Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite

Todesgottheit, schnell und unversehens tödtend 1; dar-
um bewaffnet, und zwar nicht blos mit Pfeil und Bo-
gen, sondern auch in Dorischen Landen mit schwerer
Rüstung 2. Ihre Pfeile aber sendet sie bei den ältesten
Dichtern nicht eben nach wilden Bestien, sondern nach
Frevlern, wie ihr Bruder 3. So tödtet sie mit ihm
den Tityos, und für sich allein die unbändigen Aloi-
den 4, und den göttergleichen Orion, der die Aehren-
bringende Upis auf Delos anzutasten gewagt 5. Dar-
um muß sie versöhnt und besänftiget werden, und hat
gleichen Antheil an Thargelien und ähnlichen Festen 6.
Daher war auch der Lorbeer der Artemis heilig 7.
Die Besänftigungsstäbe (ikesiai, iketeriai) im Cultus
der Artemis, waren mit Kränzen (von Oellaub) und
frischen Wollenflocken (mallois) umwunden; darum
durfte ihr kein Schaaf geopfert werden, weil die Wolle
heilig 8. Ihr tönt auch der Päan 9. Sie ist Lykeia 10
und zugleich Ulia 11. Ja der Name Artemis, (Dorisch
Artamis, itos) 12 entspricht dem des Abwender Apol-

1 Od. 11, 171. vgl. Il. 6, 428. Od. 20, 60. Warum sie
Ariadne tödtet, (Od. 11, 324.) erkl. Pherekydes bei den Schol. Aeon
gunaixi (Il. 21, 483.) wohl auch nur als Todesgöttin, nicht wie
es Paus. 4, 30, 3. und Eust. erkl. A gunaikon meg ekhei kratos
im Attischen Skolion ist doppeldeutig.
2 Paus. 4, 13, 1.
3 Kallim. auf Art. 124.
4 Apolld. 1, 7, 4.
5 1, 4, 3. Euphorion bei Schol. Od. 5, 120. Frgm. 108. Meinecke, u. Aa.
6 Etym. M. 443, 20. -- Zu Melite in Phthia hieß Art. in
einem speciellen Cult Aspalis Ameilete Ekaerge, Antonin
Lib. 13.
7 Daphnaia zu Las, Paus. 3, 24, 6. daphnia zu
Olympia, Str. 8, 343.
8 Etym. 402, 19.
9 657, 6.
Soph. Trach. 210. nach Seidlers Interpunktion, oben S. 298, 2.
10 in Trözen, Paus. 2, 31, 6.
11 oben S. 297. Auch
proluraia, propulaia, Spanh. zu Kallim. Art. 38
12 Etym.
M. 356, 10. Gudian. 17, 23. vgl. S. 368, 1., Alkman sagte Ar-
temitos, Eust. p. 1618, 29. Monat Artamitios in Kreta, Chis-
hull Ant. Asiatt. p. 126.; in Sicilien, S. Castelli Proll. ad

Todesgottheit, ſchnell und unverſehens toͤdtend 1; dar-
um bewaffnet, und zwar nicht blos mit Pfeil und Bo-
gen, ſondern auch in Doriſchen Landen mit ſchwerer
Ruͤſtung 2. Ihre Pfeile aber ſendet ſie bei den aͤlteſten
Dichtern nicht eben nach wilden Beſtien, ſondern nach
Frevlern, wie ihr Bruder 3. So toͤdtet ſie mit ihm
den Tityos, und fuͤr ſich allein die unbaͤndigen Aloi-
den 4, und den goͤttergleichen Orion, der die Aehren-
bringende Upis auf Delos anzutaſten gewagt 5. Dar-
um muß ſie verſoͤhnt und beſaͤnftiget werden, und hat
gleichen Antheil an Thargelien und aͤhnlichen Feſten 6.
Daher war auch der Lorbeer der Artemis heilig 7.
