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Mozart, Leopold: Versuch einer gründlichen Violinschule. Augsburg, 1756.

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Der Einleitung erster Abschnitt.
ten also durch eine nützliche Untersuchung, z. E. was für Holz zu einem Geig-
instrumente das tauglichste? Wie solches am besten auszutrocknen wäre? (d)
Ob nicht bey der Ausarbeitung das Dach und der Boden nach den Jahren (e)
einander entgegen stehen sollten? Wie die Schweislöcher des Holzes am besten
zu verschliessen seyn, und ob nicht auch der innere Theil desswegen mit Fürnüß
ganz fein zu bestreichen, und was für Fürnüß der tauglichste wäre? Hauptsäch-
lich aber, wie hoch, wie dick, u. s. f. das Dach, der Boden, und der Zarge
seyn müssen? Mit einem Worte: durch ein richtiges System, wie eigentlich die
Theile einer Geige sich gegen einander regelmässig verhalten sollen, könnten, sa-
ge ich, diese gelehrten Herren durch Hülfe der Mathematik, und mit Beyziehung
eines guten Geigenmachers die Musik ungemein verbessern.

§. 7.

Unterdessen bemühet sich ein fleissiger Violinist, sein Jnstrument durch Ver-
änderung der Seyten, des Sattels und des Stimmstockes nach Möglichkeit zu
verbessern. Hat die Violin einen grossen Körper, so werden unfehlbar grössere
Seyten von guter Wirkung seyn: ist der Körper hingegen klein, so erfordert es
eine kleinere Beseytung. (f) Der Stimmstock muß nicht zu hoch aber auch
nicht zu nieder seyn, und rechter Hand etwas weniges hinter dem Fuß des Sattels
stehen. Es ist kein geringer Vortheil den Stimmstock gut zu setzen. Man
muß ihn mit vieler Gedult öfters hin und her rücken; iedesmal durch Abspielung
verschiedener Töne auf ieder Seyte den Klang der Geige wol untersuchen, und
so lang auf diese Art fortfahren: bis man die Güte des Tones gefunden. Der
Sattel kann auch viel beytragen. Z. E. Jst der Ton gar zu schreiend und durch-
dringend, oder, so zu reden, spitzig, folglich unangenehm: so wird er mit einem
niedern, breiten, etwas dicken und sonderbar unten wenig ausgeschnittenen Sattel
gedämpfet. Jst der Ton an sich selbst schwach, still, und unterdrückt: so muß
mit einem feinen, nicht zu breiten, anbey so viel es sich thun läßt, hohen, und

unten
(d) Jch habe selbst eine Violin in Händen gehabt, deren Theile nach der Aus-
arbeitung, vor dem Zusammensetzen, mit recht gutem Erfolge im Rauch-
fang sind ausgetrocknet worden.
(e) Die Jahre nennet man die verschiedenen Züge, die sich im Holze zeigen.
(f) Bey hoher und tiefer Stimmung hat man das nämliche zu beobachten. Die
dickern Seyten taugen ganz natürlich besser zur tiefen Stimmung, gleich-
wie die feinen bey der hohen Stimmung von besserer Wirkung sind.

Der Einleitung erſter Abſchnitt.
ten alſo durch eine nuͤtzliche Unterſuchung, z. E. was fuͤr Holz zu einem Geig-
inſtrumente das tauglichſte? Wie ſolches am beſten auszutrocknen waͤre? (d)
Ob nicht bey der Ausarbeitung das Dach und der Boden nach den Jahren (e)
einander entgegen ſtehen ſollten? Wie die Schweisloͤcher des Holzes am beſten
zu verſchlieſſen ſeyn, und ob nicht auch der innere Theil deſſwegen mit Fuͤrnuͤß
ganz fein zu beſtreichen, und was fuͤr Fuͤrnuͤß der tauglichſte waͤre? Hauptſaͤch-
lich aber, wie hoch, wie dick, u. ſ. f. das Dach, der Boden, und der Zarge
ſeyn muͤſſen? Mit einem Worte: durch ein richtiges Syſtem, wie eigentlich die
Theile einer Geige ſich gegen einander regelmaͤſſig verhalten ſollen, koͤnnten, ſa-
ge ich, dieſe gelehrten Herren durch Huͤlfe der Mathematik, und mit Beyziehung
eines guten Geigenmachers die Muſik ungemein verbeſſern.

§. 7.

