Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.Leichen-Gedichte. Man weihte sonst der Grufft Violen und Narcissen;Er lege seinem Schatz dergleichen Schönheit zu/ Die Blume ihrer Zeit/ so hier verwelcken müssen/ Jst würdig/ daß sie auch nur unter Blumen ruh. Uber den seeligen Todt Hn. J. G. E. M. D. den 7. May 1676. WEr/ Vetter/ deinen Tod mit trucknen Augen schauet/ Der ist ein harter Fels und unempfindlich Stein. Wer deinem Grabe nicht ein Ehrenmahl auffbauet/ Der muß im Helicon ein blosser Frembdling seyn. Der Kunst und Artzney Gott Apollo steht betrübet/ Und reist vor Hertzeleid die Lorbern aus dem Haar/ Giebt traurig an den Tag/ wie hoch er dich geliebet/ Und wie sein Meister Ruhm mit dir liegt auff der Baar. Die keusche Daphne seufftzt und Flora schwimmt in Thränen/ Die sie ohn unterlaß auff Blum und Kräuter setzt. Die Mutter aller Ding eröffnet frey ihr Sehnen Weil sie dich jederzeit als Rath und Trost geschätzt; Hygea tritt hervor in einem weissen Kleide/ Siht nicht so lebhafft schön als wie sie vormals pflag/ Klagt deinen Untergang und geht in tieffem Leide/ Nun ihr Gesundheit Kelch dir nicht mehr nutzen mag. Jhr Vater Aesculap durchforschet in Metallen Ob irgend eintzig Geist/ dir auffzuhelffen/ sey? Ach Eisenharter Schluß! du solst und must verfallen; Hier macht noch Artzt noch Kunst dir vom Verwesen frey. Die Häupter voller Witz/ so alles auffgeschlossen Was in der Erden Schoß hat die Natur versteckt/ Vermissen nur zu früh dich ihren Mitgenossen/ Und sind mit gleichem Weh der Traurigkeit bedeckt. Du bist auch Thränen werth/ Apollens Aug und Hertze/ Und groß ist der Verlust den man empfinden muß. Dein edle Wissenschafft hat gleich der Sonnen Kertze Mit ihrer Stralen Krafft beherrscht der Lethe Fluß. Der Acheron erschrack/ Coeytus floß zurücke/ Und Charon nehm nicht mehr so häuffig Fährgeld ein. Die Parcen starrten gar ob diesem Meisterstücke. Wenn Krancke deine Cur hieß frisch und munter seyn. Was
Leichen-Gedichte. Man weihte ſonſt der Grufft Violen und Narciſſen;Er lege ſeinem Schatz dergleichen Schoͤnheit zu/ Die Blume ihrer Zeit/ ſo hier verwelcken muͤſſen/ Jſt wuͤrdig/ daß ſie auch nur unter Blumen ruh. Uber den ſeeligen Todt Hn. J. G. E. M. D. den 7. May 1676. WEr/ Vetter/ deinen Tod mit trucknen Augen ſchauet/ Der iſt ein harter Fels und unempfindlich Stein. Wer deinem Grabe nicht ein Ehrenmahl auffbauet/ Der muß im Helicon ein bloſſer Frembdling ſeyn. Der Kunſt und Artzney Gott Apollo ſteht betruͤbet/ Und reiſt vor Hertzeleid die Lorbern aus dem Haar/ Giebt traurig an den Tag/ wie hoch er dich geliebet/ Und wie ſein Meiſter Ruhm mit dir liegt auff der Baar. Die keuſche Daphne ſeufftzt und Flora ſchwimmt in Thraͤnen/ Die ſie ohn unterlaß auff Blum und Kraͤuter ſetzt. Die Mutter aller Ding eroͤffnet frey ihr Sehnen Weil ſie dich jederzeit als Rath und Troſt geſchaͤtzt; Hygea tritt hervor in einem weiſſen Kleide/ Siht nicht ſo lebhafft ſchoͤn als wie ſie vormals