im Thes. 28. Frgm. p. 353 ff. citirt; welchen Gewährsmännern er darin als den glaubwürdigsten folgte, läßt sich aus folgender Stelle (de Herod. mal. 14. p. 294.) entnehmen: Von den alten und sagenkundigen Männern haben weder Homer, noch Hesiod, noch Archilochos, noch Peisandros, noch Stesichoros, noch Alkman, noch Pindaros eines Ae- gyptischen oder Phoenikischen Herakles gedacht, sondern alle kennen nur diesen einen Herakles, unsern Böotier und Argeier: bei der wir zuerst nur bemerken, daß Pei-
2.
1.
Es wuͤrde ohne Zweifel der Geſchichte der epi- ſchen Poëſie bei den Griechen eben ſo, wie der My- thologie zum Vortheil gereichen, wenn man dieſe beiden Wiſſenſchaften in ein engeres Verhaͤltniß zu ſetzen, und die Nachrichten uͤber den Inhalt der Epopoͤen mit wiſſenſchaftlichen Forſchungen uͤber die fruͤhere oder ſpaͤtere Ausbildung der Mythen zu combiniren ſuchte. Ein ſchwacher Verſuch, ein anſpruchsloſer Anfang zu einem ſolchen Unternehmen ſoll hier gemacht werden, um diejenigen zur Mittheilung aufzufordern, welchen reichere Sammlungen zu Gebote ſtehn, und vielleicht auch zur Auffindung einer Methode ein weniges bei- zutragen, die in mythologiſche Forſchungen mehr Si- cherheit, in litterariſche mehr Fuͤlle des Stoffes braͤchte.
2.
Plutarchos hatte Buͤcher περὶ Ἡρακλέους geſchrieben, welche er ſelbſt im Theſ. 28. Frgm. p. 353 ff. citirt; welchen Gewaͤhrsmaͤnnern er darin als den glaubwuͤrdigſten folgte, laͤßt ſich aus folgender Stelle (de Herod. mal. 14. p. 294.) entnehmen: Von den alten und ſagenkundigen Maͤnnern haben weder Homer, noch Heſiod, noch Archilochos, noch Peiſandros, noch Steſichoros, noch Alkman, noch Pindaros eines Ae- gyptiſchen oder Phoenikiſchen Herakles gedacht, ſondern alle kennen nur dieſen einen Herakles, unſern Boͤotier und Argeier: bei der wir zuerſt nur bemerken, daß Pei-
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0469"n="463"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><head>2.</head><lb/><divn="3"><head>1.</head><lb/><p><hirendition="#in">E</hi>s wuͤrde ohne Zweifel der Geſchichte der epi-<lb/>ſchen Poëſie bei den Griechen eben ſo, wie der My-<lb/>
thologie zum Vortheil gereichen, wenn man dieſe beiden<lb/>
Wiſſenſchaften in ein engeres Verhaͤltniß zu ſetzen,<lb/>
und die Nachrichten uͤber den Inhalt der Epopoͤen mit<lb/>
wiſſenſchaftlichen Forſchungen uͤber die fruͤhere oder<lb/>ſpaͤtere Ausbildung der Mythen zu combiniren ſuchte.<lb/>
Ein ſchwacher Verſuch, ein anſpruchsloſer Anfang zu<lb/>
einem ſolchen Unternehmen ſoll hier gemacht werden,<lb/>
um diejenigen zur Mittheilung aufzufordern, welchen<lb/>
reichere Sammlungen zu Gebote ſtehn, und vielleicht<lb/>
auch zur Auffindung einer Methode ein weniges bei-<lb/>
zutragen, die in mythologiſche Forſchungen mehr Si-<lb/>
cherheit, in litterariſche mehr Fuͤlle des Stoffes braͤchte.</p></div><lb/><divn="3"><head>2.</head><lb/><p>Plutarchos hatte Buͤcher περὶἩρακλέους<lb/>
geſchrieben, welche er ſelbſt im Theſ. 28. <hirendition="#aq">Frgm. p.</hi> 353<lb/>
ff. citirt; welchen Gewaͤhrsmaͤnnern er darin als den<lb/>
glaubwuͤrdigſten folgte, laͤßt ſich aus folgender Stelle<lb/>
(<hirendition="#aq">de Herod. mal. 14. p.</hi> 294.) entnehmen: Von den<lb/>
alten und ſagenkundigen Maͤnnern haben weder Homer,<lb/>
noch Heſiod, noch Archilochos, noch Peiſandros, noch<lb/>
Steſichoros, noch Alkman, noch Pindaros eines Ae-<lb/>
gyptiſchen oder Phoenikiſchen Herakles gedacht, ſondern<lb/>
alle kennen nur dieſen einen Herakles, unſern Boͤotier<lb/>
und Argeier: bei der wir zuerſt nur bemerken, daß Pei-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[463/0469]
2.
1.
Es wuͤrde ohne Zweifel der Geſchichte der epi-
ſchen Poëſie bei den Griechen eben ſo, wie der My-
thologie zum Vortheil gereichen, wenn man dieſe beiden
Wiſſenſchaften in ein engeres Verhaͤltniß zu ſetzen,
und die Nachrichten uͤber den Inhalt der Epopoͤen mit
wiſſenſchaftlichen Forſchungen uͤber die fruͤhere oder
ſpaͤtere Ausbildung der Mythen zu combiniren ſuchte.
Ein ſchwacher Verſuch, ein anſpruchsloſer Anfang zu
einem ſolchen Unternehmen ſoll hier gemacht werden,
um diejenigen zur Mittheilung aufzufordern, welchen
reichere Sammlungen zu Gebote ſtehn, und vielleicht
auch zur Auffindung einer Methode ein weniges bei-
zutragen, die in mythologiſche Forſchungen mehr Si-
cherheit, in litterariſche mehr Fuͤlle des Stoffes braͤchte.
2.
Plutarchos hatte Buͤcher περὶ Ἡρακλέους
geſchrieben, welche er ſelbſt im Theſ. 28. Frgm. p. 353
ff. citirt; welchen Gewaͤhrsmaͤnnern er darin als den
glaubwuͤrdigſten folgte, laͤßt ſich aus folgender Stelle
(de Herod. mal. 14. p. 294.) entnehmen: Von den
alten und ſagenkundigen Maͤnnern haben weder Homer,
noch Heſiod, noch Archilochos, noch Peiſandros, noch
Steſichoros, noch Alkman, noch Pindaros eines Ae-
gyptiſchen oder Phoenikiſchen Herakles gedacht, ſondern
alle kennen nur dieſen einen Herakles, unſern Boͤotier
und Argeier: bei der wir zuerſt nur bemerken, daß Pei-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 463. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/469>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.