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Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816.

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Worten: wenn das Metallgeld zu wirklichem Gelde werden
soll, so muß das Wort sein Siegel, seinen Stempel darauf
drücken: es muß Münze werden *): andererseits soll das
Wort zum wirklichen Gelde werden, so muß es in Beziehung
auf das Metall stehen, es muß durch das Metall bestimmt
werden.

Wollte man nun aber behaupten, eines von beyden müsse
dem andern unterworfen seyn, entweder das Papiergeld ab-
hängig nach Sklavenart vom Metallgelde, oder das Metall-
geld vom Papiergelde, so würde man in beyden Fällen be-
haupten, daß eines von beyden unabhängig für sich existiren
könnte, daß eines von beyden absolut fester und unveränder-
licher Maaßstab des andern wäre, und, daß die Sachen,
welche das eine repräsentirt, völlig unabhängig wären von
den Personen und persönlichen Kräften, welche das andere
repräsentirt und umgekehrt. Eine Zeit also, welche das ab-
solute Privateigenthum und Privatleben für möglich hält,
wird auch eine von den beyden Geldformen, und wahrschein-
lich die sächliche, das Metallgeld für den unbedingt festen

*) Die Angabe des Gewichts und der Feinheit consti-
tuiren das Wesen der Münze noch nicht. Das Wort ist nichts
ohne die Person des Sprechers: jedermann wird fragen, wer
Gewicht und Feinheit auf dem Metalle angegeben. Das Bild
oder Zeichen, oder der Wahlspruch, oder das Wappen des
prägenden Souveräns, oder der prägenden Commune muß
hinzugefügt werden. Ferner die Bestimmungen des Gewichts,
der Feinheit, der Benennung der Münze, sind Einrichtun-
gen der bürgerlichen Gesellschaft, sind Sachen der Convention.
Der Inbegriff aller dieser Dinge ist das Wort, welches zum
Metall hinzu kommen muß, damit es zur Münze werde.
Theoret. Theil L

Worten: wenn das Metallgeld zu wirklichem Gelde werden
ſoll, ſo muß das Wort ſein Siegel, ſeinen Stempel darauf
druͤcken: es muß Muͤnze werden *): andererſeits ſoll das
Wort zum wirklichen Gelde werden, ſo muß es in Beziehung
auf das Metall ſtehen, es muß durch das Metall beſtimmt
werden.

Wollte man nun aber behaupten, eines von beyden muͤſſe
dem andern unterworfen ſeyn, entweder das Papiergeld ab-
haͤngig nach Sklavenart vom Metallgelde, oder das Metall-
geld vom Papiergelde, ſo wuͤrde man in beyden Faͤllen be-
haupten, daß eines von beyden unabhaͤngig fuͤr ſich exiſtiren
koͤnnte, daß eines von beyden abſolut feſter und unveraͤnder-
licher Maaßſtab des andern waͤre, und, daß die Sachen,
welche das eine repraͤſentirt, voͤllig unabhaͤngig waͤren von
den Perſonen und perſoͤnlichen Kraͤften, welche das andere
repraͤſentirt und umgekehrt. Eine Zeit alſo, welche das ab-
ſolute Privateigenthum und Privatleben fuͤr moͤglich haͤlt,
wird auch eine von den beyden Geldformen, und wahrſchein-
lich die ſaͤchliche, das Metallgeld fuͤr den unbedingt feſten

*) Die Angabe des Gewichts und der Feinheit conſti-
tuiren das Weſen der Muͤnze noch nicht. Das Wort iſt nichts
ohne die Perſon des Sprechers: jedermann wird fragen, wer
Gewicht und Feinheit auf dem Metalle angegeben. Das Bild
oder Zeichen, oder der Wahlſpruch, oder das Wappen des
praͤgenden Souveraͤns, oder der praͤgenden Commune muß
hinzugefuͤgt werden. Ferner die Beſtimmungen des Gewichts,
der Feinheit, der Benennung der Muͤnze, ſind Einrichtun-
gen der buͤrgerlichen Geſellſchaft, ſind Sachen der Convention.
Der Inbegriff aller dieſer Dinge iſt das Wort, welches zum
Metall hinzu kommen muß, damit es zur Muͤnze werde.
Theoret. Theil L
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[161/0175] Worten: wenn das Metallgeld zu wirklichem Gelde werden ſoll, ſo muß das Wort ſein Siegel, ſeinen Stempel darauf druͤcken: es muß Muͤnze werden *): andererſeits ſoll das Wort zum wirklichen Gelde werden, ſo muß es in Beziehung auf das Metall ſtehen, es muß durch das Metall beſtimmt werden. Wollte man nun aber behaupten, eines von beyden muͤſſe dem andern unterworfen ſeyn, entweder das Papiergeld ab- haͤngig nach Sklavenart vom Metallgelde, oder das Metall- geld vom Papiergelde, ſo wuͤrde man in beyden Faͤllen be- haupten, daß eines von beyden unabhaͤngig fuͤr ſich exiſtiren koͤnnte, daß eines von beyden abſolut feſter und unveraͤnder- licher Maaßſtab des andern waͤre, und, daß die Sachen, welche das eine repraͤſentirt, voͤllig unabhaͤngig waͤren von den Perſonen und perſoͤnlichen Kraͤften, welche das andere repraͤſentirt und umgekehrt. Eine Zeit alſo, welche das ab- ſolute Privateigenthum und Privatleben fuͤr moͤglich haͤlt, wird auch eine von den beyden Geldformen, und wahrſchein- lich die ſaͤchliche, das Metallgeld fuͤr den unbedingt feſten *) Die Angabe des Gewichts und der Feinheit conſti- tuiren das Weſen der Muͤnze noch nicht. Das Wort iſt nichts ohne die Perſon des Sprechers: jedermann wird fragen, wer Gewicht und Feinheit auf dem Metalle angegeben. Das Bild oder Zeichen, oder der Wahlſpruch, oder das Wappen des praͤgenden Souveraͤns, oder der praͤgenden Commune muß hinzugefuͤgt werden. Ferner die Beſtimmungen des Gewichts, der Feinheit, der Benennung der Muͤnze, ſind Einrichtun- gen der buͤrgerlichen Geſellſchaft, ſind Sachen der Convention. Der Inbegriff aller dieſer Dinge iſt das Wort, welches zum Metall hinzu kommen muß, damit es zur Muͤnze werde. Theoret. Theil L

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816. , S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816/175>, abgerufen am 27.11.2024.