Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Wilhelm: Debora. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–148. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

höllische Glut seines Busens ohne Zweifel in sich selbst verkocht sein würde, ohne nach außen in Flammen aufzuschlagen, wenn nicht durch eine seltene Schickung der Sohn jener Donna Clara de Floridias, welche die schöne Debora in die Hände der Inquisition geliefert hatte, von Valencia nach Rom geführt worden wäre. Dieser Sohn war nämlich, wie der Marquis in seiner letzten Stunde richtig geahnet hatte, der Schüler der Sapienza, Don Alonzo de Floridias.

Das Dunkel, welches über dem Verhältnisse dieses jungen Mannes zu der schönen Debora schwebt, wird durch die Bekenntnisse des Juden nicht ganz aufgehellt; aber so viel geht aus denselben hervor, daß der Mörder, welcher durch zufällige Umstände von der Herkunft des Schülers unterrichtet worden war, diesen listiger Weise in sein Haus gelockt hatte. Er benutzte dabei sogar das Gesicht seiner Tochter, welches er sonst, als ob es dadurch verunreinigt würde, vor den Blicken christlicher Augen sorgfältig zu verstecken pflegte, als Köder des ausgestellten Netzes, und einige alte spanische Papiere, die er aus dem Schiffbruche seines Vermögens gerettet hatte, gaben ihm den ersten Vorwand, unter dem er sich mit seinem Schlachtopfer in Berührung setzte. Wie sich aber in der Folge das heimliche Verständniß zwischen Don Alonzo und Debora entwickelt haben mag, und ob der Schüler, nachdem er der Apostel der geliebten Jungfrau geworden war, das Herz derselben von der

höllische Glut seines Busens ohne Zweifel in sich selbst verkocht sein würde, ohne nach außen in Flammen aufzuschlagen, wenn nicht durch eine seltene Schickung der Sohn jener Donna Clara de Floridias, welche die schöne Debora in die Hände der Inquisition geliefert hatte, von Valencia nach Rom geführt worden wäre. Dieser Sohn war nämlich, wie der Marquis in seiner letzten Stunde richtig geahnet hatte, der Schüler der Sapienza, Don Alonzo de Floridias.

Das Dunkel, welches über dem Verhältnisse dieses jungen Mannes zu der schönen Debora schwebt, wird durch die Bekenntnisse des Juden nicht ganz aufgehellt; aber so viel geht aus denselben hervor, daß der Mörder, welcher durch zufällige Umstände von der Herkunft des Schülers unterrichtet worden war, diesen listiger Weise in sein Haus gelockt hatte. Er benutzte dabei sogar das Gesicht seiner Tochter, welches er sonst, als ob es dadurch verunreinigt würde, vor den Blicken christlicher Augen sorgfältig zu verstecken pflegte, als Köder des ausgestellten Netzes, und einige alte spanische Papiere, die er aus dem Schiffbruche seines Vermögens gerettet hatte, gaben ihm den ersten Vorwand, unter dem er sich mit seinem Schlachtopfer in Berührung setzte. Wie sich aber in der Folge das heimliche Verständniß zwischen Don Alonzo und Debora entwickelt haben mag, und ob der Schüler, nachdem er der Apostel der geliebten Jungfrau geworden war, das Herz derselben von der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="18">
        <p><pb facs="#f0147"/>
höllische Glut seines Busens ohne Zweifel in sich selbst verkocht sein würde, ohne                nach außen in Flammen aufzuschlagen, wenn nicht durch eine seltene Schickung der Sohn                jener Donna Clara de Floridias, welche die schöne Debora in die Hände der Inquisition                geliefert hatte, von Valencia nach Rom geführt worden wäre. Dieser Sohn war nämlich,                wie der Marquis in seiner letzten Stunde richtig geahnet hatte, der Schüler der                Sapienza, Don Alonzo de Floridias.</p><lb/>
        <p>Das Dunkel, welches über dem Verhältnisse dieses jungen Mannes zu der schönen Debora                schwebt, wird durch die Bekenntnisse des Juden nicht ganz aufgehellt; aber so viel                geht aus denselben hervor, daß der Mörder, welcher durch zufällige Umstände von der                Herkunft des Schülers unterrichtet worden war, diesen listiger Weise in sein Haus                gelockt hatte. Er benutzte dabei sogar das Gesicht seiner Tochter, welches er sonst,                als ob es dadurch verunreinigt würde, vor den Blicken christlicher Augen sorgfältig                zu verstecken pflegte, als Köder des ausgestellten Netzes, und einige alte spanische                Papiere, die er aus dem Schiffbruche seines Vermögens gerettet hatte, gaben ihm den                ersten Vorwand, unter dem er sich mit seinem Schlachtopfer in Berührung setzte. Wie                sich aber in der Folge das heimliche Verständniß zwischen Don Alonzo und Debora                entwickelt haben mag, und ob der Schüler, nachdem er der Apostel der geliebten                Jungfrau geworden war, das Herz derselben von der<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0147] höllische Glut seines Busens ohne Zweifel in sich selbst verkocht sein würde, ohne nach außen in Flammen aufzuschlagen, wenn nicht durch eine seltene Schickung der Sohn jener Donna Clara de Floridias, welche die schöne Debora in die Hände der Inquisition geliefert hatte, von Valencia nach Rom geführt worden wäre. Dieser Sohn war nämlich, wie der Marquis in seiner letzten Stunde richtig geahnet hatte, der Schüler der Sapienza, Don Alonzo de Floridias. Das Dunkel, welches über dem Verhältnisse dieses jungen Mannes zu der schönen Debora schwebt, wird durch die Bekenntnisse des Juden nicht ganz aufgehellt; aber so viel geht aus denselben hervor, daß der Mörder, welcher durch zufällige Umstände von der Herkunft des Schülers unterrichtet worden war, diesen listiger Weise in sein Haus gelockt hatte. Er benutzte dabei sogar das Gesicht seiner Tochter, welches er sonst, als ob es dadurch verunreinigt würde, vor den Blicken christlicher Augen sorgfältig zu verstecken pflegte, als Köder des ausgestellten Netzes, und einige alte spanische Papiere, die er aus dem Schiffbruche seines Vermögens gerettet hatte, gaben ihm den ersten Vorwand, unter dem er sich mit seinem Schlachtopfer in Berührung setzte. Wie sich aber in der Folge das heimliche Verständniß zwischen Don Alonzo und Debora entwickelt haben mag, und ob der Schüler, nachdem er der Apostel der geliebten Jungfrau geworden war, das Herz derselben von der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T15:21:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T15:21:38Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_debora_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_debora_1910/147
Zitationshilfe: Müller, Wilhelm: Debora. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–148. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_debora_1910/147>, abgerufen am 27.11.2024.