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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

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Ebergrabe bis zum Auszuge, wie Homer die des Achil-
leus, und obgleich Pausanias ihn in einzelnen Angaben
aus Thrtäos widerlegt 1: so ist er ihm doch sehr viel,
besonders in der poetischen Ausschmückung der Gemälde,
gefolgt 2. Historiker, wie Ephoros, Theopompos, An-
tiochos, Kallisthenes 3 nennt er nicht. Rhianos aber,
wenn er auch nicht überall einseitig der Messenischen
Sage folgte 4, hat um desto mehr, so viel wir nach
Pausanias urtheilen können, einer freien Dichtung Raum
gelassen, und viele Verhältnisse und Dinge der spätern
Zeit in die alte Sage gemischt 5. -- Wir wollen den

1 4, 15, 4.
2 Vgl. über Rhianos Jakobs im Index
auctorum
der Anthologie.
3 Vgl. Str. 8, 362.
4 Z. B.
war es Messenische Erzählung, der Myron folgte (Paus. 4, 6, 2.),
daß Aristomenes den König Theopomp getödtet, (gegen Tyrtäos)
wie man ersieht aus Plutarch Agis 21.
5 Ich will
hier gleich einige Punkte moderner Dichtung in Pausanias Erzäh-
lung bezeichnen. Die Geschichte von Polychares und Euäphnes
setzt eine Gewalt des Areopagos voraus, die nie existirte; auch die
Argivische Amphiktyonie ging die Streitigkeit nichts an. Außer
Paus. s. Diodor Exc. p. 547. der meist dieselben Quellen hat. Die
Kretischen Bogenschützen hat Rhianos aus seiner Heimat hineinge-
bracht; es gab gewiß da so früh keine Söldlinge. Wie kamen Korin-
ther nach Lakonien, ohne durch feindliches Gebiet zu gehen, nnd
wer hätte sie durchgelassen? Die Flucht der Eingeweihten nach
Eleusis ist ganz ungeschichtlich gedacht; noch mehr, daß sie im
zweiten Kriege ruhig zusehen. Paus. 4, 16, 1. Kämpften doch in
Athen selbst Daduchen in Reihe und Glied! Das Streiten der
psiloi in abgesonderten Haufen (4, 7, 2.) ist gegen Tyrtäos und
alten Gebrauch. vgl. 4, 8, 4. Oi Messenioi dromo es tous
Lakedaimonious ekhronto (4, 18, 1.) ist gegen Herodot (6, 112.).
Vieles ist sehr schlecht motivirt, z. B. das Verlassen der festen
Städte (4, 9, 1.) aus Geldmangel. Die Unterwerfung ist gar nicht
motivirt. Daß die Argiver privatim und nicht vom Staate gesendet
kommen, scheint aus Herodot 6, 92. Das Orakel 4, 9, 2. in
Jamben ist aus später Zeit, aber doch älter als das entsprechende
hexametrische bei Euseb. Praep. Ev. 5, 27. p. 130. ed. Steph. --

Ebergrabe bis zum Auszuge, wie Homer die des Achil-
leus, und obgleich Pauſanias ihn in einzelnen Angaben
aus Thrtaͤos widerlegt 1: ſo iſt er ihm doch ſehr viel,
beſonders in der poetiſchen Ausſchmuͤckung der Gemaͤlde,
gefolgt 2. Hiſtoriker, wie Ephoros, Theopompos, An-
tiochos, Kalliſthenes 3 nennt er nicht. Rhianos aber,
wenn er auch nicht uͤberall einſeitig der Meſſeniſchen
Sage folgte 4, hat um deſto mehr, ſo viel wir nach
Pauſanias urtheilen koͤnnen, einer freien Dichtung Raum
gelaſſen, und viele Verhaͤltniſſe und Dinge der ſpaͤtern
Zeit in die alte Sage gemiſcht 5. — Wir wollen den

