Müller, Wilhelm: Debora. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–148. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Mensch von schwärmerischer Natur war, ein Liebhaber und ein Missionär in Einer Person. Der Doctor hatte sich nicht bezähmen können, während dieser Erzählung einige verstohlene Blicke auf das Lied zu werfen, und der Professor, dessen neugierige Ungeduld bemerkend, bat ihn, sich keinen Zwang anzuthun. Wir theilen die Verse, welche Arthur jetzt mit halblauter Stimme las, in einer Uebersetzung mit, die er selbst am folgenden Tage davon verfertigte. Maria möcht' ich dich begrüßen. Mein Herz hat stets dich so genannt. Seh' ich ein klares Bächlein fließen, Setz' ich mich still an seinen Rand. Maria, rieseln seine Wogen, Maria, soll dein Name sein. Ein weißes Täubchen kömmt geflogen, Schwebt über mir im Sonnenschein. Geliebte, hast du nichts vernommen, Wie Orgelton und Wasserfall? Der heilige Jordan kömmt geschwommen Durch Berg und Meer mit Jubelschall. Der Geist des Herrn schwingt sein Gefieder Und ruft: Wo ist die Tochter mein? Tauch in die Liebesfluten nieder: Maria soll dein Name sein! Nun, was meinen Sie dazu, Herr Doctor? frug Mensch von schwärmerischer Natur war, ein Liebhaber und ein Missionär in Einer Person. Der Doctor hatte sich nicht bezähmen können, während dieser Erzählung einige verstohlene Blicke auf das Lied zu werfen, und der Professor, dessen neugierige Ungeduld bemerkend, bat ihn, sich keinen Zwang anzuthun. Wir theilen die Verse, welche Arthur jetzt mit halblauter Stimme las, in einer Uebersetzung mit, die er selbst am folgenden Tage davon verfertigte. Maria möcht' ich dich begrüßen. Mein Herz hat stets dich so genannt. Seh' ich ein klares Bächlein fließen, Setz' ich mich still an seinen Rand. Maria, rieseln seine Wogen, Maria, soll dein Name sein. Ein weißes Täubchen kömmt geflogen, Schwebt über mir im Sonnenschein. Geliebte, hast du nichts vernommen, Wie Orgelton und Wasserfall? Der heilige Jordan kömmt geschwommen Durch Berg und Meer mit Jubelschall. Der Geist des Herrn schwingt sein Gefieder Und ruft: Wo ist die Tochter mein? Tauch in die Liebesfluten nieder: Maria soll dein Name sein! Nun, was meinen Sie dazu, Herr Doctor? frug <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="8"> <p><pb facs="#f0067"/> Mensch von schwärmerischer Natur war, ein Liebhaber und ein Missionär in Einer Person.</p><lb/> <p>Der Doctor hatte sich nicht bezähmen können, während dieser Erzählung einige verstohlene Blicke auf das Lied zu werfen, und der Professor, dessen neugierige Ungeduld bemerkend, bat ihn, sich keinen Zwang anzuthun.</p><lb/> <p>Wir theilen die Verse, welche Arthur jetzt mit halblauter Stimme las, in einer Uebersetzung mit, die er selbst am folgenden Tage davon verfertigte.</p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Maria möcht' ich dich begrüßen. </l><lb/> <l>Mein Herz hat stets dich so genannt.</l><lb/> <l>Seh' ich ein klares Bächlein fließen,</l><lb/> <l>Setz' ich mich still an seinen Rand.</l><lb/> <l>Maria, rieseln seine Wogen,</l><lb/> <l>Maria, soll dein Name sein.</l><lb/> <l>Ein weißes Täubchen kömmt geflogen,</l><lb/> <l>Schwebt über mir im Sonnenschein.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Geliebte, hast du nichts vernommen,</l><lb/> <l>Wie Orgelton und Wasserfall?</l><lb/> <l>Der heilige Jordan kömmt geschwommen</l><lb/> <l>Durch Berg und Meer mit Jubelschall.</l><lb/> <l>Der Geist des Herrn schwingt sein Gefieder</l><lb/> <l>Und ruft: Wo ist die Tochter mein?</l><lb/> <l>Tauch in die Liebesfluten nieder:</l><lb/> <l>Maria soll dein Name sein!</l><lb/> </lg> </lg> <p>Nun, was meinen Sie dazu, Herr Doctor? frug<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0067]
Mensch von schwärmerischer Natur war, ein Liebhaber und ein Missionär in Einer Person.
Der Doctor hatte sich nicht bezähmen können, während dieser Erzählung einige verstohlene Blicke auf das Lied zu werfen, und der Professor, dessen neugierige Ungeduld bemerkend, bat ihn, sich keinen Zwang anzuthun.
Wir theilen die Verse, welche Arthur jetzt mit halblauter Stimme las, in einer Uebersetzung mit, die er selbst am folgenden Tage davon verfertigte.
Maria möcht' ich dich begrüßen.
Mein Herz hat stets dich so genannt.
Seh' ich ein klares Bächlein fließen,
Setz' ich mich still an seinen Rand.
Maria, rieseln seine Wogen,
Maria, soll dein Name sein.
Ein weißes Täubchen kömmt geflogen,
Schwebt über mir im Sonnenschein.
Geliebte, hast du nichts vernommen,
Wie Orgelton und Wasserfall?
Der heilige Jordan kömmt geschwommen
Durch Berg und Meer mit Jubelschall.
Der Geist des Herrn schwingt sein Gefieder
Und ruft: Wo ist die Tochter mein?
Tauch in die Liebesfluten nieder:
Maria soll dein Name sein!
Nun, was meinen Sie dazu, Herr Doctor? frug
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Zitationshilfe: | Müller, Wilhelm: Debora. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–148. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_debora_1910/67>, abgerufen am 16.02.2025. |