konnte. Und was ist nun das Heidenleben des The- seus zum Theil anders, als eine Sicherung dieses Mittelpunkts durch die Erlegung des Periphetes, Skiron, Kerkyon, Sinnis, Pityokampes, Prokrustes1, auf daß nun die Poseidonischen Opferstiere von Trözen wie von Athen frei und ungefährdet zum Festmahle des Isthmos ziehen mögen. Dies ist der wahre großartige Zusammenhang der ältesten Theseiden.
14.
Zweitens aber betreffen die Fabeln der ge- nannten Helden eben so den Cultus des Apollon. So liegt in ihnen der Ursprung der Pythischen Theo- rieen enthalten. Jon ist selbst Sohn oder Zögling des Pythischen Gottes, und wahrscheinlich ist zwischen seinen beiden Vätern, Apollon und Xuthos, eben so wenig ursprüngliche Differenz, als zwischen Aegeus und Poseidon2. Theseus hatte demselben Gotte sein Haar geweiht; ein Platz bei Delphi hieß Theseia3. Auch wird nicht ohne Absicht von Aegeus erzählt, daß dessen die Ebene von Attika umfassende Herrschaft sich sich bis zum Pythion erstreckte, wo sie an Megaris gränzte4. Dieses Pythion lag in der "heiligen Denoe"5, einem festen Demos der Phyle Hippo- thoontis, auf den Marken von Megaris, Böotien, Attika6, oberhalb des Eleusinischen Feldes, in einer besonders fruchtbaren Gegend7. Es war aber dieser
1 Vgl. Böttiger Vasengemälde N. 3.
2 Eouthos ist der helle, strahlende Gott, eine andere Form von xanthos. S. un- ten K. 5.
3 Plut. 5.
4 Str. 9, 392. nach Sophokl. und Philoch. (S. 28. Siebel.) vgl. Schol. Arist. Lysistr. 58. Wesp. 1218. zu Eur. Hippolyt. 35.
5 Philochoros bei Schol. Soph. Oed. Kol. 1102.
6 Ehe dies Meländ, Eleutherä und andere Orte eroberte. -- Vgl. Barbie du Bocage histoire de la bourgade d'Oenoe la sacree hinter Stanhope's Plan of Platäa.
7 Daher nennt Sophokl. a. O. die Gegend von Eleusis Pn-
konnte. Und was iſt nun das Heidenleben des The- ſeus zum Theil anders, als eine Sicherung dieſes Mittelpunkts durch die Erlegung des Periphetes, Skiron, Kerkyon, Sinnis, Pityokampes, Prokruſtes1, auf daß nun die Poſeidoniſchen Opferſtiere von Troͤzen wie von Athen frei und ungefaͤhrdet zum Feſtmahle des Iſthmos ziehen moͤgen. Dies iſt der wahre großartige Zuſammenhang der aͤlteſten Theſeiden.
14.
Zweitens aber betreffen die Fabeln der ge- nannten Helden eben ſo den Cultus des Apollon. So liegt in ihnen der Urſprung der Pythiſchen Theo- rieen enthalten. Jon iſt ſelbſt Sohn oder Zoͤgling des Pythiſchen Gottes, und wahrſcheinlich iſt zwiſchen ſeinen beiden Vaͤtern, Apollon und Xuthos, eben ſo wenig urſpruͤngliche Differenz, als zwiſchen Aegeus und Poſeidon2. Theſeus hatte demſelben Gotte ſein Haar geweiht; ein Platz bei Delphi hieß Theſeia3. Auch wird nicht ohne Abſicht von Aegeus erzaͤhlt, daß deſſen die Ebene von Attika umfaſſende Herrſchaft ſich ſich bis zum Pythion erſtreckte, wo ſie an Megaris graͤnzte4. Dieſes Pythion lag in der “heiligen Denoe”5, einem feſten Demos der Phyle Hippo- thoontis, auf den Marken von Megaris, Boͤotien, Attika6, oberhalb des Eleuſiniſchen Feldes, in einer beſonders fruchtbaren Gegend7. Es war aber dieſer
1 Vgl. Boͤttiger Vaſengemaͤlde N. 3.
2 Εουϑὸς iſt der helle, ſtrahlende Gott, eine andere Form von ξανϑός. S. un- ten K. 5.
3 Plut. 5.
4 Str. 9, 392. nach Sophokl. und Philoch. (S. 28. Siebel.) vgl. Schol. Ariſt. Lyſiſtr. 58. Wesp. 1218. zu Eur. Hippolyt. 35.
5 Philochoros bei Schol. Soph. Oed. Kol. 1102.
6 Ehe dies Melaͤnd, Eleutheraͤ und andere Orte eroberte. — Vgl. Barbie du Bocage histoire de la bourgade d’Oenoë la sacrée hinter Stanhope’s Plan of Platäa.