1 4, 15, 4.
2 Vgl. uͤber Rhianos Jakobs im Index
auctorum
der Anthologie.
3 Vgl. Str. 8, 362.
4 Z. B.
war es Meſſeniſche Erzaͤhlung, der Myron folgte (Pauſ. 4, 6, 2.),
daß Ariſtomenes den Koͤnig Theopomp getoͤdtet, (gegen Tyrtaͤos)
wie man erſieht aus Plutarch Agis 21.
5 Ich will
hier gleich einige Punkte moderner Dichtung in Pauſanias Erzaͤh-
lung bezeichnen. Die Geſchichte von Polychares und Euaͤphnes
ſetzt eine Gewalt des Areopagos voraus, die nie exiſtirte; auch die
Argiviſche Amphiktyonie ging die Streitigkeit nichts an. Außer
Pauſ. ſ. Diodor Exc. p. 547. der meiſt dieſelben Quellen hat. Die
Kretiſchen Bogenſchuͤtzen hat Rhianos aus ſeiner Heimat hineinge-
bracht; es gab gewiß da ſo fruͤh keine Soͤldlinge. Wie kamen Korin-
ther nach Lakonien, ohne durch feindliches Gebiet zu gehen, nnd
wer haͤtte ſie durchgelaſſen? Die Flucht der Eingeweihten nach
Eleuſis iſt ganz ungeſchichtlich gedacht; noch mehr, daß ſie im
zweiten Kriege ruhig zuſehen. Pauſ. 4, 16, 1. Kaͤmpften doch in
Athen ſelbſt Daduchen in Reihe und Glied! Das Streiten der
ψιλοὶ in abgeſonderten Haufen (4, 7, 2.) iſt gegen Tyrtaͤos und
alten Gebrauch. vgl. 4, 8, 4. Οἱ Μεσσήνιοι δϱόμῳ ἐς τοὺς
Λακεδαιμονίους ἐχϱῶντο (4, 18, 1.) iſt gegen Herodot (6, 112.).
Vieles iſt ſehr ſchlecht motivirt, z. B. das Verlaſſen der feſten
Staͤdte (4, 9, 1.) aus Geldmangel. Die Unterwerfung iſt gar nicht
motivirt. Daß die Argiver privatim und nicht vom Staate geſendet
kommen, ſcheint aus Herodot 6, 92. Das Orakel 4, 9, 2. in
Jamben iſt aus ſpaͤter Zeit, aber doch aͤlter als das entſprechende
hexametriſche bei Euſeb. Praep. Ev. 5, 27. p. 130. ed. Steph.
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[144/0174] Ebergrabe bis zum Auszuge, wie Homer die des Achil- leus, und obgleich Pauſanias ihn in einzelnen Angaben aus Thrtaͤos widerlegt 1: ſo iſt er ihm doch ſehr viel, beſonders in der poetiſchen Ausſchmuͤckung der Gemaͤlde, gefolgt 2. Hiſtoriker, wie Ephoros, Theopompos, An- tiochos, Kalliſthenes 3 nennt er nicht. Rhianos aber, wenn er auch nicht uͤberall einſeitig der Meſſeniſchen Sage folgte 4, hat um deſto mehr, ſo viel wir nach Pauſanias urtheilen koͤnnen, einer freien Dichtung Raum gelaſſen, und viele Verhaͤltniſſe und Dinge der ſpaͤtern Zeit in die alte Sage gemiſcht 5. — Wir wollen den 1 4, 15, 4. 2 Vgl. uͤber Rhianos Jakobs im Index auctorum der Anthologie. 3 Vgl. Str. 8, 362. 4 Z. B. war es Meſſeniſche Erzaͤhlung, der Myron folgte (Pauſ. 4, 6, 2.), daß Ariſtomenes den Koͤnig Theopomp getoͤdtet, (gegen Tyrtaͤos) wie man erſieht aus Plutarch Agis 21. 5 Ich will hier gleich einige Punkte moderner Dichtung in Pauſanias Erzaͤh- lung bezeichnen. Die Geſchichte von Polychares und Euaͤphnes ſetzt eine Gewalt des Areopagos voraus, die nie exiſtirte; auch die Argiviſche Amphiktyonie ging die Streitigkeit nichts an. Außer Pauſ. ſ. Diodor Exc. p. 547. der meiſt dieſelben Quellen hat. Die Kretiſchen Bogenſchuͤtzen hat Rhianos aus ſeiner Heimat hineinge- bracht; es gab gewiß da ſo fruͤh keine Soͤldlinge. Wie kamen Korin- ther nach Lakonien, ohne durch feindliches Gebiet zu gehen, nnd wer haͤtte ſie durchgelaſſen? Die Flucht der Eingeweihten nach Eleuſis iſt ganz ungeſchichtlich gedacht; noch mehr, daß ſie im zweiten Kriege ruhig zuſehen. Pauſ. 4, 16, 1. Kaͤmpften doch in Athen ſelbſt Daduchen in Reihe und Glied! Das Streiten der ψιλοὶ in abgeſonderten Haufen (4, 7, 2.) iſt gegen Tyrtaͤos und alten Gebrauch. vgl. 4, 8, 4. Οἱ Μεσσήνιοι δϱόμῳ ἐς τοὺς Λακεδαιμονίους ἐχϱῶντο (4, 18, 1.) iſt gegen Herodot (6, 112.). Vieles iſt ſehr ſchlecht motivirt, z. B. das Verlaſſen der feſten Staͤdte (4, 9, 1.) aus Geldmangel. Die Unterwerfung iſt gar nicht motivirt. Daß die Argiver privatim und nicht vom Staate geſendet kommen, ſcheint aus Herodot 6, 92. Das Orakel 4, 9, 2. in Jamben iſt aus ſpaͤter Zeit, aber doch aͤlter als das entſprechende hexametriſche bei Euſeb. Praep. Ev. 5, 27. p. 130. ed. Steph. —

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/174>, abgerufen am 21.11.2024.