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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

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kommen; er muß damals schon ein Mann oder doch
Jüngling gewesen sein, wenn er noch unter Hieron
(von Ol. 75, 3. bis 78, 2.) berühmt und einflußreich
ward 1. Mit seiner Herkunft aus Kos hängt auch zu-
sammen, daß er selbst auch Arzt war, und sein Bru-
der diese Kunst ausschließlich übte 2; die Familie war
ohne Zweifel in Connex mit den Asklepiaden. Phor-
mis
oder Phormos, der von Aristoteles und Andern
öfter neben Epicharmos genannt wird, scheint einige
Olympiaden älter, da er Freund des Gelon und Auf-
seher seiner Kinder war 3; der Ruhm seines Nachfol-
gers hat den seinigen so verdunkelt, daß kaum mehr
als die Titel einiger Stücke von ihm übrig sind 4, aus
denen man indeß noch sieht, daß er mythologische Ge-
genstände parodisch behandelte. Aber auch Epichar-
mos selbst ist viel weniger bekannt und beachtet, als
es die schriftstellerische Eigenthümlichkeit und künstleri-
sche Größe des bewundernswürdigen Mannes verdient;

1 Damit streitet freilich die Nachricht bei Diog. L. 8, 78.
daß Epich. als ein dreimonatlich Kind aus Kos nach Megara ge-
kommen, aber es kann doch keine der andern darum aufgegeben
werden. Die Nachricht des Anon. p. komodias bei Kuster. Arist.
p. XII. gegone kata ten og` Olumpiada, und die sonderbare des
Suid. en de pro ton Persikon ete ex, didaskon en Surakou-
sais, möchten auf Epicharms Ankunft in Sicilien zielen. -- Herm.
Harleß de Epicharmo hat die historischen Umstände noch nicht ge-
nügend erwogen.
2 Jambl. Pythag. 34. vgl. Plin. H. N.
20, 11. Diog. a. O. Eudocia bei Villois. Anecd. T. 1. p. 193.
3 Suid. Daß er zuerst die Scene mit purpurrothen Fellen be-
legte, erinnert an den Megarischen Choregen, der wirklichen Purpur
daranwandte. Aristot. cit. S. 349, 1. Bentlei Phalar. p. 260. hält
ihn für denselben mit dem Maenalier Phormis, der Gelon und
Hieron eifrig gedient; mir scheinen die Begriffe eines Arkadischen
condottiere, und eines komischen Dichters unvereinbar.
4 Fa-
bric. 2. p. 315. Harl.
III. 23

kommen; er muß damals ſchon ein Mann oder doch
Juͤngling geweſen ſein, wenn er noch unter Hieron
(von Ol. 75, 3. bis 78, 2.) beruͤhmt und einflußreich
ward 1. Mit ſeiner Herkunft aus Kos haͤngt auch zu-
ſammen, daß er ſelbſt auch Arzt war, und ſein Bru-
der dieſe Kunſt ausſchließlich uͤbte 2; die Familie war
ohne Zweifel in Connex mit den Aſklepiaden. Phor-
mis
oder Phormos, der von Ariſtoteles und Andern
oͤfter neben Epicharmos genannt wird, ſcheint einige
Olympiaden aͤlter, da er Freund des Gelon und Auf-
ſeher ſeiner Kinder war 3; der Ruhm ſeines Nachfol-
gers hat den ſeinigen ſo verdunkelt, daß kaum mehr
als die Titel einiger Stuͤcke von ihm uͤbrig ſind 4, aus
denen man indeß noch ſieht, daß er mythologiſche Ge-
genſtaͤnde parodiſch behandelte. Aber auch Epichar-
mos ſelbſt iſt viel weniger bekannt und beachtet, als
es die ſchriftſtelleriſche Eigenthuͤmlichkeit und kuͤnſtleri-
ſche Groͤße des bewundernswuͤrdigen Mannes verdient;