7 Daher nennt Sophokl. a. O. die Gegend von Eleuſis Πν-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0269"n="239"/>
konnte. Und was iſt nun das Heidenleben des The-<lb/>ſeus zum Theil anders, als eine Sicherung dieſes<lb/>
Mittelpunkts durch die Erlegung des Periphetes, Skiron,<lb/>
Kerkyon, Sinnis, Pityokampes, Prokruſtes<noteplace="foot"n="1">Vgl. Boͤttiger Vaſengemaͤlde N. 3.</note>, auf<lb/>
daß nun die Poſeidoniſchen Opferſtiere von Troͤzen wie<lb/>
von Athen frei und ungefaͤhrdet zum Feſtmahle des<lb/>
Iſthmos ziehen moͤgen. Dies iſt der wahre großartige<lb/>
Zuſammenhang der aͤlteſten Theſeiden.</p></div><lb/><divn="4"><head>14.</head><lb/><p>Zweitens aber betreffen die Fabeln der ge-<lb/>
nannten Helden eben ſo den Cultus des Apollon. So<lb/>
liegt in ihnen der Urſprung der <hirendition="#g">Pythiſchen Theo-<lb/>
rieen</hi> enthalten. Jon iſt ſelbſt Sohn oder Zoͤgling<lb/>
des Pythiſchen Gottes, und wahrſcheinlich iſt zwiſchen<lb/>ſeinen beiden Vaͤtern, Apollon und Xuthos, eben ſo<lb/>
wenig urſpruͤngliche Differenz, als zwiſchen Aegeus<lb/>
und Poſeidon<noteplace="foot"n="2">Εουϑὸς iſt<lb/>
der helle, ſtrahlende Gott, eine andere Form von ξανϑός. S. un-<lb/>
ten K. 5.</note>. Theſeus hatte demſelben Gotte ſein<lb/>
Haar geweiht; ein Platz bei Delphi hieß Theſeia<noteplace="foot"n="3">Plut. 5.</note>.<lb/>
Auch wird nicht ohne Abſicht von Aegeus erzaͤhlt, daß<lb/>
deſſen die Ebene von Attika umfaſſende Herrſchaft ſich<lb/>ſich bis zum <hirendition="#g">Pythion</hi> erſtreckte, wo ſie an Megaris<lb/>
graͤnzte<noteplace="foot"n="4">Str. 9, 392. nach Sophokl.<lb/>
und Philoch. (S. 28. Siebel.) vgl. Schol. Ariſt. Lyſiſtr. 58. Wesp.<lb/>
1218. zu Eur. Hippolyt. 35.</note>. Dieſes Pythion lag in der “<hirendition="#g">heiligen<lb/>
Denoe</hi>”<noteplace="foot"n="5">Philochoros bei Schol. Soph.<lb/>
Oed. Kol. 1102.</note>, einem feſten Demos der Phyle Hippo-<lb/>
thoontis, auf den Marken von Megaris, Boͤotien,<lb/>
Attika<noteplace="foot"n="6">Ehe dies Melaͤnd, Eleutheraͤ und andere<lb/>
Orte eroberte. — Vgl. Barbie du Bocage <hirendition="#aq">histoire de la<lb/>
bourgade d’Oenoë la sacrée</hi> hinter Stanhope’s <hirendition="#aq">Plan of Platäa.</hi></note>, oberhalb des Eleuſiniſchen Feldes, in einer<lb/>
beſonders fruchtbaren Gegend<notexml:id="seg2pn_26_1"next="#seg2pn_26_2"place="foot"n="7">Daher nennt Sophokl. a. O. die Gegend von Eleuſis Πν-</note>. Es war aber dieſer<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[239/0269]
konnte. Und was iſt nun das Heidenleben des The-
ſeus zum Theil anders, als eine Sicherung dieſes
Mittelpunkts durch die Erlegung des Periphetes, Skiron,
Kerkyon, Sinnis, Pityokampes, Prokruſtes 1, auf
daß nun die Poſeidoniſchen Opferſtiere von Troͤzen wie
von Athen frei und ungefaͤhrdet zum Feſtmahle des
Iſthmos ziehen moͤgen. Dies iſt der wahre großartige
Zuſammenhang der aͤlteſten Theſeiden.
14.
Zweitens aber betreffen die Fabeln der ge-
nannten Helden eben ſo den Cultus des Apollon. So
liegt in ihnen der Urſprung der Pythiſchen Theo-
rieen enthalten. Jon iſt ſelbſt Sohn oder Zoͤgling
des Pythiſchen Gottes, und wahrſcheinlich iſt zwiſchen
ſeinen beiden Vaͤtern, Apollon und Xuthos, eben ſo
wenig urſpruͤngliche Differenz, als zwiſchen Aegeus
und Poſeidon 2. Theſeus hatte demſelben Gotte ſein
Haar geweiht; ein Platz bei Delphi hieß Theſeia 3.
Auch wird nicht ohne Abſicht von Aegeus erzaͤhlt, daß
deſſen die Ebene von Attika umfaſſende Herrſchaft ſich
ſich bis zum Pythion erſtreckte, wo ſie an Megaris
graͤnzte 4. Dieſes Pythion lag in der “heiligen
Denoe” 5, einem feſten Demos der Phyle Hippo-
thoontis, auf den Marken von Megaris, Boͤotien,
Attika 6, oberhalb des Eleuſiniſchen Feldes, in einer
beſonders fruchtbaren Gegend 7. Es war aber dieſer
1 Vgl. Boͤttiger Vaſengemaͤlde N. 3.
2 Εουϑὸς iſt
der helle, ſtrahlende Gott, eine andere Form von ξανϑός. S. un-
ten K. 5.
3 Plut. 5.
4 Str. 9, 392. nach Sophokl.
und Philoch. (S. 28. Siebel.) vgl. Schol. Ariſt. Lyſiſtr. 58. Wesp.
1218. zu Eur. Hippolyt. 35.
5 Philochoros bei Schol. Soph.
Oed. Kol. 1102.
6 Ehe dies Melaͤnd, Eleutheraͤ und andere
Orte eroberte. — Vgl. Barbie du Bocage histoire de la
bourgade d’Oenoë la sacrée hinter Stanhope’s Plan of Platäa.
7 Daher nennt Sophokl. a. O. die Gegend von Eleuſis Πν-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/269>, abgerufen am 26.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.