Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

Bild:
<< vorherige Seite
Leichen-Gedichte.
9.
Laß Menschen Hände immer weben/
Ein bald vermodrend Ehren-Kleid.
Die Unschuld so dich jetzt umbgeben
Jst reiner als die beste Seid.
Ach! Blum ins Paradieses Wiese/
Stern/ dessen Licht sich nie verzehrt/
Dreymal glückseelige Louyse
Was hat dein JEsus dir beschert.
10.
Geehrtste Eltern stellt die Zähren
Der nassen Wehmuth Perlen ein/
Die zwar der Liebe ihr Begehren
Und auch getreue Zeugen seyn.
Doch weil sie ist so wol versetzet/
So rufft Gelück Sibyllen zu.
Und denckt/ daß die seyn hochgeschätzet
Die GOtt so zeitlich krönt mit Ruh.
Trauer-Zeilen
Uber das Absterben Fr. A. F. g. G. den 9.
Febr. 1674.
SO hat des HErren Hand Dich abermal gebücket/
Daß du must schwartz gekleidt in tieffstem Trauren
gehn:

Hat diß/ betrübter Freund/ der Himmel so geschicket/
Daß wiederumb dein Schatz muß auff der Bahre stehn?
Und zwar ein gleicher Tod/ und fast auch gleiche Stunde
Reist sie im ersten Lentz der besten Jahre hin.
Wer tadelts/ wenn diß Ach! erschallt aus deinem Munde:
Jch glaube daß ich gar des Unglücks Wurffball bin:
Daß Kertzen meiner Lust sind Fackeln blasser Leichen/
Und Grab und Hochzeit-Bett zusammen stehn gebaut.
Läst das Verhängnüß denn durch Flehn sich nicht erweichen/
Daß man mich anders nicht als zweymal Wittber schaut!
Und zwar eh' noch ein Jahr hat seinen Kreiß vollzogen/
Vollziehet schon der Tod den Eisen-harten Schluß.
Ach daß für Rosen-Safft ich Wermuth nur gesogen!
Und meine Liebe stets ins Grab verschicken muß!
Ja
L l l 3
Leichen-Gedichte.
9.
Laß Menſchen Haͤnde immer weben/
Ein bald vermodrend Ehren-Kleid.
Die Unſchuld ſo dich jetzt umbgeben
Jſt reiner als die beſte Seid.
Ach! Blum ins Paradieſes Wieſe/
Stern/ deſſen Licht ſich nie verzehrt/
Dreymal gluͤckſeelige Louyſe
Was hat dein JEſus dir beſchert.
10.
Geehrtſte Eltern ſtellt die Zaͤhren
Der naſſen Wehmuth Perlen ein/
Die zwar der Liebe ihr Begehren
Und auch getreue Zeugen ſeyn.
Doch weil ſie iſt ſo wol verſetzet/
So rufft Geluͤck Sibyllen zu.
Und denckt/ daß die ſeyn hochgeſchaͤtzet
Die GOtt ſo zeitlich kroͤnt mit Ruh.
Trauer-Zeilen
Uber das Abſterben Fr. A. F. g. G. den 9.
Febr. 1674.
SO hat des HErren Hand Dich abermal gebuͤcket/
Daß du muſt ſchwartz gekleidt in tieffſtem Trauren
gehn:

Hat diß/ betruͤbter Freund/ der Himmel ſo geſchicket/
Daß wiederumb dein Schatz muß auff der Bahre ſtehn?
Und zwar ein gleicher Tod/ und faſt auch gleiche Stunde
Reiſt ſie im erſten Lentz der beſten Jahre hin.
Wer tadelts/ wenn diß Ach! erſchallt aus deinem Munde:
Jch glaube daß ich gar des Ungluͤcks Wurffball bin:
Daß Kertzen meiner Luſt ſind Fackeln blaſſer Leichen/
Und Grab und Hochzeit-Bett zuſammen ſtehn gebaut.
Laͤſt das Verhaͤngnuͤß denn durch Flehn ſich nicht erweichen/
Daß man mich anders nicht als zweymal Wittber ſchaut!
Und zwar eh’ noch ein Jahr hat ſeinen Kreiß vollzogen/
Vollziehet ſchon der Tod den Eiſen-harten Schluß.
Ach daß fuͤr Roſen-Safft ich Wermuth nur geſogen!
Und meine Liebe ſtets ins Grab verſchicken muß!
Ja
L l l 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0397" n="165"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Leichen-Gedichte.</hi> </fw><lb/>
          <lg n="9">
            <head> <hi rendition="#c">9.</hi> </head><lb/>
            <l>Laß Men&#x017F;chen Ha&#x0364;nde immer weben/</l><lb/>
            <l>Ein bald vermodrend Ehren-Kleid.</l><lb/>
            <l>Die Un&#x017F;chuld &#x017F;o dich jetzt umbgeben</l><lb/>
            <l>J&#x017F;t reiner als die be&#x017F;te Seid.</l><lb/>
            <l>Ach! Blum ins Paradie&#x017F;es Wie&#x017F;e/</l><lb/>
            <l>Stern/ de&#x017F;&#x017F;en Licht &#x017F;ich nie verzehrt/</l><lb/>
            <l>Dreymal glu&#x0364;ck&#x017F;eelige Louy&#x017F;e</l><lb/>
            <l>Was hat dein JE&#x017F;us dir be&#x017F;chert.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="10">
            <head> <hi rendition="#c">10.</hi> </head><lb/>
            <l><hi rendition="#fr">Geehrt&#x017F;te Eltern</hi> &#x017F;tellt die Za&#x0364;hren</l><lb/>
            <l>Der na&#x017F;&#x017F;en Wehmuth Perlen ein/</l><lb/>
            <l>Die zwar der Liebe ihr Begehren</l><lb/>
            <l>Und auch getreue Zeugen &#x017F;eyn.</l><lb/>
            <l>Doch weil &#x017F;ie i&#x017F;t &#x017F;o wol ver&#x017F;etzet/</l><lb/>
            <l>So rufft Gelu&#x0364;ck Sibyllen zu.</l><lb/>
            <l>Und denckt/ daß die &#x017F;eyn hochge&#x017F;cha&#x0364;tzet</l><lb/>
            <l>Die GOtt &#x017F;o zeitlich kro&#x0364;nt mit Ruh.</l>
          </lg>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Trauer-Zeilen<lb/>
Uber das Ab&#x017F;terben Fr. A. F. g. G. den 9.<lb/>
Febr. 1674.</hi> </hi> </head><lb/>
          <l><hi rendition="#in">S</hi>O hat des HErren Hand <hi rendition="#fr">Dich</hi> abermal gebu&#x0364;cket/</l><lb/>
          <l>Daß du mu&#x017F;t &#x017F;chwartz gekleidt in tieff&#x017F;tem Trauren<lb/><hi rendition="#et">gehn:</hi></l><lb/>
          <l>Hat diß/ <hi rendition="#fr">betru&#x0364;bter</hi> F<hi rendition="#fr">reund/</hi> der Himmel &#x017F;o ge&#x017F;chicket/</l><lb/>
          <l>Daß wiederumb dein Schatz muß auff der Bahre &#x017F;tehn?</l><lb/>
          <l>Und zwar ein gleicher Tod/ und fa&#x017F;t auch gleiche Stunde</l><lb/>
          <l>Rei&#x017F;t &#x017F;ie im er&#x017F;ten Lentz der be&#x017F;ten Jahre hin.</l><lb/>
          <l>Wer tadelts/ wenn diß Ach! er&#x017F;challt aus deinem Munde:</l><lb/>
          <l>Jch glaube daß ich gar des Unglu&#x0364;cks Wurffball bin:</l><lb/>
          <l>Daß Kertzen meiner Lu&#x017F;t &#x017F;ind Fackeln bla&#x017F;&#x017F;er Leichen/</l><lb/>
          <l>Und Grab und Hochzeit-Bett zu&#x017F;ammen &#x017F;tehn gebaut.</l><lb/>
          <l>La&#x0364;&#x017F;t das Verha&#x0364;ngnu&#x0364;ß denn durch Flehn &#x017F;ich nicht erweichen/</l><lb/>
          <l>Daß man mich anders nicht als zweymal Wittber &#x017F;chaut!</l><lb/>
          <l>Und zwar eh&#x2019; noch ein Jahr hat &#x017F;einen Kreiß vollzogen/</l><lb/>
          <l>Vollziehet &#x017F;chon der Tod den Ei&#x017F;en-harten Schluß.</l><lb/>
          <l>Ach daß fu&#x0364;r Ro&#x017F;en-Safft ich Wermuth nur ge&#x017F;ogen!</l><lb/>
          <l>Und meine Liebe &#x017F;tets ins Grab ver&#x017F;chicken muß!</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">L l l 3</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Ja</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[165/0397] Leichen-Gedichte. 9. Laß Menſchen Haͤnde immer weben/ Ein bald vermodrend Ehren-Kleid. Die Unſchuld ſo dich jetzt umbgeben Jſt reiner als die beſte Seid. Ach! Blum ins Paradieſes Wieſe/ Stern/ deſſen Licht ſich nie verzehrt/ Dreymal gluͤckſeelige Louyſe Was hat dein JEſus dir beſchert. 10. Geehrtſte Eltern ſtellt die Zaͤhren Der naſſen Wehmuth Perlen ein/ Die zwar der Liebe ihr Begehren Und auch getreue Zeugen ſeyn. Doch weil ſie iſt ſo wol verſetzet/ So rufft Geluͤck Sibyllen zu. Und denckt/ daß die ſeyn hochgeſchaͤtzet Die GOtt ſo zeitlich kroͤnt mit Ruh. Trauer-Zeilen Uber das Abſterben Fr. A. F. g. G. den 9. Febr. 1674. SO hat des HErren Hand Dich abermal gebuͤcket/ Daß du muſt ſchwartz gekleidt in tieffſtem Trauren gehn: Hat diß/ betruͤbter Freund/ der Himmel ſo geſchicket/ Daß wiederumb dein Schatz muß auff der Bahre ſtehn? Und zwar ein gleicher Tod/ und faſt auch gleiche Stunde Reiſt ſie im erſten Lentz der beſten Jahre hin. Wer tadelts/ wenn diß Ach! erſchallt aus deinem Munde: Jch glaube daß ich gar des Ungluͤcks Wurffball bin: Daß Kertzen meiner Luſt ſind Fackeln blaſſer Leichen/ Und Grab und Hochzeit-Bett zuſammen ſtehn gebaut. Laͤſt das Verhaͤngnuͤß denn durch Flehn ſich nicht erweichen/ Daß man mich anders nicht als zweymal Wittber ſchaut! Und zwar eh’ noch ein Jahr hat ſeinen Kreiß vollzogen/ Vollziehet ſchon der Tod den Eiſen-harten Schluß. Ach daß fuͤr Roſen-Safft ich Wermuth nur geſogen! Und meine Liebe ſtets ins Grab verſchicken muß! Ja L l l 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/397
Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/397>, abgerufen am 11.06.2024.