1 Damit ſtreitet freilich die Nachricht bei Diog. L. 8, 78.
daß Epich. als ein dreimonatlich Kind aus Kos nach Megara ge-
kommen, aber es kann doch keine der andern darum aufgegeben
werden. Die Nachricht des Anon. π. κωμῳδίας bei Kuſter. Ariſt.
p. XII. γέγονε κατὰ τὴν ογ` Ὀλυμπιάδα, und die ſonderbare des
Suid. ἦν δὲ πϱὸ τῶν Πεϱσικῶν ἔτη ἓξ, διδάσκων ἐν Συϱακού-
σαις, moͤchten auf Epicharms Ankunft in Sicilien zielen. — Herm.
Harleß de Epicharmo hat die hiſtoriſchen Umſtaͤnde noch nicht ge-
nuͤgend erwogen.
2 Jambl. Pythag. 34. vgl. Plin. H. N.
20, 11. Diog. a. O. Eudocia bei Villoiſ. Anecd. T. 1. p. 193.
3 Suid. Daß er zuerſt die Scene mit purpurrothen Fellen be-
legte, erinnert an den Megariſchen Choregen, der wirklichen Purpur
daranwandte. Ariſtot. cit. S. 349, 1. Bentlei Phalar. p. 260. haͤlt
ihn fuͤr denſelben mit dem Maenalier Phormis, der Gelon und
Hieron eifrig gedient; mir ſcheinen die Begriffe eines Arkadiſchen
condottiere, und eines komiſchen Dichters unvereinbar.
4 Fa-
bric. 2. p. 315. Harl.
III. 23
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[353/0359] kommen; er muß damals ſchon ein Mann oder doch Juͤngling geweſen ſein, wenn er noch unter Hieron (von Ol. 75, 3. bis 78, 2.) beruͤhmt und einflußreich ward 1. Mit ſeiner Herkunft aus Kos haͤngt auch zu- ſammen, daß er ſelbſt auch Arzt war, und ſein Bru- der dieſe Kunſt ausſchließlich uͤbte 2; die Familie war ohne Zweifel in Connex mit den Aſklepiaden. Phor- mis oder Phormos, der von Ariſtoteles und Andern oͤfter neben Epicharmos genannt wird, ſcheint einige Olympiaden aͤlter, da er Freund des Gelon und Auf- ſeher ſeiner Kinder war 3; der Ruhm ſeines Nachfol- gers hat den ſeinigen ſo verdunkelt, daß kaum mehr als die Titel einiger Stuͤcke von ihm uͤbrig ſind 4, aus denen man indeß noch ſieht, daß er mythologiſche Ge- genſtaͤnde parodiſch behandelte. Aber auch Epichar- mos ſelbſt iſt viel weniger bekannt und beachtet, als es die ſchriftſtelleriſche Eigenthuͤmlichkeit und kuͤnſtleri- ſche Groͤße des bewundernswuͤrdigen Mannes verdient; 1 Damit ſtreitet freilich die Nachricht bei Diog. L. 8, 78. daß Epich. als ein dreimonatlich Kind aus Kos nach Megara ge- kommen, aber es kann doch keine der andern darum aufgegeben werden. Die Nachricht des Anon. π. κωμῳδίας bei Kuſter. Ariſt. p. XII. γέγονε κατὰ τὴν ογ` Ὀλυμπιάδα, und die ſonderbare des Suid. ἦν δὲ πϱὸ τῶν Πεϱσικῶν ἔτη ἓξ, διδάσκων ἐν Συϱακού- σαις, moͤchten auf Epicharms Ankunft in Sicilien zielen. — Herm. Harleß de Epicharmo hat die hiſtoriſchen Umſtaͤnde noch nicht ge- nuͤgend erwogen. 2 Jambl. Pythag. 34. vgl. Plin. H. N. 20, 11. Diog. a. O. Eudocia bei Villoiſ. Anecd. T. 1. p. 193. 3 Suid. Daß er zuerſt die Scene mit purpurrothen Fellen be- legte, erinnert an den Megariſchen Choregen, der wirklichen Purpur daranwandte. Ariſtot. cit. S. 349, 1. Bentlei Phalar. p. 260. haͤlt ihn fuͤr denſelben mit dem Maenalier Phormis, der Gelon und Hieron eifrig gedient; mir ſcheinen die Begriffe eines Arkadiſchen condottiere, und eines komiſchen Dichters unvereinbar. 4 Fa- bric. 2. p. 315. Harl. III. 23

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/359>, abgerufen am 25.11.2024.