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Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

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Hochzeit-Gedichte.
Auf Hn. G. E. v. S. u. J. M. C. v. B. Hoch-
Adel. Hochzeit-Fest. 22. Oct. 1680.
ADonis sah' das Jahr mit Frucht barkeit erfüllt.
Wie da ein reicher Herbst mit Purpur-Trauben prangte/
Pomona Schüsseln dort voll schöner Aepffel langte/
Und wie die Quitten sich in Woll' und Gold gehüllt.
Der Mispeln dicke Reyh stund zeitig nur zum brechen/
Die Früchte wolten fast der Zweige Demuth schwächen.
Er rief auß frohem Muth: O mehr als güldne Zeit!
Schenckt uns der Garten-Mann Priapus volle Schalen?
Und reicht der Bachus uns den Nectar-Safft zu mahlen?
Krönt Wachsthum so das Jahr/ ist Vieh und Mensch erfreut?
Hat so manch hohes Wild Diana schon gefället
Und zu der Tafeln Zier den Vögeln nachgestellet?
Gewehrt die Nais uns darzu ihr Schuppen-Heer/
Und machen Götter uns so angenehme Stunden/
So hat gewiß bey mir sich eine Regung funden/
Die ich nicht nennen kan; mein Hertz wallt als ein Meer/
Es kocht das heisse Blut/ der Adern Quellen sieden/
Und Marck und Beine glühn wie Eisen in den Schmiden.
Wer hilfft mir? Venus nahm Adonis in die Schoß.
Leander der entschlief in seiner Hero Armen.
Den Paris hat erfreut der Helenen Erbarmen.
Man weiß was Hercules bey Omphalen genoß.
Soll ich Adonis seyn/ so wünsch' ich gleiches Glücke/
Daß eine Venus mich in meiner Noth erquicke.
Wo aber such ich sie/ in einem Myrten Wald?
Nein/ hat ein wildes Schwein nicht den Adon zerrissen.
Wie/ oder find ich sie bey Crystallinen Flüssen?
Hier schreckt uns Proteus offt in heßlicher Gestalt.
Soll ich auf hohen Berg und Felsen mich umbschauen/
Da find ich nichts als Stein als bange Furcht und Grauen.
Erwehl' ich denn das Feld? die Gegend lacht mich an/
Vulcanus aber hat/ der alles nur verzehret/
Zweymal die Schäferey in Asch nnd Grauß gekehret.
Jch zweiffle/ daß ich da die Nymfe finden kan/
So mich vergnügen wird/ doch ich will mich bemühen/
Pflegt doch der Rosen Zier auf Heck und Dorn zu blühen.
Er
Hochzeit-Gedichte.
Auf Hn. G. E. v. S. u. J. M. C. v. B. Hoch-
Adel. Hochzeit-Feſt. 22. Oct. 1680.
ADonis ſah’ das Jahr mit Frucht barkeit erfuͤllt.
Wie da ein reicher Herbſt mit Purpur-Trauben prangte/
Pomona Schuͤſſeln dort voll ſchoͤner Aepffel langte/
Und wie die Quitten ſich in Woll’ und Gold gehuͤllt.
Der Miſpeln dicke Reyh ſtund zeitig nur zum brechen/
Die Fruͤchte wolten faſt der Zweige Demuth ſchwaͤchen.
Er rief auß frohem Muth: O mehr als guͤldne Zeit!
Schenckt uns der Garten-Mann Priapus volle Schalen?
Und reicht der Bachus uns den Nectar-Safft zu mahlen?
Kroͤnt Wachsthum ſo das Jahr/ iſt Vieh und Menſch erfreut?
Hat ſo manch hohes Wild Diana ſchon gefaͤllet
Und zu der Tafeln Zier den Voͤgeln nachgeſtellet?
Gewehrt die Nais uns darzu ihr Schuppen-Heer/
Und machen Goͤtter uns ſo angenehme Stunden/
So hat gewiß bey mir ſich eine Regung funden/
Die ich nicht nennen kan; mein Hertz wallt als ein Meer/
Es kocht das heiſſe Blut/ der Adern Quellen ſieden/
Und Marck und Beine gluͤhn wie Eiſen in den Schmiden.
