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Müller, Wilhelm: Debora. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–148. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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war ein einzelner Bogen voll italienischer Verse, schmutzig gedruckt und zum fliegenden Buchhandel der Straßenecken gehörig, mit folgendem Titel: Traurige aber erbauliche Historie von dem Leben und Tode des seligen Jünglings Don Alonzo de Floridias aus Valencia in Spanien, Schülers des hochwürdigen Collegiums der Sapienza zu Rom, welcher in der Nacht des ersten Advents von den grausamen Händen der Ungläubigen des Ghetto schmählich erwürgt und ersäuft worden ist.

Seltsam! dachte Arthur bei sich selbst. Das ist ja wohl dieselbe Geschichte, die der barmherzige Bruder in Bologna erzählte und von der mein alter Marquis so lebhaft ergriffen schien? Er las weiter. Die ersten Strophen enthielten eine Anrufung der heiligen Jungfrau mit der Bitte, den Sänger zu einem Liede anzufeuern, welches ihrer Ehre geweiht sein solle. Denn es habe einen Helden zu seinem Gegenstande, welcher sein Leben als Märtyrer für sie den Ungläubigen dahingegeben. Dann folgten einige Strophen mit Schmähungen und Flüchen gegen die Juden und Aufforderungen an die Christen, jene zu bekehren oder auszurotten.

Bis zu dieser Stelle war Arthur gekommen, als er eilige Tritte auf der Treppe vernahm und sich dadurch bewogen fühlte, das Heft aus der Hand zu legen und sich von seinem Sitze zu erheben.

Sein Sie mir willkommen, Herr Doctor! redete

war ein einzelner Bogen voll italienischer Verse, schmutzig gedruckt und zum fliegenden Buchhandel der Straßenecken gehörig, mit folgendem Titel: Traurige aber erbauliche Historie von dem Leben und Tode des seligen Jünglings Don Alonzo de Floridias aus Valencia in Spanien, Schülers des hochwürdigen Collegiums der Sapienza zu Rom, welcher in der Nacht des ersten Advents von den grausamen Händen der Ungläubigen des Ghetto schmählich erwürgt und ersäuft worden ist.

Seltsam! dachte Arthur bei sich selbst. Das ist ja wohl dieselbe Geschichte, die der barmherzige Bruder in Bologna erzählte und von der mein alter Marquis so lebhaft ergriffen schien? Er las weiter. Die ersten Strophen enthielten eine Anrufung der heiligen Jungfrau mit der Bitte, den Sänger zu einem Liede anzufeuern, welches ihrer Ehre geweiht sein solle. Denn es habe einen Helden zu seinem Gegenstande, welcher sein Leben als Märtyrer für sie den Ungläubigen dahingegeben. Dann folgten einige Strophen mit Schmähungen und Flüchen gegen die Juden und Aufforderungen an die Christen, jene zu bekehren oder auszurotten.

Bis zu dieser Stelle war Arthur gekommen, als er eilige Tritte auf der Treppe vernahm und sich dadurch bewogen fühlte, das Heft aus der Hand zu legen und sich von seinem Sitze zu erheben.

Sein Sie mir willkommen, Herr Doctor! redete

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[0061] war ein einzelner Bogen voll italienischer Verse, schmutzig gedruckt und zum fliegenden Buchhandel der Straßenecken gehörig, mit folgendem Titel: Traurige aber erbauliche Historie von dem Leben und Tode des seligen Jünglings Don Alonzo de Floridias aus Valencia in Spanien, Schülers des hochwürdigen Collegiums der Sapienza zu Rom, welcher in der Nacht des ersten Advents von den grausamen Händen der Ungläubigen des Ghetto schmählich erwürgt und ersäuft worden ist. Seltsam! dachte Arthur bei sich selbst. Das ist ja wohl dieselbe Geschichte, die der barmherzige Bruder in Bologna erzählte und von der mein alter Marquis so lebhaft ergriffen schien? Er las weiter. Die ersten Strophen enthielten eine Anrufung der heiligen Jungfrau mit der Bitte, den Sänger zu einem Liede anzufeuern, welches ihrer Ehre geweiht sein solle. Denn es habe einen Helden zu seinem Gegenstande, welcher sein Leben als Märtyrer für sie den Ungläubigen dahingegeben. Dann folgten einige Strophen mit Schmähungen und Flüchen gegen die Juden und Aufforderungen an die Christen, jene zu bekehren oder auszurotten. Bis zu dieser Stelle war Arthur gekommen, als er eilige Tritte auf der Treppe vernahm und sich dadurch bewogen fühlte, das Heft aus der Hand zu legen und sich von seinem Sitze zu erheben. Sein Sie mir willkommen, Herr Doctor! redete

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T15:21:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T15:21:38Z)

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Zitationshilfe: Müller, Wilhelm: Debora. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–148. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_debora_1910/61>, abgerufen am 07.05.2024.