Unterdeſſen bemuͤhet ſich ein fleiſſiger Violiniſt, ſein Jnſtrument durch Ver-
aͤnderung der Seyten, des Sattels und des Stimmſtockes nach Moͤglichkeit zu
verbeſſern. Hat die Violin einen groſſen Koͤrper, ſo werden unfehlbar groͤſſere
Seyten von guter Wirkung ſeyn: iſt der Koͤrper hingegen klein, ſo erfordert es
eine kleinere Beſeytung. (f) Der Stimmſtock muß nicht zu hoch aber auch
nicht zu nieder ſeyn, und rechter Hand etwas weniges hinter dem Fuß des Sattels
ſtehen. Es iſt kein geringer Vortheil den Stimmſtock gut zu ſetzen. Man
muß ihn mit vieler Gedult oͤfters hin und her ruͤcken; iedesmal durch Abſpielung
verſchiedener Toͤne auf ieder Seyte den Klang der Geige wol unterſuchen, und
ſo lang auf dieſe Art fortfahren: bis man die Guͤte des Tones gefunden. Der
Sattel kann auch viel beytragen. Z. E. Jſt der Ton gar zu ſchreiend und durch-
dringend, oder, ſo zu reden, ſpitzig, folglich unangenehm: ſo wird er mit einem
niedern, breiten, etwas dicken und ſonderbar unten wenig ausgeſchnittenen Sattel
gedaͤmpfet. Jſt der Ton an ſich ſelbſt ſchwach, ſtill, und unterdruͤckt: ſo muß
mit einem feinen, nicht zu breiten, anbey ſo viel es ſich thun laͤßt, hohen, und

unten
(d) Jch habe ſelbſt eine Violin in Haͤnden gehabt, deren Theile nach der Aus-
arbeitung, vor dem Zuſammenſetzen, mit recht gutem Erfolge im Rauch-
fang ſind ausgetrocknet worden.
(e) Die Jahre nennet man die verſchiedenen Zuͤge, die ſich im Holze zeigen.
(f) Bey hoher und tiefer Stimmung hat man das naͤmliche zu beobachten. Die
dickern Seyten taugen ganz natuͤrlich beſſer zur tiefen Stimmung, gleich-
wie die feinen bey der hohen Stimmung von beſſerer Wirkung ſind.
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[8/0030] Der Einleitung erſter Abſchnitt. ten alſo durch eine nuͤtzliche Unterſuchung, z. E. was fuͤr Holz zu einem Geig- inſtrumente das tauglichſte? Wie ſolches am beſten auszutrocknen waͤre? (d) Ob nicht bey der Ausarbeitung das Dach und der Boden nach den Jahren (e) einander entgegen ſtehen ſollten? Wie die Schweisloͤcher des Holzes am beſten zu verſchlieſſen ſeyn, und ob nicht auch der innere Theil deſſwegen mit Fuͤrnuͤß ganz fein zu beſtreichen, und was fuͤr Fuͤrnuͤß der tauglichſte waͤre? Hauptſaͤch- lich aber, wie hoch, wie dick, u. ſ. f. das Dach, der Boden, und der Zarge ſeyn muͤſſen? Mit einem Worte: durch ein richtiges Syſtem, wie eigentlich die Theile einer Geige ſich gegen einander regelmaͤſſig verhalten ſollen, koͤnnten, ſa- ge ich, dieſe gelehrten Herren durch Huͤlfe der Mathematik, und mit Beyziehung eines guten Geigenmachers die Muſik ungemein verbeſſern. §. 7. Unterdeſſen bemuͤhet ſich ein fleiſſiger Violiniſt, ſein Jnſtrument durch Ver- aͤnderung der Seyten, des Sattels und des Stimmſtockes nach Moͤglichkeit zu verbeſſern. Hat die Violin einen groſſen Koͤrper, ſo werden unfehlbar groͤſſere Seyten von guter Wirkung ſeyn: iſt der Koͤrper hingegen klein, ſo erfordert es eine kleinere Beſeytung. (f) Der Stimmſtock muß nicht zu hoch aber auch nicht zu nieder ſeyn, und rechter Hand etwas weniges hinter dem Fuß des Sattels ſtehen. Es iſt kein geringer Vortheil den Stimmſtock gut zu ſetzen. Man muß ihn mit vieler Gedult oͤfters hin und her ruͤcken; iedesmal durch Abſpielung verſchiedener Toͤne auf ieder Seyte den Klang der Geige wol unterſuchen, und ſo lang auf dieſe Art fortfahren: bis man die Guͤte des Tones gefunden. Der Sattel kann auch viel beytragen. Z. E. Jſt der Ton gar zu ſchreiend und durch- dringend, oder, ſo zu reden, ſpitzig, folglich unangenehm: ſo wird er mit einem niedern, breiten, etwas dicken und ſonderbar unten wenig ausgeſchnittenen Sattel gedaͤmpfet. Jſt der Ton an ſich ſelbſt ſchwach, ſtill, und unterdruͤckt: ſo muß mit einem feinen, nicht zu breiten, anbey ſo viel es ſich thun laͤßt, hohen, und unten (d) Jch habe ſelbſt eine Violin in Haͤnden gehabt, deren Theile nach der Aus- arbeitung, vor dem Zuſammenſetzen, mit recht gutem Erfolge im Rauch- fang ſind ausgetrocknet worden. (e) Die Jahre nennet man die verſchiedenen Zuͤge, die ſich im Holze zeigen. (f) Bey hoher und tiefer Stimmung hat man das naͤmliche zu beobachten. Die dickern Seyten taugen ganz natuͤrlich beſſer zur tiefen Stimmung, gleich- wie die feinen bey der hohen Stimmung von beſſerer Wirkung ſind.

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Zitationshilfe: Mozart, Leopold: Versuch einer gründlichen Violinschule. Augsburg, 1756, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mozart_violinschule_1756/30>, abgerufen am 01.05.2024.