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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

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fliegen ihnen, wie thyrsusschwingenden und schwärmen-
den Bakchen; es führt sie der Leda Kind als heilige,
wohlziemende Chorregentin. Aber auf, binde das
Haar empor, und springe mit Hand und Fuß dem
Rehe gleich, und laß den chorfrommenden Taktschlag
ertönen." -- Manches in dieser Schilderung erinnert an
die Tänze der Lakonischen Jungfrauen im Cultus der
Artemis von Karyä: von denen oben 1 schon be-
merkt wurde, daß sie ausnehmend rasch und munter
waren, und zugleich die Vermuthung aufgestellt 2: daß
antike Reliefs -- Jungfrauen in hochgeschürzten Dori-
schen Chitonen, die Hände in eigner Bewegung zum
Kopf erhoben, den Kopf mit Eurotas-Schilf, wie ich
glaube, bekränzt 3, darstellend -- uns ein Bild jener
Tänze geben.

9.

Wir kommen hiermit zu den Tänzen, welche
etwas besonderes auszusprechen, darzustellen, zu bedeu-
ten bezwecken. Dies ist entweder eine Empfindung --
zu welcher Classe denn fast alle religiösen, so wie die
scenischen Tänze gehören; oder ein äußerlich Vorhand-
nes, welches der Tanz nachbildend darstellt -- dies

1 Bd. 2. S. 374. Das dort erwähnte Relief zu Neapel ist
besonders herausgegeben: Illustrazione di un marmo Greco
rappresentante le Cariatidi del Giuseppe M. Parascandolo.
Napoli 1817.
2 Nach Visconti Villa Borgh. St. 4. n. 21
sq. Descr. des antiques du Musee roy. n.
523. Gegen
Zoega Bassir. T. 1. p. 111 -- 118. dessen Erklärung Böttiger und
Hirt beipflichten. Eine der Figuren auf dem Relief in Paris
schlägt das Tympanon; wie auch der Titel des Stückes von Pra-
tinas (vgl. Meineke Euphor. p. 94.) Karyatiden und Dumainas
(Bakkhas khoritidas) zusammen stellt, Jungfrauen aus der Dyma-
nischen Phyle, die besondere Bakchische Sacra begingen.
3 Vieileicht die salia, die Hesych: plegma kalathph omoion, o epi
tes kephales phorousin ai Aakainai, erklärt.

fliegen ihnen, wie thyrſusſchwingenden und ſchwaͤrmen-
den Bakchen; es fuͤhrt ſie der Leda Kind als heilige,
wohlziemende Chorregentin. Aber auf, binde das
Haar empor, und ſpringe mit Hand und Fuß dem
Rehe gleich, und laß den chorfrommenden Taktſchlag
ertoͤnen.“ — Manches in dieſer Schilderung erinnert an
die Taͤnze der Lakoniſchen Jungfrauen im Cultus der
Artemis von Karyaͤ: von denen oben 1 ſchon be-
merkt wurde, daß ſie ausnehmend raſch und munter
waren, und zugleich die Vermuthung aufgeſtellt 2: daß
antike Reliefs — Jungfrauen in hochgeſchuͤrzten Dori-
ſchen Chitonen, die Haͤnde in eigner Bewegung zum
Kopf erhoben, den Kopf mit Eurotas-Schilf, wie ich
glaube, bekraͤnzt 3, darſtellend — uns ein Bild jener
Taͤnze geben.

9.

