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Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

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Leichen-Gedichte.
Und sagt sie wieder nicht? Komm/ eile/ mein Verlangen/
Jch träncke dich mit Most von meiner Aepffel Safft.
War dem Granaten Baum dein Schatz nicht zuvergleichen/
Die unter Creutz und Schmertz doch ihres Gottes Braut?
Und führt die Kirche wol ein ander Glaubens-Zeichen/
Als wenn sie sich gefärbt im Blut der Märtrer schaut?
Als sie genug geritzt von bangem Seiten-stechen/
Wie rieff sie: Labet mich mit seiner Aepffel Gut;
Jch bin vor Liebe kranck/ mein Hertze will zerbrechen/
Erquickt mich doch mit nichts als deß Erlösers Blut.
Auß diesem Lebens-Safft/ auß diesen Heil-Granaten
Will ich der Ewigkeit beseelten Nectar ziehn:
Gebt/ was verwesen kan deß Grabes schwartzen Schatten.
Es mag mein welcker Leib den Blumen gleich verblühn.
Asträens Ruhm und Licht/ in solcher Glut entzündet
Ließ der Geliebtste Schatz den Jrrsal dieser Zeit/
Jhr Leben/ das auf Gott und Tugend war gegründet
Versichert/ daß es noch dein mattes Hertz erfreut.
Wie der Granaten-Baum zwar niedrig in den Zweigen
Und dünn an Aesten ist/ doch reich an edler Frucht/
So war der Liebsten Zweck durch Demuth sich zu zeigen/
Den Stern der Tugenden und denn durch keusche Zucht.
Hat ein Granaten-Knopff des Priesters Rock geziehret/
So schmückte sie gewiß dein Hauß mit neuem Glantz.
Und hat sie Salomon umb seinen Stul geführet/
So gaben sie bey dir des Ehbets schönsten Krantz.
Sie nannte dich ja stets die Krone von Granaten/
Jhr Baum der muste blühn durch deinen Sonnenschein.
Und siehst du traurig an die auffgesproßne Schnaten/
So pflantzen sie dir stets der Mutter Namen ein.
Wie schlecht der Apffel auch von aussen pflegt zu gläntzen/
Da geht ihm Pomerantz/ Quitt und Citrone für;
So weicht/ so bald ein Schnitt sein Mittel wird zergäntzen/
Der Körner-reichen Reyh auch der Rubinen Zier.
Nicht anders mühte sich dein ander Hertz zu leben/
Als daß ihr innres Hertz an Tugend-Früchten schön.
Sie liebte nicht den Schein der Welt von sich zu geben
Und wolte mehr vergnügt auf GOttes Wegen gehn.
Deß Apffels Körner sind noch ihres Blutes Früchte/
Und Zeugen eurer Lieb/ und Siegel eurer Treu-
Die
Leichen-Gedichte.
Und ſagt ſie wieder nicht? Komm/ eile/ mein Verlangen/
Jch traͤncke dich mit Moſt von meiner Aepffel Safft.
War dem Granaten Baum dein Schatz nicht zuvergleichen/
Die unter Creutz und Schmertz doch ihres Gottes Braut?
Und fuͤhrt die Kirche wol ein ander Glaubens-Zeichen/
Als wenn ſie ſich gefaͤrbt im Blut der Maͤrtrer ſchaut?
Als ſie genug geritzt von bangem Seiten-ſtechen/
Wie rieff ſie: Labet mich mit ſeiner Aepffel Gut;
Jch bin vor Liebe kranck/ mein Hertze will zerbrechen/
Erquickt mich doch mit nichts als deß Erloͤſers Blut.
Auß dieſem Lebens-Safft/ auß dieſen Heil-Granaten
Will ich der Ewigkeit beſeelten Nectar ziehn:
Gebt/ was verweſen kan deß Grabes ſchwartzen Schatten.
Es mag mein welcker Leib den Blumen gleich verbluͤhn.
Aſtraͤens Ruhm und Licht/ in ſolcher Glut entzuͤndet
Ließ der Geliebtſte Schatz den Jrrſal dieſer Zeit/
Jhr Leben/ das auf Gott und Tugend war gegruͤndet
Verſichert/ daß es noch dein mattes Hertz erfreut.
Wie der Granaten-Baum zwar niedrig in den Zweigen
Und duͤnn an Aeſten iſt/ doch reich an edler Frucht/
So war der Liebſten Zweck durch Demuth ſich zu zeigen/
Den Stern der Tugenden und denn durch keuſche Zucht.
