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Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

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Hochzeit-Gedichte.
Jndem erscheinet ihr ein Wunder-schöner Knabe/
Sein Antlitz war ein May/ geflochten Gold sein Haar.
Die Wangen Milch und Blut/ die Augen Sternen-klar.
Ein Pfeil und Bogen hieß sein eintzig Gut und Habe.
Sonst stand er splitter nackt/ als wie die Schönheit ist/
So ihr nie falschen Grund und Schmincke hast erkiest.
Er sprach: Komm Sylvia/ ich wil dir etwas zeigen/
Der Blitz und Donner-Gott/ der Mars/ ist weggereist/
Und weil die Mutter ietzt bey andern Göttern speist/
So wil ich/ wo du nur getreu bist/ und kanst schweigen/
Dir weisen/ wo der Mars den Harnisch hingelegt/
Wenn er der süssen Lust mit meiner Mutter pflegt.
Er führte sie darauf in ein gewölbtes Zimmer/
Das vieler Künstler Hand zum prächtigsten staffirt/
Es stand ein kostbar Bett von Marmel auffgeführt/
Die Seiten kleidete der Blitz von Demant-Schimmer.
Scarlat und Purpur hing als wie ein Vorhang für/
Den werth selbst übertraff die seltne Kunst und Zier.
Wohin nur Sylvia ließ ihre Lichter schiessen/
Da schlug Behägligkeit und Lust die Wohnung auf/
Was Lieb und Wollust heist kam hier als wie zu Hauff.
Und daß du ferner mögst/ sprach der Cupido/ wissen
Was diese Rüstung sey? diß ist des Mavors Kleid/
So sucht er seinen Feind/ so zeucht er in den Streit.
Wie kan der Vorwitz nicht das Jungfer-Volck verblenden?
Sie sieht begierig an wie alles blinckt und strahlt/
Und ob schon keusche Furcht die Wangen übermahlt/
So greifft sie dennoch zu mit gantz verwegnen Händen.
Fühlt ob der Harnisch schwer/ sieht wie er ausvoliert?
Wünscht heimlich/ daß mir nicht dergleichen Kleid gebührt!
Cupido der bereit den Possen wahrgenommen/
Pflantzt mit viel Liebligkeit ihr diese Meinung ein:
Sie könte schöner nicht als in dem Harnisch seyn/
Biß er von ihrem Mund den Beyfall auch bekommen.
Er legt ihr solchen an/ ist sorgsam und bemüht/
Damit die Sylvia gleich wie der Mars aussieht.
Es deckt ihr zartes Haupt die eiserne Kamm-Haube/
Und der Ring-Kragen nimmt der Brüste Lilgen ein/
Mit halben Achseln muß sie auch gewaffnet seyn/
Das forn und hinter-Theil giebt nicht den Leib zum Raube/
Denn
Hochzeit-Gedichte.
Jndem erſcheinet ihr ein Wunder-ſchoͤner Knabe/
Sein Antlitz war ein May/ geflochten Gold ſein Haar.
Die Wangen Milch und Blut/ die Augen Sternen-klar.
Ein Pfeil und Bogen hieß ſein eintzig Gut und Habe.
Sonſt ſtand er ſplitter nackt/ als wie die Schoͤnheit iſt/
So ihr nie falſchen Grund und Schmincke haſt erkieſt.
Er ſprach: Komm Sylvia/ ich wil dir etwas zeigen/
Der Blitz und Donner-Gott/ der Mars/ iſt weggereiſt/
Und weil die Mutter ietzt bey andern Goͤttern ſpeiſt/
So wil ich/ wo du nur getreu biſt/ und kanſt ſchweigen/
Dir weiſen/ wo der Mars den Harniſch hingelegt/
Wenn er der ſuͤſſen Luſt mit meiner Mutter pflegt.
Er fuͤhrte ſie darauf in ein gewoͤlbtes Zimmer/
Das vieler Kuͤnſtler Hand zum praͤchtigſten ſtaffirt/
Es ſtand ein koſtbar Bett von Marmel auffgefuͤhrt/
Die Seiten kleidete der Blitz von Demant-Schimmer.
Scarlat und Purpur hing als wie ein Vorhang fuͤr/
Den werth ſelbſt uͤbertraff die ſeltne Kunſt und Zier.
Wohin nur Sylvia ließ ihre Lichter ſchieſſen/
Da ſchlug Behaͤgligkeit und Luſt die Wohnung auf/
Was Lieb und Wolluſt heiſt kam hier als wie zu Hauff.
