andern hingegen kommen die Wohlthaten dieser Geldzeichen nur mittelbar zu Gute. Sobald die Regierung also die Geld- zeichen mechanisch vermehrt, ohne in demselben Maaße jene andern Organe, denen die Vortheile der Geldvermehrung nur indirekt zu gute kommen, zu stärken, ohne um so kräftiger und gerechter das Ganze zu umfassen, so überträgt sie im Grunde nur das Privilegium der Gelderzeugung, das sie im Nahmen des Ganzen ausübt, auf ein einzelnes Organ. Sollte sie nun die Geldzeichen eben so mechanisch vermindern, ohne zugleich eine Radicalcur zu unternehmen; sollte sie also ihr Privilegium der Gelderzeugung nicht bloß aufheben, sondern das bisher erzeugte Geld zurück nehmen, so gibt sie damit nur dem Privatcredit, das heißt, dem verwöhnten verderbten Privatcredit, oder dem Wucher die förmliche Befugniß in die Hände, die Lücken zu ergänzen, selbst Geldmarken zu machen, und somit seinen verderblichen und vernichtenden Einfluß auf das Ganze nun erst recht zu äußern.
Ich glaube hinreichend, vielleicht nur mit zu großer Um- ständlichkeit erwiesen zu haben, wie sehr die Vernachläßigung der ökonomischen Verhältnisse alle staatswirthschaftlichen Gesichtspuncte überhaupt verrückt habe, und wie völlig unwirk- sam alle calculatorischen Handgriffe an und für sich bey einem Geschäft seyn müssen, welches unzählige Dinge umfaßt, die weder der Zahl noch irgend einer Berechnung zu unterwerfen sind. Der wahre Land- und Hauswirth, und der große Kaufmann haben dieß zu allen Zeiten empfunden und aus- geübt, wenn sie sich davon auch nicht gerade wissenschaftliche
Theoret. Theil U
andern hingegen kommen die Wohlthaten dieſer Geldzeichen nur mittelbar zu Gute. Sobald die Regierung alſo die Geld- zeichen mechaniſch vermehrt, ohne in demſelben Maaße jene andern Organe, denen die Vortheile der Geldvermehrung nur indirekt zu gute kommen, zu ſtaͤrken, ohne um ſo kraͤftiger und gerechter das Ganze zu umfaſſen, ſo uͤbertraͤgt ſie im Grunde nur das Privilegium der Gelderzeugung, das ſie im Nahmen des Ganzen ausuͤbt, auf ein einzelnes Organ. Sollte ſie nun die Geldzeichen eben ſo mechaniſch vermindern, ohne zugleich eine Radicalcur zu unternehmen; ſollte ſie alſo ihr Privilegium der Gelderzeugung nicht bloß aufheben, ſondern das bisher erzeugte Geld zuruͤck nehmen, ſo gibt ſie damit nur dem Privatcredit, das heißt, dem verwoͤhnten verderbten Privatcredit, oder dem Wucher die foͤrmliche Befugniß in die Haͤnde, die Luͤcken zu ergaͤnzen, ſelbſt Geldmarken zu machen, und ſomit ſeinen verderblichen und vernichtenden Einfluß auf das Ganze nun erſt recht zu aͤußern.
Ich glaube hinreichend, vielleicht nur mit zu großer Um- ſtaͤndlichkeit erwieſen zu haben, wie ſehr die Vernachlaͤßigung der oͤkonomiſchen Verhaͤltniſſe alle ſtaatswirthſchaftlichen Geſichtspuncte uͤberhaupt verruͤckt habe, und wie voͤllig unwirk- ſam alle calculatoriſchen Handgriffe an und fuͤr ſich bey einem Geſchaͤft ſeyn muͤſſen, welches unzaͤhlige Dinge umfaßt, die weder der Zahl noch irgend einer Berechnung zu unterwerfen ſind. Der wahre Land- und Hauswirth, und der große Kaufmann haben dieß zu allen Zeiten empfunden und aus- geuͤbt, wenn ſie ſich davon auch nicht gerade wiſſenſchaftliche
Theoret. Theil U
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andern hingegen kommen die Wohlthaten dieſer Geldzeichen nur
mittelbar zu Gute. Sobald die Regierung alſo die Geld-
zeichen mechaniſch vermehrt, ohne in demſelben Maaße jene
andern Organe, denen die Vortheile der Geldvermehrung nur
indirekt zu gute kommen, zu ſtaͤrken, ohne um ſo kraͤftiger
und gerechter das Ganze zu umfaſſen, ſo uͤbertraͤgt ſie im
Grunde nur das Privilegium der Gelderzeugung, das ſie im
Nahmen des Ganzen ausuͤbt, auf ein einzelnes Organ. Sollte
ſie nun die Geldzeichen eben ſo mechaniſch vermindern, ohne
zugleich eine Radicalcur zu unternehmen; ſollte ſie alſo ihr
Privilegium der Gelderzeugung nicht bloß aufheben, ſondern
das bisher erzeugte Geld zuruͤck nehmen, ſo gibt ſie damit nur
dem Privatcredit, das heißt, dem verwoͤhnten verderbten
Privatcredit, oder dem Wucher die foͤrmliche Befugniß in die
Haͤnde, die Luͤcken zu ergaͤnzen, ſelbſt Geldmarken zu machen,
und ſomit ſeinen verderblichen und vernichtenden Einfluß auf
das Ganze nun erſt recht zu aͤußern.
Ich glaube hinreichend, vielleicht nur mit zu großer Um-
ſtaͤndlichkeit erwieſen zu haben, wie ſehr die Vernachlaͤßigung
der oͤkonomiſchen Verhaͤltniſſe alle ſtaatswirthſchaftlichen
Geſichtspuncte uͤberhaupt verruͤckt habe, und wie voͤllig unwirk-
ſam alle calculatoriſchen Handgriffe an und fuͤr ſich bey einem
Geſchaͤft ſeyn muͤſſen, welches unzaͤhlige Dinge umfaßt, die
weder der Zahl noch irgend einer Berechnung zu unterwerfen
ſind. Der wahre Land- und Hauswirth, und der große
Kaufmann haben dieß zu allen Zeiten empfunden und aus-
geuͤbt, wenn ſie ſich davon auch nicht gerade wiſſenſchaftliche
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Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816. , S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816/319>, abgerufen am 31.07.2024.
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