Hat ein Granaten-Knopff des Prieſters Rock geziehret/
So ſchmuͤckte ſie gewiß dein Hauß mit neuem Glantz.
Und hat ſie Salomon umb ſeinen Stul gefuͤhret/
So gaben ſie bey dir des Ehbets ſchoͤnſten Krantz.
Sie nannte dich ja ſtets die Krone von Granaten/
Jhr Baum der muſte bluͤhn durch deinen Sonnenſchein.
Und ſiehſt du traurig an die auffgeſproßne Schnaten/
So pflantzen ſie dir ſtets der Mutter Namen ein.
Wie ſchlecht der Apffel auch von auſſen pflegt zu glaͤntzen/
Da geht ihm Pomerantz/ Quitt und Citrone fuͤr;
So weicht/ ſo bald ein Schnitt ſein Mittel wird zergaͤntzen/
Der Koͤrner-reichen Reyh auch der Rubinen Zier.
Nicht anders muͤhte ſich dein ander Hertz zu leben/
Als daß ihr innres Hertz an Tugend-Fruͤchten ſchoͤn.
Sie liebte nicht den Schein der Welt von ſich zu geben
Und wolte mehr vergnuͤgt auf GOttes Wegen gehn.
Deß Apffels Koͤrner ſind noch ihres Blutes Fruͤchte/
Und Zeugen eurer Lieb/ und Siegel eurer Treu-
Die
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[271/0503] Leichen-Gedichte. Und ſagt ſie wieder nicht? Komm/ eile/ mein Verlangen/ Jch traͤncke dich mit Moſt von meiner Aepffel Safft. War dem Granaten Baum dein Schatz nicht zuvergleichen/ Die unter Creutz und Schmertz doch ihres Gottes Braut? Und fuͤhrt die Kirche wol ein ander Glaubens-Zeichen/ Als wenn ſie ſich gefaͤrbt im Blut der Maͤrtrer ſchaut? Als ſie genug geritzt von bangem Seiten-ſtechen/ Wie rieff ſie: Labet mich mit ſeiner Aepffel Gut; Jch bin vor Liebe kranck/ mein Hertze will zerbrechen/ Erquickt mich doch mit nichts als deß Erloͤſers Blut. Auß dieſem Lebens-Safft/ auß dieſen Heil-Granaten Will ich der Ewigkeit beſeelten Nectar ziehn: Gebt/ was verweſen kan deß Grabes ſchwartzen Schatten. Es mag mein welcker Leib den Blumen gleich verbluͤhn. Aſtraͤens Ruhm und Licht/ in ſolcher Glut entzuͤndet Ließ der Geliebtſte Schatz den Jrrſal dieſer Zeit/ Jhr Leben/ das auf Gott und Tugend war gegruͤndet Verſichert/ daß es noch dein mattes Hertz erfreut. Wie der Granaten-Baum zwar niedrig in den Zweigen Und duͤnn an Aeſten iſt/ doch reich an edler Frucht/ So war der Liebſten Zweck durch Demuth ſich zu zeigen/ Den Stern der Tugenden und denn durch keuſche Zucht. Hat ein Granaten-Knopff des Prieſters Rock geziehret/ So ſchmuͤckte ſie gewiß dein Hauß mit neuem Glantz. Und hat ſie Salomon umb ſeinen Stul gefuͤhret/ So gaben ſie bey dir des Ehbets ſchoͤnſten Krantz. Sie nannte dich ja ſtets die Krone von Granaten/ Jhr Baum der muſte bluͤhn durch deinen Sonnenſchein. Und ſiehſt du traurig an die auffgeſproßne Schnaten/ So pflantzen ſie dir ſtets der Mutter Namen ein. Wie ſchlecht der Apffel auch von auſſen pflegt zu glaͤntzen/ Da geht ihm Pomerantz/ Quitt und Citrone fuͤr; So weicht/ ſo bald ein Schnitt ſein Mittel wird zergaͤntzen/ Der Koͤrner-reichen Reyh auch der Rubinen Zier. Nicht anders muͤhte ſich dein ander Hertz zu leben/ Als daß ihr innres Hertz an Tugend-Fruͤchten ſchoͤn. Sie liebte nicht den Schein der Welt von ſich zu geben Und wolte mehr vergnuͤgt auf GOttes Wegen gehn. Deß Apffels Koͤrner ſind noch ihres Blutes Fruͤchte/ Und Zeugen eurer Lieb/ und Siegel eurer Treu- Die

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Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/503>, abgerufen am 24.07.2024.