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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

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den Wurzeln, und gehen auf den steilsten Fußsteigen
mit diesen Lasten. In dem Felsensprunge erkennt man
leicht die Festgebräuche der Thargelien und des Apollon
Leukatas wieder; das Andre bezieht sich auf den Be-
griff des starken Gottes, den ich unten ausführen werde.
Wir würden die Verbindung Magnesiens mit Kreta und
Delphi noch genauer verfolgen können, wenn nicht die
Ueberwindung der glücklichen und übermüthigen Stadt
durch die Ephesier und ihre völlige Zerstörung durch
die Kimmerischen Treres zu Gyges Zeit nothwendig
den Faden zum Theil abgerissen hätte 1.

Einige andre gleichartige Begebenheiten kann ich
hier nur andeuten. So die Schicksale der Aenianen,
welche um dieselbe Zeit und aus ähnlichen Gründen,
wie die Magneten, zum Orakel kamen, eine zeitlang
in der Kirrhäa wohnten, und dann an den Inachos
in Südthessalien geschickt wurden 2. Ein historisches
Beispiel geben die Chalkidier in Euböa, deren aus-
gehobene Jugend Apollon nach Rhegion in Italien
sandte 3; daher auch diese Stadt den Dienst desselben
auf eine vorzügliche Weise mit Sühngebräuchen 4 und
feierlichen Festen beging, zu denen auch die Messanier
Siciliens Chöre von 35 Knaben über die Meerenge
schickten 5.


1 S. indeß Frank zu Callinus S. 89. Liebel Archil. S.
202. -- Ueber die Gründung von Magnesia noch Ruhnk. zu Vel-
lej. 1, 4. Kanne zu Konon 29. Raoul-Roch. 2. S. 387.
2 Plut. Qu. Gr. 13. 26.
3 Ein Rheginer bei Timäos (Str.
260 c. Antig. Karyst. 1): ierous einai tou theou tous progo-
nous autou, kai ten apoikian enthende estalthai. vgl. 6, 257 d.
Creuzer Frgm. Xanth. S. 373. cf. p. 178.
4 Von den Ab-
lutionen in den 7 Flüssen, dem heil. Lorbeer u. s. w. Varro bei
Prob. Praef. ad Virg. Ecl. vgl. Hermanns inhaltreiches Pro-
gramm de Aeschyli Glaucis.
5 Paus. 5, 25, 1. Die Münzen
von Rhegion haben Apollok., Lyra, Tripus, Cortina.

den Wurzeln, und gehen auf den ſteilſten Fußſteigen
mit dieſen Laſten. In dem Felſenſprunge erkennt man
leicht die Feſtgebraͤuche der Thargelien und des Apollon
Leukatas wieder; das Andre bezieht ſich auf den Be-
griff des ſtarken Gottes, den ich unten ausfuͤhren werde.
Wir wuͤrden die Verbindung Magneſiens mit Kreta und
Delphi noch genauer verfolgen koͤnnen, wenn nicht die
Ueberwindung der gluͤcklichen und uͤbermuͤthigen Stadt
durch die Epheſier und ihre voͤllige Zerſtoͤrung durch
die Kimmeriſchen Treres zu Gyges Zeit nothwendig
den Faden zum Theil abgeriſſen haͤtte 1.

Einige andre gleichartige Begebenheiten kann ich
hier nur andeuten. So die Schickſale der Aenianen,
welche um dieſelbe Zeit und aus aͤhnlichen Gruͤnden,
wie die Magneten, zum Orakel kamen, eine zeitlang
in der Kirrhaͤa wohnten, und dann an den Inachos
in Suͤdtheſſalien geſchickt wurden 2. Ein hiſtoriſches
Beiſpiel geben die Chalkidier in Euboͤa, deren aus-
gehobene Jugend Apollon nach Rhegion in Italien
ſandte 3; daher auch dieſe Stadt den Dienſt deſſelben
auf eine vorzuͤgliche Weiſe mit Suͤhngebraͤuchen 4 und
feierlichen Feſten beging, zu denen auch die Meſſanier
Siciliens Choͤre von 35 Knaben uͤber die Meerenge
ſchickten 5.


