Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.Leichen-Gedicht Wer wolte nicht die Augen schliessen/Umb dort den Himmel anzuschaun? Deß Leibes Kercker seyn entrissen Und jene Friedens-Städte baun? 8. Das End-Ziel aller Angst und SchmertzenBleibt doch ein sanfft und seelig Tod. Der Hingang zu dem Vater-Hertzen Die Reise zu dem wahren GOtt. Das Freuden-Thor zu jenem Leben/ Und der Geburts-Tag wahrer Lust. Die Sammlung wo die Heilgen schweben Ein Labsal auf die Myrrhen-Kost. 9. Nun diesen Zweck hat auch ergriffenHerr Greif/ als auf sein Lebens-Ziel Der Tod das Würge-Beil geschliffen/ Und ihn die Mattigkeit befiel; Daß er den Pfingst-Tag dort zu feyren Den heilgen Abend hier beschloß/ Und seine Seele wolte steuren Jn deß Erlösers Gnaden-Schoß. 10. Sein Ruhm und ehrliches Verhalten/Wird noch in vieler Hertzen blühn. Muß schon hier Fleisch und Blut erkalten Und Wust und Schimmel es beziehn/ So bleibt sein Name doch im Segen. Der Fromme kan nicht untergehn/ Es will auff allen Weg und Stegen GOtt seinen Saamen noch erhöhn. 11. Betrübtste Frau/ wie herb und bitter/Der Name Wittib bey ihr klingt; Da jetzt deß Todes Ungewitter So wol ihr Haus als Hertz umbringt. So glaube sie daß nach dem Weinen Und außgestandnem Seelen-Weh/ Jhr wlrd die Sonne wieder scheinen/ Und daß ihr neuer Trost aufgeh. 12. Jhr
Leichen-Gedicht Wer wolte nicht die Augen ſchlieſſen/Umb dort den Himmel anzuſchaun? Deß Leibes Kercker ſeyn entriſſen Und jene Friedens-Staͤdte baun? 8. Das End-Ziel aller Angſt und SchmertzenBleibt doch ein ſanfft und ſeelig Tod. Der Hingang zu dem Vater-Hertzen Die Reiſe zu dem wahren GOtt. Das Freuden-Thor zu jenem Leben/ Und der Geburts-Tag wahrer Luſt. Die Sammlung wo die Heilgen ſchweben Ein Labſal auf die Myrrhen-Koſt. 9. Nun dieſen Zweck hat auch ergriffenHerr Greif/ als auf ſein Lebens-Ziel Der Tod das Wuͤrge-Beil geſchliffen/ Und ihn die Mattigkeit befiel; Daß er den Pfingſt-Tag dort zu feyren Den heilgen Abend hier beſchloß/ Und ſeine Seele wolte ſteuren Jn deß Erloͤſers Gnaden-Schoß. 10. Sein Ruhm und ehrliches Verhalten/Wird noch in vieler Hertzen bluͤhn. Muß ſchon hier Fleiſch und Blut erkalten Und Wuſt und Schimmel es beziehn/ So bleibt ſein Name doch im Segen. Der Fromme kan nicht untergehn/ Es will auff allen Weg und Stegen GOtt ſeinen Saamen noch erhoͤhn. 11. Betruͤbtſte Frau/ wie herb und bitter/Der Name Wittib bey ihr klingt; Da jetzt deß Todes Ungewitter So wol ihr Haus als Hertz umbringt. So glaube ſie daß nach dem Weinen Und außgeſtandnem Seelen-Weh/ Jhr wlrd die Sonne wieder ſcheinen/ Und daß ihr neuer Troſt aufgeh. 12. Jhr
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Leichen-Gedicht
Wer wolte nicht die Augen ſchlieſſen/
Umb dort den Himmel anzuſchaun?
Deß Leibes Kercker ſeyn entriſſen
Und jene Friedens-Staͤdte baun?
8.
Das End-Ziel aller Angſt und Schmertzen
Bleibt doch ein ſanfft und ſeelig Tod.
Der Hingang zu dem Vater-Hertzen
Die Reiſe zu dem wahren GOtt.
Das Freuden-Thor zu jenem Leben/
Und der Geburts-Tag wahrer Luſt.
Die Sammlung wo die Heilgen ſchweben
Ein Labſal auf die Myrrhen-Koſt.
9.
Nun dieſen Zweck hat auch ergriffen
Herr Greif/ als auf ſein Lebens-Ziel
Der Tod das Wuͤrge-Beil geſchliffen/
Und ihn die Mattigkeit befiel;
Daß er den Pfingſt-Tag dort zu feyren
Den heilgen Abend hier beſchloß/
Und ſeine Seele wolte ſteuren
Jn deß Erloͤſers Gnaden-Schoß.
10.
Sein Ruhm und ehrliches Verhalten/
Wird noch in vieler Hertzen bluͤhn.
Muß ſchon hier Fleiſch und Blut erkalten
Und Wuſt und Schimmel es beziehn/
So bleibt ſein Name doch im Segen.
Der Fromme kan nicht untergehn/
Es will auff allen Weg und Stegen
GOtt ſeinen Saamen noch erhoͤhn.
11.
Betruͤbtſte Frau/ wie herb und bitter/
Der Name Wittib bey ihr klingt;
Da jetzt deß Todes Ungewitter
So wol ihr Haus als Hertz umbringt.
So glaube ſie daß nach dem Weinen
Und außgeſtandnem Seelen-Weh/
Jhr wlrd die Sonne wieder ſcheinen/
Und daß ihr neuer Troſt aufgeh.
12. Jhr
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