Die Beſaͤnftigungsſtaͤbe (ἱκεσίαι, ἱκετηρίαι) im Cultus
der Artemis, waren mit Kraͤnzen (von Oellaub) und
friſchen Wollenflocken (μαλλοῖς) umwunden; darum
durfte ihr kein Schaaf geopfert werden, weil die Wolle
heilig 8. Ihr toͤnt auch der Paͤan 9. Sie iſt Lykeia 10
und zugleich Ulia 11. Ja der Name Artemis, (Doriſch
Ἄρταμις, ιτος) 12 entſpricht dem des Abwender Apol-

1 Od. 11, 171. vgl. Il. 6, 428. Od. 20, 60. Warum ſie
Ariadne toͤdtet, (Od. 11, 324.) erkl. Pherekydes bei den Schol. Αέων
γυναιξὶ (Il. 21, 483.) wohl auch nur als Todesgoͤttin, nicht wie
es Pauſ. 4, 30, 3. und Euſt. erkl. Ἃ γυναικῶν μέγ̛ ἔχει κϱάτος
im Attiſchen Skolion iſt doppeldeutig.
2 Pauſ. 4, 13, 1.
3 Kallim. auf Art. 124.
4 Apolld. 1, 7, 4.
5 1, 4, 3. Euphorion bei Schol. Od. 5, 120. Frgm. 108. Meinecke, u. Aa.
6 Etym. M. 443, 20. — Zu Melite in Phthia hieß Art. in
einem ſpeciellen Cult ̓̍Ασπαλις Ἀμειλήτη Ἑκαέϱγη, Antonin
Lib. 13.
7 Δαφναία zu Las, Pauſ. 3, 24, 6. δαφνία zu
Olympia, Str. 8, 343.
8 Etym. 402, 19.
9 657, 6.
Soph. Trach. 210. nach Seidlers Interpunktion, oben S. 298, 2.
10 in Troͤzen, Pauſ. 2, 31, 6.
11 oben S. 297. Auch
πϱολυϱαία, πϱοπυλαία, Spanh. zu Kallim. Art. 38
12 Etym.
M. 356, 10. Gudian. 17, 23. vgl. S. 368, 1., Alkman ſagte Ἀϱ-
τέμιτος, Euſt. p. 1618, 29. Monat Ἀϱταμίτιος in Kreta, Chis-
hull Ant. Asiatt. p. 126.; in Sicilien, S. Caſtelli Proll. ad
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0400" n="370"/>
Todesgottheit, &#x017F;chnell und unver&#x017F;ehens to&#x0364;dtend <note place="foot" n="1">Od. 11, 171. vgl. Il. 6, 428. Od. 20, 60. Warum &#x017F;ie<lb/>
Ariadne to&#x0364;dtet, (Od. 11, 324.) erkl. Pherekydes bei den Schol. &#x0391;&#x03AD;&#x03C9;&#x03BD;<lb/>
&#x03B3;&#x03C5;&#x03BD;&#x03B1;&#x03B9;&#x03BE;&#x1F76; (Il. 21, 483.) wohl auch nur als Todesgo&#x0364;ttin, nicht wie<lb/>
es Pau&#x017F;. 4, 30, 3. und Eu&#x017F;t. erkl. &#x1F0B; &#x03B3;&#x03C5;&#x03BD;&#x03B1;&#x03B9;&#x03BA;&#x1FF6;&#x03BD; &#x03BC;&#x03AD;&#x03B3;&#x031B; &#x1F14;&#x03C7;&#x03B5;&#x03B9; &#x03BA;&#x03F1;&#x03AC;&#x03C4;&#x03BF;&#x03C2;<lb/>
im Atti&#x017F;chen Skolion i&#x017F;t doppeldeutig.</note>; dar-<lb/>
um bewaffnet, und zwar nicht blos mit Pfeil und Bo-<lb/>
gen, &#x017F;ondern auch in Dori&#x017F;chen Landen mit &#x017F;chwerer<lb/>
Ru&#x0364;&#x017F;tung <note place="foot" n="2">Pau&#x017F;. 4, 13, 1.</note>. Ihre Pfeile aber &#x017F;endet &#x017F;ie bei den a&#x0364;lte&#x017F;ten<lb/>
Dichtern nicht eben nach wilden Be&#x017F;tien, &#x017F;ondern nach<lb/>
