Mügge, Theodor: Am Malanger Fjord. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–176. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.nehmen es ihm ab, wenn sie dann und wann zum Besuch kommen; oder er trägt es ihnen hinauf, wenn er, wie kürzlich erst, von der Sehnsucht nach Rennthier und Gamme ergriffen wird, von der ich Ihnen vorhin erzählte, Landrichter Stureson. Wenn das der Fall wäre, sagte Stureson spottend, so müßte man darauf antragen, das hohe Gehalt des Schulmeisters herunterzusetzen. Mit einem festen Blicke, dessen Unbeweglichkeit den Landrichter reizte, sah ihm Olaf ins Gesicht, ohne etwas zu erwidern. Stureson hatte große Lust, ihm seine Ueberlegenheit zu beweisen, aber er verachtete das armselige Geschöpf fast noch mehr, wie er ein Gefühl des Widerwillens empfand und unterdrückte. -- Der Schulmeister war seines Vorgängers Schützling und Pflegesohn, schon deßwegen mochte er ihn nicht, aber es lag auch etwas in seinem Wesen und seinem Ansehen, das er nicht leiden konnte. Wäre dieser Lappe gewesen, wie sonst Lappen sind, mongolisch zusammengedrückt, mit breiter Nase und röthlichen Katzenaugen, dabei kriechend demüthig und ekelhaft schmutzig, so würde er ihn vielleicht belustigt haben; allein dies seltene Exemplar, an welchem sich die Bildungsfähigkeit seines Stammes offenbaren sollte, schien mit besonderem Selbstgefühl und Ansprüchen begabt zu sein. Wenn es wahr ist, daß geistiges Leben die nehmen es ihm ab, wenn sie dann und wann zum Besuch kommen; oder er trägt es ihnen hinauf, wenn er, wie kürzlich erst, von der Sehnsucht nach Rennthier und Gamme ergriffen wird, von der ich Ihnen vorhin erzählte, Landrichter Stureson. Wenn das der Fall wäre, sagte Stureson spottend, so müßte man darauf antragen, das hohe Gehalt des Schulmeisters herunterzusetzen. Mit einem festen Blicke, dessen Unbeweglichkeit den Landrichter reizte, sah ihm Olaf ins Gesicht, ohne etwas zu erwidern. Stureson hatte große Lust, ihm seine Ueberlegenheit zu beweisen, aber er verachtete das armselige Geschöpf fast noch mehr, wie er ein Gefühl des Widerwillens empfand und unterdrückte. — Der Schulmeister war seines Vorgängers Schützling und Pflegesohn, schon deßwegen mochte er ihn nicht, aber es lag auch etwas in seinem Wesen und seinem Ansehen, das er nicht leiden konnte. Wäre dieser Lappe gewesen, wie sonst Lappen sind, mongolisch zusammengedrückt, mit breiter Nase und röthlichen Katzenaugen, dabei kriechend demüthig und ekelhaft schmutzig, so würde er ihn vielleicht belustigt haben; allein dies seltene Exemplar, an welchem sich die Bildungsfähigkeit seines Stammes offenbaren sollte, schien mit besonderem Selbstgefühl und Ansprüchen begabt zu sein. Wenn es wahr ist, daß geistiges Leben die <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="1"> <p><pb facs="#f0038"/> nehmen es ihm ab, wenn sie dann und wann zum Besuch kommen; oder er trägt es ihnen hinauf, wenn er, wie kürzlich erst, von der Sehnsucht nach Rennthier und Gamme ergriffen wird, von der ich Ihnen vorhin erzählte, Landrichter Stureson.</p><lb/> <p> Wenn das der Fall wäre, sagte Stureson spottend, so müßte man darauf antragen, das hohe Gehalt des Schulmeisters herunterzusetzen.</p><lb/> <p> Mit einem festen Blicke, dessen Unbeweglichkeit den Landrichter reizte, sah ihm Olaf ins Gesicht, ohne etwas zu erwidern. Stureson hatte große Lust, ihm seine Ueberlegenheit zu beweisen, aber er verachtete das armselige Geschöpf fast noch mehr, wie er ein Gefühl des Widerwillens empfand und unterdrückte. — Der Schulmeister war seines Vorgängers Schützling und Pflegesohn, schon deßwegen mochte er ihn nicht, aber es lag auch etwas in seinem Wesen und seinem Ansehen, das er nicht leiden konnte.</p><lb/> <p> Wäre dieser Lappe gewesen, wie sonst Lappen sind, mongolisch zusammengedrückt, mit breiter Nase und röthlichen Katzenaugen, dabei kriechend demüthig und ekelhaft schmutzig, so würde er ihn vielleicht belustigt haben; allein dies seltene Exemplar, an welchem sich die Bildungsfähigkeit seines Stammes offenbaren sollte, schien mit besonderem Selbstgefühl und Ansprüchen begabt zu sein.</p><lb/> <p> Wenn es wahr ist, daß geistiges Leben die<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0038]
nehmen es ihm ab, wenn sie dann und wann zum Besuch kommen; oder er trägt es ihnen hinauf, wenn er, wie kürzlich erst, von der Sehnsucht nach Rennthier und Gamme ergriffen wird, von der ich Ihnen vorhin erzählte, Landrichter Stureson.
Wenn das der Fall wäre, sagte Stureson spottend, so müßte man darauf antragen, das hohe Gehalt des Schulmeisters herunterzusetzen.
Mit einem festen Blicke, dessen Unbeweglichkeit den Landrichter reizte, sah ihm Olaf ins Gesicht, ohne etwas zu erwidern. Stureson hatte große Lust, ihm seine Ueberlegenheit zu beweisen, aber er verachtete das armselige Geschöpf fast noch mehr, wie er ein Gefühl des Widerwillens empfand und unterdrückte. — Der Schulmeister war seines Vorgängers Schützling und Pflegesohn, schon deßwegen mochte er ihn nicht, aber es lag auch etwas in seinem Wesen und seinem Ansehen, das er nicht leiden konnte.
Wäre dieser Lappe gewesen, wie sonst Lappen sind, mongolisch zusammengedrückt, mit breiter Nase und röthlichen Katzenaugen, dabei kriechend demüthig und ekelhaft schmutzig, so würde er ihn vielleicht belustigt haben; allein dies seltene Exemplar, an welchem sich die Bildungsfähigkeit seines Stammes offenbaren sollte, schien mit besonderem Selbstgefühl und Ansprüchen begabt zu sein.
Wenn es wahr ist, daß geistiges Leben die
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-15T15:04:01Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-15T15:04:01Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |