Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

Drittes Kapitel.
Feod und Allod.

Die Institutionen des Mittelalters bezeugen alle, daß man
in jenen Zeiten zwey Hauptgattungen des Eigenthums aner-
kannte, das Feod und Allod, unbeschränktes und auf Treu
und Glauben überlassenes Eigenthum. Das Feod hat nach
aller Geschichte und allen Rechtsansichten jener Zeit die
Priorität, die ihm von wegen Gott und der Natur der Dinge
an allen Orten zukommt; das Allod kennt man nur als er-
wachsend aus dem sparsamen Nießbrauch des Feod, und von
allen Seiten bedingt und beschränkt durch dieses. Das lau-
fende Jahrhundert erklärt hingegen, daß es dem Feod, dem
Eigenthum, welches auf die Bedingungen dafür zu leistender
Dienste und eventuellen Heimfalls überlassen wurde, und,
welches in der Kindheit der Staaten zur Befestigung der-
selben beygetragen haben möge, nunmehr entwachsen sey;
daß es die reichen und in alles politische Leben (wie alle
Jugendeindrücke) tief verwachsenen Spuren des Feod, oder
den sogenannten Feudalismus, verfolge und zerstöre wo es
könne; daß es nur Eine Form des Eigenthums, nähmlich
das nach Maaßgabe des Römischen Privatrechts umgeformte
Allod anerkenne, und, weil die Kunst, vermittelst einer bloßen


Drittes Kapitel.
Feod und Allod.

Die Inſtitutionen des Mittelalters bezeugen alle, daß man
in jenen Zeiten zwey Hauptgattungen des Eigenthums aner-
kannte, das Feod und Allod, unbeſchraͤnktes und auf Treu
und Glauben uͤberlaſſenes Eigenthum. Das Feod hat nach
aller Geſchichte und allen Rechtsanſichten jener Zeit die
Prioritaͤt, die ihm von wegen Gott und der Natur der Dinge
an allen Orten zukommt; das Allod kennt man nur als er-
wachſend aus dem ſparſamen Nießbrauch des Feod, und von
allen Seiten bedingt und beſchraͤnkt durch dieſes. Das lau-
fende Jahrhundert erklaͤrt hingegen, daß es dem Feod, dem
Eigenthum, welches auf die Bedingungen dafuͤr zu leiſtender
Dienſte und eventuellen Heimfalls uͤberlaſſen wurde, und,
welches in der Kindheit der Staaten zur Befeſtigung der-
ſelben beygetragen haben moͤge, nunmehr entwachſen ſey;
daß es die reichen und in alles politiſche Leben (wie alle
Jugendeindruͤcke) tief verwachſenen Spuren des Feod, oder
den ſogenannten Feudalismus, verfolge und zerſtoͤre wo es
koͤnne; daß es nur Eine Form des Eigenthums, naͤhmlich
das nach Maaßgabe des Roͤmiſchen Privatrechts umgeformte
Allod anerkenne, und, weil die Kunſt, vermittelſt einer bloßen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0040" n="26"/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#b">Drittes Kapitel.</hi><lb/><hi rendition="#g">Feod und Allod</hi>.</head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <p><hi rendition="#in">D</hi>ie In&#x017F;titutionen des Mittelalters bezeugen alle, daß man<lb/>
in jenen Zeiten zwey Hauptgattungen des Eigenthums aner-<lb/>
kannte, das Feod und Allod, unbe&#x017F;chra&#x0364;nktes und auf <choice><sic>Tren</sic><corr>Treu</corr></choice><lb/>
und Glauben u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;enes Eigenthum. Das Feod hat nach<lb/>
aller Ge&#x017F;chichte und allen Rechtsan&#x017F;ichten jener Zeit die<lb/>
Priorita&#x0364;t, die ihm von wegen Gott und der Natur der Dinge<lb/>
an allen Orten zukommt; das Allod kennt man nur als er-<lb/>
wach&#x017F;end aus dem &#x017F;par&#x017F;amen Nießbrauch des Feod, und von<lb/>
allen Seiten bedingt und be&#x017F;chra&#x0364;nkt durch die&#x017F;es. Das lau-<lb/>
fende Jahrhundert erkla&#x0364;rt hingegen, daß es dem Feod, dem<lb/>
Eigenthum, welches auf die Bedingungen dafu&#x0364;r zu lei&#x017F;tender<lb/>
Dien&#x017F;te und eventuellen Heimfalls u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en wurde, und,<lb/>
welches in der Kindheit der Staaten zur Befe&#x017F;tigung der-<lb/>
&#x017F;elben beygetragen haben mo&#x0364;ge, nunmehr entwach&#x017F;en &#x017F;ey;<lb/>
daß es die reichen und in alles politi&#x017F;che Leben (wie alle<lb/>
Jugendeindru&#x0364;cke) tief verwach&#x017F;enen Spuren des Feod, oder<lb/>
den &#x017F;ogenannten Feudalismus, verfolge und zer&#x017F;to&#x0364;re wo es<lb/>
ko&#x0364;nne; daß es nur Eine Form des Eigenthums, na&#x0364;hmlich<lb/>
das nach Maaßgabe des Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Privatrechts umgeformte<lb/>
Allod anerkenne, und, weil die Kun&#x017F;t, vermittel&#x017F;t einer bloßen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[26/0040] Drittes Kapitel. Feod und Allod. Die Inſtitutionen des Mittelalters bezeugen alle, daß man in jenen Zeiten zwey Hauptgattungen des Eigenthums aner- kannte, das Feod und Allod, unbeſchraͤnktes und auf Treu und Glauben uͤberlaſſenes Eigenthum. Das Feod hat nach aller Geſchichte und allen Rechtsanſichten jener Zeit die Prioritaͤt, die ihm von wegen Gott und der Natur der Dinge an allen Orten zukommt; das Allod kennt man nur als er- wachſend aus dem ſparſamen Nießbrauch des Feod, und von allen Seiten bedingt und beſchraͤnkt durch dieſes. Das lau- fende Jahrhundert erklaͤrt hingegen, daß es dem Feod, dem Eigenthum, welches auf die Bedingungen dafuͤr zu leiſtender Dienſte und eventuellen Heimfalls uͤberlaſſen wurde, und, welches in der Kindheit der Staaten zur Befeſtigung der- ſelben beygetragen haben moͤge, nunmehr entwachſen ſey; daß es die reichen und in alles politiſche Leben (wie alle Jugendeindruͤcke) tief verwachſenen Spuren des Feod, oder den ſogenannten Feudalismus, verfolge und zerſtoͤre wo es koͤnne; daß es nur Eine Form des Eigenthums, naͤhmlich das nach Maaßgabe des Roͤmiſchen Privatrechts umgeformte Allod anerkenne, und, weil die Kunſt, vermittelſt einer bloßen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816/40
Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816. , S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816/40>, abgerufen am 24.11.2024.