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Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

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Leichen-Gedichte.
Die Hemerocallis oder Lilie von Calvarien
Bey Absterben Hn. J. H. D. z. E. jüngsten
Töchterlein den 23. Decembr. 1674.
1.
SEh' ich dich auff die Schädel-stäte/
Du zartes Kind/ schon hingelegt/
Und wie dein Tauff- und Leich[-]Geräthe
Fast einerley Bedeutung trägt!
Das Wester-Hembde war ein Zeichen/
Daß du numehr von Sünden rein;
Die letzte Kleidung deiner Leichen
Wird auch ein gleicher Zeuge seyn.
2.
So muß ich dich vor Lilgen halten/
Die auff den Schädel-stäten stehn/
Jn einem Tage blühn und alten/
Und mit der Sonnen untergehn:
Jhr' Anmuth straalt im höchsten prangen/
Wenn früh' der göldne Tag erwacht;
Und Schmuck und Blume sind vergangen/
So bäld sich bräunt die schwartze Nacht.
3.
Doch wie die schönen Farben mahlen
Der edlen Blumen Treffligkeit/
So fünckelt mit nicht mindern Stralen/
Verblastes Kind/ dein Sterbe-Kleid;
Die Lilgen sind erst Weis zuschauen/
Du auch/ nachdem das heil'ge Bad
Mit dem gesegneten Bethauen
Von Sünden dich gewaschen hat.
4.
Da bist du schon ein Mit-Glied worden
Des Heilands/ der dich hertzlich liebt/
Und vor des Teuffels List und Morden
Sein Erbtheil dir den Himmel giebt/
Ja dich zu GOttes Tempel machet/
Jns Buch des Lebens schreibet ein/
Daß
N n n 2
Leichen-Gedichte.
Die Hemerocallis oder Lilie von Calvarien
Bey Abſterben Hn. J. H. D. z. E. juͤngſten
Toͤchterlein den 23. Decembr. 1674.
1.
SEh’ ich dich auff die Schaͤdel-ſtaͤte/
Du zartes Kind/ ſchon hingelegt/
Und wie dein Tauff- und Leich[-]Geraͤthe
Faſt einerley Bedeutung traͤgt!
Das Weſter-Hembde war ein Zeichen/
Daß du numehr von Suͤnden rein;
Die letzte Kleidung deiner Leichen
Wird auch ein gleicher Zeuge ſeyn.
2.
So muß ich dich vor Lilgen halten/
Die auff den Schaͤdel-ſtaͤten ſtehn/
Jn einem Tage bluͤhn und alten/
Und mit der Sonnen untergehn:
Jhr’ Anmuth ſtraalt im hoͤchſten prangen/
Wenn fruͤh’ der goͤldne Tag erwacht;
Und Schmuck und Blume ſind vergangen/
So baͤld ſich braͤunt die ſchwartze Nacht.
3.
Doch wie die ſchoͤnen Farben mahlen
Der edlen Blumen Treffligkeit/
So fuͤnckelt mit nicht mindern Stralen/
Verblaſtes Kind/ dein Sterbe-Kleid;
Die Lilgen ſind erſt Weis zuſchauen/
Du auch/ nachdem das heil’ge Bad
Mit dem geſegneten Bethauen
Von Suͤnden dich gewaſchen hat.
4.
Da biſt du ſchon ein Mit-Glied worden
Des Heilands/ der dich hertzlich liebt/
Und vor des Teuffels Liſt und Morden
Sein Erbtheil dir den Himmel giebt/
Ja dich zu GOttes Tempel machet/
Jns Buch des Lebens ſchreibet ein/
Daß
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[195/0427] Leichen-Gedichte. Die Hemerocallis oder Lilie von Calvarien Bey Abſterben Hn. J. H. D. z. E. juͤngſten Toͤchterlein den 23. Decembr. 1674. 1. SEh’ ich dich auff die Schaͤdel-ſtaͤte/ Du zartes Kind/ ſchon hingelegt/ Und wie dein Tauff- und Leich-Geraͤthe Faſt einerley Bedeutung traͤgt! Das Weſter-Hembde war ein Zeichen/ Daß du numehr von Suͤnden rein; Die letzte Kleidung deiner Leichen Wird auch ein gleicher Zeuge ſeyn. 2. So muß ich dich vor Lilgen halten/ Die auff den Schaͤdel-ſtaͤten ſtehn/ Jn einem Tage bluͤhn und alten/ Und mit der Sonnen untergehn: Jhr’ Anmuth ſtraalt im hoͤchſten prangen/ Wenn fruͤh’ der goͤldne Tag erwacht; Und Schmuck und Blume ſind vergangen/ So baͤld ſich braͤunt die ſchwartze Nacht. 3. Doch wie die ſchoͤnen Farben mahlen Der edlen Blumen Treffligkeit/ So fuͤnckelt mit nicht mindern Stralen/ Verblaſtes Kind/ dein Sterbe-Kleid; Die Lilgen ſind erſt Weis zuſchauen/ Du auch/ nachdem das heil’ge Bad Mit dem geſegneten Bethauen Von Suͤnden dich gewaſchen hat. 4. Da biſt du ſchon ein Mit-Glied worden Des Heilands/ der dich hertzlich liebt/ Und vor des Teuffels Liſt und Morden Sein Erbtheil dir den Himmel giebt/ Ja dich zu GOttes Tempel machet/ Jns Buch des Lebens ſchreibet ein/ Daß N n n 2

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Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/427>, abgerufen am 25.11.2024.