pflag/ Klagt deinen Untergang und geht in tieffem Leide/ Nun ihr Geſundheit Kelch dir nicht mehr nutzen mag. Jhr Vater Aeſculap durchforſchet in Metallen Ob irgend eintzig Geiſt/ dir auffzuhelffen/ ſey? Ach Eiſenharter Schluß! du ſolſt und muſt verfallen; Hier macht noch Artzt noch Kunſt dir vom Verweſen frey. Die Haͤupter voller Witz/ ſo alles auffgeſchloſſen Was in der Erden Schoß hat die Natur verſteckt/ Vermiſſen nur zu fruͤh dich ihren Mitgenoſſen/ Und ſind mit gleichem Weh der Traurigkeit bedeckt. Du biſt auch Thraͤnen werth/ Apollens Aug und Hertze/ Und groß iſt der Verluſt den man empfinden muß. Dein edle Wiſſenſchafft hat gleich der Sonnen Kertze Mit ihrer Stralen Krafft beherrſcht der Lethe Fluß. Der Acheron erſchrack/ Coeytus floß zuruͤcke/ Und Charon nehm nicht mehr ſo haͤuffig Faͤhrgeld ein. Die Parcen ſtarrten gar ob dieſem Meiſterſtuͤcke. Wenn Krancke deine Cur hieß friſch und munter ſeyn. Was
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Leichen-Gedichte.
Man weihte ſonſt der Grufft Violen und Narciſſen;
Er lege ſeinem Schatz dergleichen Schoͤnheit zu/
Die Blume ihrer Zeit/ ſo hier verwelcken muͤſſen/
Jſt wuͤrdig/ daß ſie auch nur unter Blumen ruh.
Uber den ſeeligen Todt
Hn. J. G. E. M. D. den 7. May 1676.
WEr/ Vetter/ deinen Tod mit trucknen Augen ſchauet/
Der iſt ein harter Fels und unempfindlich Stein.
Wer deinem Grabe nicht ein Ehrenmahl auffbauet/
Der muß im Helicon ein bloſſer Frembdling ſeyn.
Der Kunſt und Artzney Gott Apollo ſteht betruͤbet/
Und reiſt vor Hertzeleid die Lorbern aus dem Haar/
Giebt traurig an den Tag/ wie hoch er dich geliebet/
Und wie ſein Meiſter Ruhm mit dir liegt auff der Baar.
Die keuſche Daphne ſeufftzt und Flora ſchwimmt in Thraͤnen/
Die ſie ohn unterlaß auff Blum und Kraͤuter ſetzt.
Die Mutter aller Ding eroͤffnet frey ihr Sehnen
Weil ſie dich jederzeit als Rath und Troſt geſchaͤtzt;
Hygea tritt hervor in einem weiſſen Kleide/
Siht nicht ſo lebhafft ſchoͤn als wie ſie vormals pflag/
Klagt deinen Untergang und geht in tieffem Leide/
Nun ihr Geſundheit Kelch dir nicht mehr nutzen mag.
Jhr Vater Aeſculap durchforſchet in Metallen
Ob irgend eintzig Geiſt/ dir auffzuhelffen/ ſey?
Ach Eiſenharter Schluß! du ſolſt und muſt verfallen;
Hier macht noch Artzt noch Kunſt dir vom Verweſen frey.
Die Haͤupter voller Witz/ ſo alles auffgeſchloſſen
Was in der Erden Schoß hat die Natur verſteckt/
Vermiſſen nur zu fruͤh dich ihren Mitgenoſſen/
Und ſind mit gleichem Weh der Traurigkeit bedeckt.
Du biſt auch Thraͤnen werth/ Apollens Aug und Hertze/
Und groß iſt der Verluſt den man empfinden muß.
Dein edle Wiſſenſchafft hat gleich der Sonnen Kertze
Mit ihrer Stralen Krafft beherrſcht der Lethe Fluß.
Der Acheron erſchrack/ Coeytus floß zuruͤcke/
Und Charon nehm nicht mehr ſo haͤuffig Faͤhrgeld ein.
Die Parcen ſtarrten gar ob dieſem Meiſterſtuͤcke.
Wenn Krancke deine Cur hieß friſch und munter ſeyn.
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