Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

Bild:
<< vorherige Seite

Leichen-Gedichte.
Jetzt soll sein Trauer-Hauß umbgeben/
Und aller Trost fällt von der Seit.

9.
Jedoch ihm ist der Bau der Erden/
Und unser Hingang wol bekand.
Muß Erd' und Himmel Asche werden/
Was hat denn ewigen Bestand?
Sein unerschrocknes Hertz und Sinnen/
Jn Noth und Unfall höchst bewehrt/
Die werden hier auch schliessen können/
Daß bloß der Tod den Leib verzehrt.
10.
Sein Leid wird auch die Zeit verbinden
Gedult legt alle Schmertzen hin.
So wird er auch im Pindus finden
Was tröstet den betrübten Sinn:
Er kan mit den gelehrten Büchern/
Darauff die Nach-Welt sehnlich hofft/
Sich eines steten Ruhms versichern/
Und trotzen Libitinens Grufft.
11.
Er hat so vielen längst gegeben
Das Kleinod der Unsterbligkeit.
Und wo nur ewig bleibet leben
Was der Poeten Feder schreibt;
So wird er mehr als Orpheus preisen
Der Abgelebten Tugend-Lauff/
Und/ seine Liebe zu erweisen/
Jhr ein Gedächtnüß setzen auff.
12.
Mnemosyne und das Geschwister
Der drey-gedritten Musen-Schaar/
Setzt ihren Ruhm ins Zeit-Register/
Apollo krönt die schwartze Bahr
Mit unverwelckten Leid-Cypressen/
Und setzet dieses Zeugnüß bey/
Daß ihre Tugend nicht vergessen/
Noch/ wie der Leib/ begraben sey.
Die

Leichen-Gedichte.
Jetzt ſoll ſein Trauer-Hauß umbgeben/
Und aller Troſt faͤllt von der Seit.

9.
Jedoch ihm iſt der Bau der Erden/
Und unſer Hingang wol bekand.
Muß Erd’ und Himmel Aſche werden/
Was hat denn ewigen Beſtand?
Sein unerſchrocknes Hertz und Sinnen/
Jn Noth und Unfall hoͤchſt bewehrt/
Die werden hier auch ſchlieſſen koͤnnen/
Daß bloß der Tod den Leib verzehrt.
10.
Sein Leid wird auch die Zeit verbinden
Gedult legt alle Schmertzen hin.
So wird er auch im Pindus finden
Was troͤſtet den betruͤbten Sinn:
Er kan mit den gelehrten Buͤchern/
Darauff die Nach-Welt ſehnlich hofft/
Sich eines ſteten Ruhms verſichern/
Und trotzen Libitinens Grufft.
11.
Er hat ſo vielen laͤngſt gegeben
Das Kleinod der Unſterbligkeit.
Und wo nur ewig bleibet leben
Was der Poeten Feder ſchreibt;
So wird er mehr als Orpheus preiſen
Der Abgelebten Tugend-Lauff/
Und/ ſeine Liebe zu erweiſen/
Jhr ein Gedaͤchtnuͤß ſetzen auff.
12.
Mnemoſyne und das Geſchwiſter
Der drey-gedritten Muſen-Schaar/
Setzt ihren Ruhm ins Zeit-Regiſter/
Apollo kroͤnt die ſchwartze Bahr
Mit unverwelckten Leid-Cypreſſen/
Und ſetzet dieſes Zeugnuͤß bey/
Daß ihre Tugend nicht vergeſſen/
Noch/ wie der Leib/ begraben ſey.
Die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="8">
            <pb facs="#f0426" n="194"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Leichen-Gedichte.</hi> </fw><lb/>
            <l>Jetzt &#x017F;oll &#x017F;ein Trauer-Hauß umbgeben/</l><lb/>
            <l>Und aller Tro&#x017F;t fa&#x0364;llt von der Seit.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="9">
            <head> <hi rendition="#c">9.</hi> </head><lb/>
            <l>Jedoch ihm i&#x017F;t der Bau der Erden/</l><lb/>
            <l>Und un&#x017F;er Hingang wol bekand.</l><lb/>
            <l>Muß Erd&#x2019; und Himmel A&#x017F;che werden/</l><lb/>
            <l>Was hat denn ewigen Be&#x017F;tand?</l><lb/>
            <l>Sein uner&#x017F;chrocknes Hertz und Sinnen/</l><lb/>
            <l>Jn Noth und Unfall ho&#x0364;ch&#x017F;t bewehrt/</l><lb/>
            <l>Die werden hier auch &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nnen/</l><lb/>
            <l>Daß bloß der Tod den Leib verzehrt.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="10">
            <head> <hi rendition="#c">10.</hi> </head><lb/>
            <l>Sein Leid wird auch die Zeit verbinden</l><lb/>
            <l>Gedult legt alle Schmertzen hin.</l><lb/>
            <l>So wird er auch im Pindus finden</l><lb/>
            <l>Was tro&#x0364;&#x017F;tet den betru&#x0364;bten Sinn:</l><lb/>
            <l>Er kan mit den gelehrten Bu&#x0364;chern/</l><lb/>
            <l>Darauff die Nach-Welt &#x017F;ehnlich hofft/</l><lb/>
            <l>Sich eines &#x017F;teten Ruhms ver&#x017F;ichern/</l><lb/>
            <l>Und trotzen Libitinens Grufft.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="11">
            <head> <hi rendition="#c">11.</hi> </head><lb/>
            <l>Er hat &#x017F;o vielen la&#x0364;ng&#x017F;t gegeben</l><lb/>
            <l>Das Kleinod der Un&#x017F;terbligkeit.</l><lb/>
            <l>Und wo nur ewig bleibet leben</l><lb/>
            <l>Was der Poeten Feder &#x017F;chreibt;</l><lb/>
            <l>So wird er mehr als Orpheus prei&#x017F;en</l><lb/>
            <l>Der Abgelebten Tugend-Lauff/</l><lb/>
            <l>Und/ &#x017F;eine Liebe zu erwei&#x017F;en/</l><lb/>
            <l>Jhr ein Geda&#x0364;chtnu&#x0364;ß &#x017F;etzen auff.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="12">
            <head> <hi rendition="#c">12.</hi> </head><lb/>
            <l>Mnemo&#x017F;yne und das Ge&#x017F;chwi&#x017F;ter</l><lb/>
            <l>Der drey-gedritten Mu&#x017F;en-Schaar/</l><lb/>
            <l>Setzt ihren Ruhm ins Zeit-Regi&#x017F;ter/</l><lb/>
            <l>Apollo kro&#x0364;nt die &#x017F;chwartze Bahr</l><lb/>
            <l>Mit unverwelckten Leid-Cypre&#x017F;&#x017F;en/</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;etzet die&#x017F;es Zeugnu&#x0364;ß bey/</l><lb/>
            <l>Daß ihre Tugend nicht verge&#x017F;&#x017F;en/</l><lb/>
            <l>Noch/ wie der Leib/ begraben &#x017F;ey.</l>
          </lg>
        </lg><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[194/0426] Leichen-Gedichte. Jetzt ſoll ſein Trauer-Hauß umbgeben/ Und aller Troſt faͤllt von der Seit. 9. Jedoch ihm iſt der Bau der Erden/ Und unſer Hingang wol bekand. Muß Erd’ und Himmel Aſche werden/ Was hat denn ewigen Beſtand? Sein unerſchrocknes Hertz und Sinnen/ Jn Noth und Unfall hoͤchſt bewehrt/ Die werden hier auch ſchlieſſen koͤnnen/ Daß bloß der Tod den Leib verzehrt. 10. Sein Leid wird auch die Zeit verbinden Gedult legt alle Schmertzen hin. So wird er auch im Pindus finden Was troͤſtet den betruͤbten Sinn: Er kan mit den gelehrten Buͤchern/ Darauff die Nach-Welt ſehnlich hofft/ Sich eines ſteten Ruhms verſichern/ Und trotzen Libitinens Grufft. 11. Er hat ſo vielen laͤngſt gegeben Das Kleinod der Unſterbligkeit. Und wo nur ewig bleibet leben Was der Poeten Feder ſchreibt; So wird er mehr als Orpheus preiſen Der Abgelebten Tugend-Lauff/ Und/ ſeine Liebe zu erweiſen/ Jhr ein Gedaͤchtnuͤß ſetzen auff. 12. Mnemoſyne und das Geſchwiſter Der drey-gedritten Muſen-Schaar/ Setzt ihren Ruhm ins Zeit-Regiſter/ Apollo kroͤnt die ſchwartze Bahr Mit unverwelckten Leid-Cypreſſen/ Und ſetzet dieſes Zeugnuͤß bey/ Daß ihre Tugend nicht vergeſſen/ Noch/ wie der Leib/ begraben ſey. Die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/426
Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/426>, abgerufen am 24.07.2024.