Frevlern, wie ihr Bruder <note place="foot" n="3">Kallim. auf Art. 124.</note>. So to&#x0364;dtet &#x017F;ie mit ihm<lb/>
den Tityos, und fu&#x0364;r &#x017F;ich allein die unba&#x0364;ndigen Aloi-<lb/>
den <note place="foot" n="4">Apolld. 1, 7, 4.</note>, und den go&#x0364;ttergleichen Orion, der die Aehren-<lb/>
bringende Upis auf Delos anzuta&#x017F;ten gewagt <note place="foot" n="5">1, 4, 3. Euphorion bei Schol. Od. 5, 120. Frgm. 108. Meinecke, u. Aa.</note>. Dar-<lb/>
um muß &#x017F;ie ver&#x017F;o&#x0364;hnt und be&#x017F;a&#x0364;nftiget werden, und hat<lb/>
gleichen Antheil an Thargelien und a&#x0364;hnlichen Fe&#x017F;ten <note place="foot" n="6">Etym. M. 443, 20. &#x2014; Zu Melite in Phthia hieß Art. in<lb/>
einem &#x017F;peciellen Cult &#x0313;&#x030D;&#x0391;&#x03C3;&#x03C0;&#x03B1;&#x03BB;&#x03B9;&#x03C2; &#x1F08;&#x03BC;&#x03B5;&#x03B9;&#x03BB;&#x03AE;&#x03C4;&#x03B7; &#x1F19;&#x03BA;&#x03B1;&#x03AD;&#x03F1;&#x03B3;&#x03B7;, Antonin<lb/>
Lib. 13.</note>.<lb/>
Daher war auch der Lorbeer der Artemis heilig <note place="foot" n="7">&#x0394;&#x03B1;&#x03C6;&#x03BD;&#x03B1;&#x03AF;&#x03B1; zu Las, Pau&#x017F;. 3, 24, 6. &#x03B4;&#x03B1;&#x03C6;&#x03BD;&#x03AF;&#x03B1; zu<lb/>
Olympia, Str. 8, 343.</note>.<lb/>
Die Be&#x017F;a&#x0364;nftigungs&#x017F;ta&#x0364;be (&#x1F31;&#x03BA;&#x03B5;&#x03C3;&#x03AF;&#x03B1;&#x03B9;, &#x1F31;&#x03BA;&#x03B5;&#x03C4;&#x03B7;&#x03C1;&#x03AF;&#x03B1;&#x03B9;) im Cultus<lb/>
der Artemis, waren mit Kra&#x0364;nzen (von Oellaub) und<lb/>
fri&#x017F;chen Wollenflocken (&#x03BC;&#x03B1;&#x03BB;&#x03BB;&#x03BF;&#x1FD6;&#x03C2;) umwunden; darum<lb/>
durfte ihr kein Schaaf geopfert werden, weil die Wolle<lb/>
heilig <note place="foot" n="8">Etym. 402, 19.</note>. Ihr to&#x0364;nt auch der Pa&#x0364;an <note place="foot" n="9">657, 6.<lb/>
Soph. Trach. 210. nach Seidlers Interpunktion, oben S. 298, 2.</note>. Sie i&#x017F;t Lykeia <note place="foot" n="10">in Tro&#x0364;zen, Pau&#x017F;. 2, 31, 6.</note><lb/>
und zugleich Ulia <note place="foot" n="11">oben S. 297. Auch<lb/>
&#x03C0;&#x03F1;&#x03BF;&#x03BB;&#x03C5;&#x03F1;&#x03B1;&#x03AF;&#x03B1;, &#x03C0;&#x03F1;&#x03BF;&#x03C0;&#x03C5;&#x03BB;&#x03B1;&#x03AF;&#x03B1;, Spanh. zu Kallim. Art. 38</note>. Ja der Name Artemis, (Dori&#x017F;ch<lb/>
&#x1F0C;&#x03C1;&#x03C4;&#x03B1;&#x03BC;&#x03B9;&#x03C2;, &#x03B9;&#x03C4;&#x03BF;&#x03C2;) <note xml:id="seg2pn_36_1" next="#seg2pn_36_2" place="foot" n="12">Etym.<lb/>
M. 356, 10. <hi rendition="#aq">Gudian.</hi> 17, 23. vgl. S. 368, 1., Alkman &#x017F;agte &#x1F08;&#x03F1;-<lb/>
