Mügge, Theodor: Am Malanger Fjord. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–176. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.besinnen. -- Es war zu spät! das fühlte sie mit jeder Minute mehr, und was hätte sie auch sagen können? Sie war in der Gewalt des Mannes, der, wenn sie ihn zurückwies, Dinge erzählen konnte, die ihres Vaters jähzornigste Wuth aufwecken mußten. Sein ganzer Ehrgeiz hing an dieser Verbindung, sein ganzer Stolz war verwachsen mit dem Gedanken, Stureson seinen Schwiegersohn zu nennen, der den Neid von Tromsöe bis Bodöe rege machte, und dessen vornehme Sippschaft ihm heimlich eben so wohl zusagte, wie der stolze, gewaltige Landrichter selbst. Stureson wandte alle seine Sanftmuth und alle Ueberredungskünste an, um Mary heiter zu stimmen und die Furcht zu zerstreuen, welche sie so sichtlich beherrschte. Es gelang ihm im Laufe des Tages wenigstens in so weit, daß sie, in Unvermeidliches sich ergebend, geduldig anhörte, was er versprach und bat, seine frohen Blicke mit einem schwachen Lächeln erwiderte und sich anstrengte, ihr inneres Widerstreben zu überwinden und den Zukunftsträumen zu folgen, welche Stureson ihr mit lustigen Farben ausmalte. Er ging mit ihr durch das Gärtchen und auf dem Rasengrund des Gaards umher und zeigte ihr die Zukunft so glänzend, daß sie Freude daran haben mußte. Der Malanger Fjord mit seinen wilden Bergen verschwand vor den Reisen, die er mit ihr machen wollte. Sie sollte Deutschland sehen, Frankreich, Paris, in Italien sich selbst Orangen pflücken, und besinnen. — Es war zu spät! das fühlte sie mit jeder Minute mehr, und was hätte sie auch sagen können? Sie war in der Gewalt des Mannes, der, wenn sie ihn zurückwies, Dinge erzählen konnte, die ihres Vaters jähzornigste Wuth aufwecken mußten. Sein ganzer Ehrgeiz hing an dieser Verbindung, sein ganzer Stolz war verwachsen mit dem Gedanken, Stureson seinen Schwiegersohn zu nennen, der den Neid von Tromsöe bis Bodöe rege machte, und dessen vornehme Sippschaft ihm heimlich eben so wohl zusagte, wie der stolze, gewaltige Landrichter selbst. Stureson wandte alle seine Sanftmuth und alle Ueberredungskünste an, um Mary heiter zu stimmen und die Furcht zu zerstreuen, welche sie so sichtlich beherrschte. Es gelang ihm im Laufe des Tages wenigstens in so weit, daß sie, in Unvermeidliches sich ergebend, geduldig anhörte, was er versprach und bat, seine frohen Blicke mit einem schwachen Lächeln erwiderte und sich anstrengte, ihr inneres Widerstreben zu überwinden und den Zukunftsträumen zu folgen, welche Stureson ihr mit lustigen Farben ausmalte. Er ging mit ihr durch das Gärtchen und auf dem Rasengrund des Gaards umher und zeigte ihr die Zukunft so glänzend, daß sie Freude daran haben mußte. Der Malanger Fjord mit seinen wilden Bergen verschwand vor den Reisen, die er mit ihr machen wollte. Sie sollte Deutschland sehen, Frankreich, Paris, in Italien sich selbst Orangen pflücken, und <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="4"> <p><pb facs="#f0107"/> besinnen. — Es war zu spät! das fühlte sie mit jeder Minute mehr, und was hätte sie auch sagen können? </p><lb/> <p> Sie war in der Gewalt des Mannes, der, wenn sie ihn zurückwies, Dinge erzählen konnte, die ihres Vaters jähzornigste Wuth aufwecken mußten. Sein ganzer Ehrgeiz hing an dieser Verbindung, sein ganzer Stolz war verwachsen mit dem Gedanken, Stureson seinen Schwiegersohn zu nennen, der den Neid von Tromsöe bis Bodöe rege machte, und dessen vornehme Sippschaft ihm heimlich eben so wohl zusagte, wie der stolze, gewaltige Landrichter selbst. </p><lb/> <p> Stureson wandte alle seine Sanftmuth und alle Ueberredungskünste an, um Mary heiter zu stimmen und die Furcht zu zerstreuen, welche sie so sichtlich beherrschte. Es gelang ihm im Laufe des Tages wenigstens in so weit, daß sie, in Unvermeidliches sich ergebend, geduldig anhörte, was er versprach und bat, seine frohen Blicke mit einem schwachen Lächeln erwiderte und sich anstrengte, ihr inneres Widerstreben zu überwinden und den Zukunftsträumen zu folgen, welche Stureson ihr mit lustigen Farben ausmalte. </p><lb/> <p> Er ging mit ihr durch das Gärtchen und auf dem Rasengrund des Gaards umher und zeigte ihr die Zukunft so glänzend, daß sie Freude daran haben mußte. Der Malanger Fjord mit seinen wilden Bergen verschwand vor den Reisen, die er mit ihr machen wollte. Sie sollte Deutschland sehen, Frankreich, Paris, in Italien sich selbst Orangen pflücken, und<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0107]
besinnen. — Es war zu spät! das fühlte sie mit jeder Minute mehr, und was hätte sie auch sagen können?
Sie war in der Gewalt des Mannes, der, wenn sie ihn zurückwies, Dinge erzählen konnte, die ihres Vaters jähzornigste Wuth aufwecken mußten. Sein ganzer Ehrgeiz hing an dieser Verbindung, sein ganzer Stolz war verwachsen mit dem Gedanken, Stureson seinen Schwiegersohn zu nennen, der den Neid von Tromsöe bis Bodöe rege machte, und dessen vornehme Sippschaft ihm heimlich eben so wohl zusagte, wie der stolze, gewaltige Landrichter selbst.
Stureson wandte alle seine Sanftmuth und alle Ueberredungskünste an, um Mary heiter zu stimmen und die Furcht zu zerstreuen, welche sie so sichtlich beherrschte. Es gelang ihm im Laufe des Tages wenigstens in so weit, daß sie, in Unvermeidliches sich ergebend, geduldig anhörte, was er versprach und bat, seine frohen Blicke mit einem schwachen Lächeln erwiderte und sich anstrengte, ihr inneres Widerstreben zu überwinden und den Zukunftsträumen zu folgen, welche Stureson ihr mit lustigen Farben ausmalte.
Er ging mit ihr durch das Gärtchen und auf dem Rasengrund des Gaards umher und zeigte ihr die Zukunft so glänzend, daß sie Freude daran haben mußte. Der Malanger Fjord mit seinen wilden Bergen verschwand vor den Reisen, die er mit ihr machen wollte. Sie sollte Deutschland sehen, Frankreich, Paris, in Italien sich selbst Orangen pflücken, und
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Zitationshilfe: | Mügge, Theodor: Am Malanger Fjord. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–176. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muegge_fjord_1910/107>, abgerufen am 23.06.2024. |