Wir kommen hiermit zu den Taͤnzen, welche
etwas beſonderes auszuſprechen, darzuſtellen, zu bedeu-
ten bezwecken. Dies iſt entweder eine Empfindung —
zu welcher Claſſe denn faſt alle religioͤſen, ſo wie die
ſceniſchen Taͤnze gehoͤren; oder ein aͤußerlich Vorhand-
nes, welches der Tanz nachbildend darſtellt — dies

1 Bd. 2. S. 374. Das dort erwaͤhnte Relief zu Neapel iſt
beſonders herausgegeben: Illustrazione di un marmo Greco
rappresentante le Cariatidi del Giuseppe M. Parascandolo.
Napoli 1817.
2 Nach Viſconti Villa Borgh. St. 4. n. 21
sq. Descr. des antiques du Musée roy. n.
523. Gegen
Zoega Bassir. T. 1. p. 111 — 118. deſſen Erklaͤrung Boͤttiger und
Hirt beipflichten. Eine der Figuren auf dem Relief in Paris
ſchlaͤgt das Tympanon; wie auch der Titel des Stuͤckes von Pra-
tinas (vgl. Meineke Euphor. p. 94.) Karyatiden und Δυμαίνας
(Βάκχας χωϱίτιδας) zuſammen ſtellt, Jungfrauen aus der Dyma-
niſchen Phyle, die beſondere Bakchiſche Sacra begingen.
3 Vieileicht die σαλία, die Heſych: πλἐγμα καλάθφ ὅμοιον, ὅ ἐπὶ
τῆς κεφαλῆς φοϱοῦσιν αἱ Αάκαιναι, erklaͤrt.
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[341/0347] fliegen ihnen, wie thyrſusſchwingenden und ſchwaͤrmen- den Bakchen; es fuͤhrt ſie der Leda Kind als heilige, wohlziemende Chorregentin. Aber auf, binde das Haar empor, und ſpringe mit Hand und Fuß dem Rehe gleich, und laß den chorfrommenden Taktſchlag ertoͤnen.“ — Manches in dieſer Schilderung erinnert an die Taͤnze der Lakoniſchen Jungfrauen im Cultus der Artemis von Karyaͤ: von denen oben 1 ſchon be- merkt wurde, daß ſie ausnehmend raſch und munter waren, und zugleich die Vermuthung aufgeſtellt 2: daß antike Reliefs — Jungfrauen in hochgeſchuͤrzten Dori- ſchen Chitonen, die Haͤnde in eigner Bewegung zum Kopf erhoben, den Kopf mit Eurotas-Schilf, wie ich glaube, bekraͤnzt 3, darſtellend — uns ein Bild jener Taͤnze geben. 9. Wir kommen hiermit zu den Taͤnzen, welche etwas beſonderes auszuſprechen, darzuſtellen, zu bedeu- ten bezwecken. Dies iſt entweder eine Empfindung — zu welcher Claſſe denn faſt alle religioͤſen, ſo wie die ſceniſchen Taͤnze gehoͤren; oder ein aͤußerlich Vorhand- nes, welches der Tanz nachbildend darſtellt — dies 1 Bd. 2. S. 374. Das dort erwaͤhnte Relief zu Neapel iſt beſonders herausgegeben: Illustrazione di un marmo Greco rappresentante le Cariatidi del Giuseppe M. Parascandolo. Napoli 1817. 2 Nach Viſconti Villa Borgh. St. 4. n. 21 sq. Descr. des antiques du Musée roy. n. 523. Gegen Zoega Bassir. T. 1. p. 111 — 118. deſſen Erklaͤrung Boͤttiger und Hirt beipflichten. Eine der Figuren auf dem Relief in Paris ſchlaͤgt das Tympanon; wie auch der Titel des Stuͤckes von Pra- tinas (vgl. Meineke Euphor. p. 94.) Karyatiden und Δυμαίνας (Βάκχας χωϱίτιδας) zuſammen ſtellt, Jungfrauen aus der Dyma- niſchen Phyle, die beſondere Bakchiſche Sacra begingen. 3 Vieileicht die σαλία, die Heſych: πλἐγμα καλάθφ ὅμοιον, ὅ ἐπὶ τῆς κεφαλῆς φοϱοῦσιν αἱ Αάκαιναι, erklaͤrt.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/347>, abgerufen am 25.11.2024.