&#x03C4;&#x03AD;&#x03BC;&#x03B9;&#x03C4;&#x03BF;&#x03C2;, Eu&#x017F;t. <hi rendition="#aq">p.</hi> 1618, 29. Monat &#x1F08;&#x03F1;&#x03C4;&#x03B1;&#x03BC;&#x03AF;&#x03C4;&#x03B9;&#x03BF;&#x03C2; in Kreta, Chis-<lb/>
hull <hi rendition="#aq">Ant. Asiatt. p.</hi> 126.; in Sicilien, S. Ca&#x017F;telli <hi rendition="#aq">Proll. ad</hi></note> ent&#x017F;pricht dem des Abwender Apol-<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[370/0400] Todesgottheit, ſchnell und unverſehens toͤdtend 1; dar- um bewaffnet, und zwar nicht blos mit Pfeil und Bo- gen, ſondern auch in Doriſchen Landen mit ſchwerer Ruͤſtung 2. Ihre Pfeile aber ſendet ſie bei den aͤlteſten Dichtern nicht eben nach wilden Beſtien, ſondern nach Frevlern, wie ihr Bruder 3. So toͤdtet ſie mit ihm den Tityos, und fuͤr ſich allein die unbaͤndigen Aloi- den 4, und den goͤttergleichen Orion, der die Aehren- bringende Upis auf Delos anzutaſten gewagt 5. Dar- um muß ſie verſoͤhnt und beſaͤnftiget werden, und hat gleichen Antheil an Thargelien und aͤhnlichen Feſten 6. Daher war auch der Lorbeer der Artemis heilig 7. Die Beſaͤnftigungsſtaͤbe (ἱκεσίαι, ἱκετηρίαι) im Cultus der Artemis, waren mit Kraͤnzen (von Oellaub) und friſchen Wollenflocken (μαλλοῖς) umwunden; darum durfte ihr kein Schaaf geopfert werden, weil die Wolle heilig 8. Ihr toͤnt auch der Paͤan 9. Sie iſt Lykeia 10 und zugleich Ulia 11. Ja der Name Artemis, (Doriſch Ἄρταμις, ιτος) 12 entſpricht dem des Abwender Apol- 1 Od. 11, 171. vgl. Il. 6, 428. Od. 20, 60. Warum ſie Ariadne toͤdtet, (Od. 11, 324.) erkl. Pherekydes bei den Schol. Αέων γυναιξὶ (Il. 21, 483.) wohl auch nur als Todesgoͤttin, nicht wie es Pauſ. 4, 30, 3. und Euſt. erkl. Ἃ γυναικῶν μέγ̛ ἔχει κϱάτος im Attiſchen Skolion iſt doppeldeutig. 2 Pauſ. 4, 13, 1. 3 Kallim. auf Art. 124. 4 Apolld. 1, 7, 4. 5 1, 4, 3. Euphorion bei Schol. Od. 5, 120. Frgm. 108. Meinecke, u. Aa. 6 Etym. M. 443, 20. — Zu Melite in Phthia hieß Art. in einem ſpeciellen Cult ̓̍Ασπαλις Ἀμειλήτη Ἑκαέϱγη, Antonin Lib. 13. 7 Δαφναία zu Las, Pauſ. 3, 24, 6. δαφνία zu Olympia, Str. 8, 343. 8 Etym. 402, 19. 9 657, 6. Soph. Trach. 210. nach Seidlers Interpunktion, oben S. 298, 2. 10 in Troͤzen, Pauſ. 2, 31, 6. 11 oben S. 297. Auch πϱολυϱαία, πϱοπυλαία, Spanh. zu Kallim. Art. 38 12 Etym. M. 356, 10. Gudian. 17, 23. vgl. S. 368, 1., Alkman ſagte Ἀϱ- τέμιτος, Euſt. p. 1618, 29. Monat Ἀϱταμίτιος in Kreta, Chis- hull Ant. Asiatt. p. 126.; in Sicilien, S. Caſtelli Proll. ad

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/400
Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/400>, abgerufen am 22.11.2024.