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Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

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Leichen-Gedichte.
Es hat bey Dodons Wald das Alter sich befragt/
Bey dir das gantze Land in ungewissen Fällen.
Du kontest jedem Rath wo nicht das Recht zu stellen.
Umb gütige Verhör hat keiner sich beklagt.
Dein Haus stand jedem frey gleich Themis Tempel offen/
Und sie entdeckten dir ihr Wünschen und ihr Hoffen.
Rühmt gleich das Griechenland Pericles güldnen Mund.
Und hat der Lysias gedonnert und geblitzet/
Jsäus durch sein Feur' der Bürger Hertz erhitzet/
So war dir auch die Kunst recht durch zu dringen kund.
Es schien dir Honigseim in Lipp und Mund geleget/
Wenn du der Stimmen Schluß und Beyfall hast erreget.
Der Erden ander Gott/ der grosse Leopold
Hört offt des Landes Noth gehorsamst dich verbitten.
Du wustest Schlesiens sein Flehen aus zu schütten.
Es blieb die Majestät den treuen Diensten hold/
Und weil sie schon vorlängst viel Gnaden dir verliehen/
So must auch deine Brust von ihrem Bildnüß blühen.
Es fast mein enges Blat nicht deiner Würden Raum/
Mund/ durch den Schlesien so oft und viel gesprochen/
Der noch ihr Alterthum und Freyheit hat durchkrochen/
Der reich an Wissenschafft/ und was man sonsten kaum
Zertheilet finden kan/ zusammen hat getragen;
Wie soll das Vaterland nicht dein Erblassen klagen?
Zwar du hast satt gelebt an Ehren und an Ruhm/
Die letzte Linie des Lebens wohl gezogen:
Es bleibt dir Land und Stadt auch nach dem Tod gewogen
Und die Unsterbligkeit/ ist itzt dein Eigenthum.
Weg mit Napel und Bux und Myrrhen und Cypressen/
Wer so gestorben ist wird nimmermehr vergessen.
Ruh'wohl in deiner Grufft/ ruh' Herr von Rosenberg.
Der Menschen Redner-Kunst ist Dunst und unvollkommen.
Hingegen nun dich hat der Himmel auffgenommen/
So siehst' und kennest du des Höchsten Wunderwerck
Und alle Wissenschafft; itzt kanst du diß aussprechen
Worzu uns Sterblichen will Geist und Krafft gebrechen.
Ehren-
Leichen-Gedichte.
Es hat bey Dodons Wald das Alter ſich befragt/
Bey dir das gantze Land in ungewiſſen Faͤllen.
Du konteſt jedem Rath wo nicht das Recht zu ſtellen.
Umb guͤtige Verhoͤr hat keiner ſich beklagt.
Dein Haus ſtand jedem frey gleich Themis Tempel offen/
Und ſie entdeckten dir ihr Wuͤnſchen und ihr Hoffen.
Ruͤhmt gleich das Griechenland Pericles guͤldnen Mund.
Und hat der Lyſias gedonnert und geblitzet/
Jſaͤus durch ſein Feur’ der Buͤrger Hertz erhitzet/
So war dir auch die Kunſt recht durch zu dringen kund.
Es ſchien dir Honigſeim in Lipp und Mund geleget/
Wenn du der Stimmen Schluß und Beyfall haſt erreget.
Der Erden ander Gott/ der groſſe Leopold
Hoͤrt offt des Landes Noth gehorſamſt dich verbitten.
Du wuſteſt Schleſiens ſein Flehen aus zu ſchuͤtten.
Es blieb die Majeſtaͤt den treuen Dienſten hold/
Und weil ſie ſchon vorlaͤngſt viel Gnaden dir verliehen/
So muſt auch deine Bruſt von ihrem Bildnuͤß bluͤhen.