Und daß du ferner moͤgſt/ ſprach der Cupido/ wiſſen
Was dieſe Ruͤſtung ſey? diß iſt des Mavors Kleid/
So ſucht er ſeinen Feind/ ſo zeucht er in den Streit.
Wie kan der Vorwitz nicht das Jungfer-Volck verblenden?
Sie ſieht begierig an wie alles blinckt und ſtrahlt/
Und ob ſchon keuſche Furcht die Wangen uͤbermahlt/
So greifft ſie dennoch zu mit gantz verwegnen Haͤnden.
Fuͤhlt ob der Harniſch ſchwer/ ſieht wie er ausvoliert?
Wuͤnſcht heimlich/ daß mir nicht dergleichen Kleid gebuͤhrt!
Cupido der bereit den Poſſen wahrgenommen/
Pflantzt mit viel Liebligkeit ihr dieſe Meinung ein:
Sie koͤnte ſchoͤner nicht als in dem Harniſch ſeyn/
Biß er von ihrem Mund den Beyfall auch bekommen.
Er legt ihr ſolchen an/ iſt ſorgſam und bemuͤht/
Damit die Sylvia gleich wie der Mars ausſieht.
Es deckt ihr zartes Haupt die eiſerne Kamm-Haube/
Und der Ring-Kragen nimmt der Bruͤſte Lilgen ein/
Mit halben Achſeln muß ſie auch gewaffnet ſeyn/
Das forn und hinter-Theil giebt nicht den Leib zum Raube/
Denn
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[104/0178] Hochzeit-Gedichte. Jndem erſcheinet ihr ein Wunder-ſchoͤner Knabe/ Sein Antlitz war ein May/ geflochten Gold ſein Haar. Die Wangen Milch und Blut/ die Augen Sternen-klar. Ein Pfeil und Bogen hieß ſein eintzig Gut und Habe. Sonſt ſtand er ſplitter nackt/ als wie die Schoͤnheit iſt/ So ihr nie falſchen Grund und Schmincke haſt erkieſt. Er ſprach: Komm Sylvia/ ich wil dir etwas zeigen/ Der Blitz und Donner-Gott/ der Mars/ iſt weggereiſt/ Und weil die Mutter ietzt bey andern Goͤttern ſpeiſt/ So wil ich/ wo du nur getreu biſt/ und kanſt ſchweigen/ Dir weiſen/ wo der Mars den Harniſch hingelegt/ Wenn er der ſuͤſſen Luſt mit meiner Mutter pflegt. Er fuͤhrte ſie darauf in ein gewoͤlbtes Zimmer/ Das vieler Kuͤnſtler Hand zum praͤchtigſten ſtaffirt/ Es ſtand ein koſtbar Bett von Marmel auffgefuͤhrt/ Die Seiten kleidete der Blitz von Demant-Schimmer. Scarlat und Purpur hing als wie ein Vorhang fuͤr/ Den werth ſelbſt uͤbertraff die ſeltne Kunſt und Zier. Wohin nur Sylvia ließ ihre Lichter ſchieſſen/ Da ſchlug Behaͤgligkeit und Luſt die Wohnung auf/ Was Lieb und Wolluſt heiſt kam hier als wie zu Hauff. Und daß du ferner moͤgſt/ ſprach der Cupido/ wiſſen Was dieſe Ruͤſtung ſey? diß iſt des Mavors Kleid/ So ſucht er ſeinen Feind/ ſo zeucht er in den Streit. Wie kan der Vorwitz nicht das Jungfer-Volck verblenden? Sie ſieht begierig an wie alles blinckt und ſtrahlt/ Und ob ſchon keuſche Furcht die Wangen uͤbermahlt/ So greifft ſie dennoch zu mit gantz verwegnen Haͤnden. Fuͤhlt ob der Harniſch ſchwer/ ſieht wie er ausvoliert? Wuͤnſcht heimlich/ daß mir nicht dergleichen Kleid gebuͤhrt! Cupido der bereit den Poſſen wahrgenommen/ Pflantzt mit viel Liebligkeit ihr dieſe Meinung ein: Sie koͤnte ſchoͤner nicht als in dem Harniſch ſeyn/ Biß er von ihrem Mund den Beyfall auch bekommen. Er legt ihr ſolchen an/ iſt ſorgſam und bemuͤht/ Damit die Sylvia gleich wie der Mars ausſieht. Es deckt ihr zartes Haupt die eiſerne Kamm-Haube/ Und der Ring-Kragen nimmt der Bruͤſte Lilgen ein/ Mit halben Achſeln muß ſie auch gewaffnet ſeyn/ Das forn und hinter-Theil giebt nicht den Leib zum Raube/ Denn

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Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/178>, abgerufen am 25.11.2024.