1 S. indeß Frank zu Callinus S. 89. Liebel Archil. S.
202. — Ueber die Gruͤndung von Magneſia noch Ruhnk. zu Vel-
lej. 1, 4. Kanne zu Konon 29. Raoul-Roch. 2. S. 387.
2 Plut. Qu. Gr. 13. 26.
3 Ein Rheginer bei Timaͤos (Str.
260 c. Antig. Karyſt. 1): ἱεϱοὺς εἶναι τοῦ ϑεοῦ τοὺς πϱογό-
νους αὐτοῦ, καὶ τὴν ἀποικίαν ἐνϑένδε ἐστάλθαι. vgl. 6, 257 d.
Creuzer Frgm. Xanth. S. 373. cf. p. 178.
4 Von den Ab-
lutionen in den 7 Fluͤſſen, dem heil. Lorbeer u. ſ. w. Varro bei
Prob. Praef. ad Virg. Ecl. vgl. Hermanns inhaltreiches Pro-
gramm de Aeschyli Glaucis.
5 Pauſ. 5, 25, 1. Die Muͤnzen
von Rhegion haben Apollok., Lyra, Tripus, Cortina.
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[260/0290] den Wurzeln, und gehen auf den ſteilſten Fußſteigen mit dieſen Laſten. In dem Felſenſprunge erkennt man leicht die Feſtgebraͤuche der Thargelien und des Apollon Leukatas wieder; das Andre bezieht ſich auf den Be- griff des ſtarken Gottes, den ich unten ausfuͤhren werde. Wir wuͤrden die Verbindung Magneſiens mit Kreta und Delphi noch genauer verfolgen koͤnnen, wenn nicht die Ueberwindung der gluͤcklichen und uͤbermuͤthigen Stadt durch die Epheſier und ihre voͤllige Zerſtoͤrung durch die Kimmeriſchen Treres zu Gyges Zeit nothwendig den Faden zum Theil abgeriſſen haͤtte 1. Einige andre gleichartige Begebenheiten kann ich hier nur andeuten. So die Schickſale der Aenianen, welche um dieſelbe Zeit und aus aͤhnlichen Gruͤnden, wie die Magneten, zum Orakel kamen, eine zeitlang in der Kirrhaͤa wohnten, und dann an den Inachos in Suͤdtheſſalien geſchickt wurden 2. Ein hiſtoriſches Beiſpiel geben die Chalkidier in Euboͤa, deren aus- gehobene Jugend Apollon nach Rhegion in Italien ſandte 3; daher auch dieſe Stadt den Dienſt deſſelben auf eine vorzuͤgliche Weiſe mit Suͤhngebraͤuchen 4 und feierlichen Feſten beging, zu denen auch die Meſſanier Siciliens Choͤre von 35 Knaben uͤber die Meerenge ſchickten 5. 1 S. indeß Frank zu Callinus S. 89. Liebel Archil. S. 202. — Ueber die Gruͤndung von Magneſia noch Ruhnk. zu Vel- lej. 1, 4. Kanne zu Konon 29. Raoul-Roch. 2. S. 387. 2 Plut. Qu. Gr. 13. 26. 3 Ein Rheginer bei Timaͤos (Str. 260 c. Antig. Karyſt. 1): ἱεϱοὺς εἶναι τοῦ ϑεοῦ τοὺς πϱογό- νους αὐτοῦ, καὶ τὴν ἀποικίαν ἐνϑένδε ἐστάλθαι. vgl. 6, 257 d. Creuzer Frgm. Xanth. S. 373. cf. p. 178. 4 Von den Ab- lutionen in den 7 Fluͤſſen, dem heil. Lorbeer u. ſ. w. Varro bei Prob. Praef. ad Virg. Ecl. vgl. Hermanns inhaltreiches Pro- gramm de Aeschyli Glaucis. 5 Pauſ. 5, 25, 1. Die Muͤnzen von Rhegion haben Apollok., Lyra, Tripus, Cortina.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/290>, abgerufen am 09.11.2024.