Es faſt mein enges Blat nicht deiner Wuͤrden Raum/
Mund/ durch den Schleſien ſo oft und viel geſprochen/
Der noch ihr Alterthum und Freyheit hat durchkrochen/
Der reich an Wiſſenſchafft/ und was man ſonſten kaum
Zertheilet finden kan/ zuſammen hat getragen;
Wie ſoll das Vaterland nicht dein Erblaſſen klagen?
Zwar du haſt ſatt gelebt an Ehren und an Ruhm/
Die letzte Linie des Lebens wohl gezogen:
Es bleibt dir Land und Stadt auch nach dem Tod gewogen
Und die Unſterbligkeit/ iſt itzt dein Eigenthum.
Weg mit Napel und Bux und Myrrhen und Cypreſſen/
Wer ſo geſtorben iſt wird nimmermehr vergeſſen.
Ruh’wohl in deiner Grufft/ ruh’ Herr von Roſenberg.
Der Menſchen Redner-Kunſt iſt Dunſt und unvollkommen.
Hingegen nun dich hat der Himmel auffgenommen/
So ſiehſt’ und kenneſt du des Hoͤchſten Wunderwerck
Und alle Wiſſenſchafft; itzt kanſt du diß ausſprechen
Worzu uns Sterblichen will Geiſt und Krafft gebrechen.
Ehren-
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[316/0548] Leichen-Gedichte. Es hat bey Dodons Wald das Alter ſich befragt/ Bey dir das gantze Land in ungewiſſen Faͤllen. Du konteſt jedem Rath wo nicht das Recht zu ſtellen. Umb guͤtige Verhoͤr hat keiner ſich beklagt. Dein Haus ſtand jedem frey gleich Themis Tempel offen/ Und ſie entdeckten dir ihr Wuͤnſchen und ihr Hoffen. Ruͤhmt gleich das Griechenland Pericles guͤldnen Mund. Und hat der Lyſias gedonnert und geblitzet/ Jſaͤus durch ſein Feur’ der Buͤrger Hertz erhitzet/ So war dir auch die Kunſt recht durch zu dringen kund. Es ſchien dir Honigſeim in Lipp und Mund geleget/ Wenn du der Stimmen Schluß und Beyfall haſt erreget. Der Erden ander Gott/ der groſſe Leopold Hoͤrt offt des Landes Noth gehorſamſt dich verbitten. Du wuſteſt Schleſiens ſein Flehen aus zu ſchuͤtten. Es blieb die Majeſtaͤt den treuen Dienſten hold/ Und weil ſie ſchon vorlaͤngſt viel Gnaden dir verliehen/ So muſt auch deine Bruſt von ihrem Bildnuͤß bluͤhen. Es faſt mein enges Blat nicht deiner Wuͤrden Raum/ Mund/ durch den Schleſien ſo oft und viel geſprochen/ Der noch ihr Alterthum und Freyheit hat durchkrochen/ Der reich an Wiſſenſchafft/ und was man ſonſten kaum Zertheilet finden kan/ zuſammen hat getragen; Wie ſoll das Vaterland nicht dein Erblaſſen klagen? Zwar du haſt ſatt gelebt an Ehren und an Ruhm/ Die letzte Linie des Lebens wohl gezogen: Es bleibt dir Land und Stadt auch nach dem Tod gewogen Und die Unſterbligkeit/ iſt itzt dein Eigenthum. Weg mit Napel und Bux und Myrrhen und Cypreſſen/ Wer ſo geſtorben iſt wird nimmermehr vergeſſen. Ruh’wohl in deiner Grufft/ ruh’ Herr von Roſenberg. Der Menſchen Redner-Kunſt iſt Dunſt und unvollkommen. Hingegen nun dich hat der Himmel auffgenommen/ So ſiehſt’ und kenneſt du des Hoͤchſten Wunderwerck Und alle Wiſſenſchafft; itzt kanſt du diß ausſprechen Worzu uns Sterblichen will Geiſt und Krafft gebrechen. Ehren-

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Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/548>, abgerufen am 22.11.2024.