Wer hilfft mir? Venus nahm Adonis in die Schoß.
Leander der entſchlief in ſeiner Hero Armen.
Den Paris hat erfreut der Helenen Erbarmen.
Man weiß was Hercules bey Omphalen genoß.
Soll ich Adonis ſeyn/ ſo wuͤnſch’ ich gleiches Gluͤcke/
Daß eine Venus mich in meiner Noth erquicke.
Wo aber ſuch ich ſie/ in einem Myrten Wald?
Nein/ hat ein wildes Schwein nicht den Adon zerriſſen.
Wie/ oder find ich ſie bey Cryſtallinen Fluͤſſen?
Hier ſchreckt uns Proteus offt in heßlicher Geſtalt.
Soll ich auf hohen Berg und Felſen mich umbſchauen/
Da find ich nichts als Stein als bange Furcht und Grauen.
Erwehl’ ich denn das Feld? die Gegend lacht mich an/
Vulcanus aber hat/ der alles nur verzehret/
Zweymal die Schaͤferey in Aſch nnd Grauß gekehret.
Jch zweiffle/ daß ich da die Nymfe finden kan/
So mich vergnuͤgen wird/ doch ich will mich bemuͤhen/
Pflegt doch der Roſen Zier auf Heck und Dorn zu bluͤhen.
Er
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[143/0217] Hochzeit-Gedichte. Auf Hn. G. E. v. S. u. J. M. C. v. B. Hoch- Adel. Hochzeit-Feſt. 22. Oct. 1680. ADonis ſah’ das Jahr mit Frucht barkeit erfuͤllt. Wie da ein reicher Herbſt mit Purpur-Trauben prangte/ Pomona Schuͤſſeln dort voll ſchoͤner Aepffel langte/ Und wie die Quitten ſich in Woll’ und Gold gehuͤllt. Der Miſpeln dicke Reyh ſtund zeitig nur zum brechen/ Die Fruͤchte wolten faſt der Zweige Demuth ſchwaͤchen. Er rief auß frohem Muth: O mehr als guͤldne Zeit! Schenckt uns der Garten-Mann Priapus volle Schalen? Und reicht der Bachus uns den Nectar-Safft zu mahlen? Kroͤnt Wachsthum ſo das Jahr/ iſt Vieh und Menſch erfreut? Hat ſo manch hohes Wild Diana ſchon gefaͤllet Und zu der Tafeln Zier den Voͤgeln nachgeſtellet? Gewehrt die Nais uns darzu ihr Schuppen-Heer/ Und machen Goͤtter uns ſo angenehme Stunden/ So hat gewiß bey mir ſich eine Regung funden/ Die ich nicht nennen kan; mein Hertz wallt als ein Meer/ Es kocht das heiſſe Blut/ der Adern Quellen ſieden/ Und Marck und Beine gluͤhn wie Eiſen in den Schmiden. Wer hilfft mir? Venus nahm Adonis in die Schoß. Leander der entſchlief in ſeiner Hero Armen. Den Paris hat erfreut der Helenen Erbarmen. Man weiß was Hercules bey Omphalen genoß. Soll ich Adonis ſeyn/ ſo wuͤnſch’ ich gleiches Gluͤcke/ Daß eine Venus mich in meiner Noth erquicke. Wo aber ſuch ich ſie/ in einem Myrten Wald? Nein/ hat ein wildes Schwein nicht den Adon zerriſſen. Wie/ oder find ich ſie bey Cryſtallinen Fluͤſſen? Hier ſchreckt uns Proteus offt in heßlicher Geſtalt. Soll ich auf hohen Berg und Felſen mich umbſchauen/ Da find ich nichts als Stein als bange Furcht und Grauen. Erwehl’ ich denn das Feld? die Gegend lacht mich an/ Vulcanus aber hat/ der alles nur verzehret/ Zweymal die Schaͤferey in Aſch nnd Grauß gekehret. Jch zweiffle/ daß ich da die Nymfe finden kan/ So mich vergnuͤgen wird/ doch ich will mich bemuͤhen/ Pflegt doch der Roſen Zier auf Heck und Dorn zu bluͤhen. Er

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Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/217>, abgerufen am 24.11.2024.