gesagt hat: "Die unersättliche Ruhmbegierde ist Schuld daran, dass insgemein die Vorsehung durch die glücklichste Genies das wenigste Gute in der Welt ausrichten kann. Sie fallen gleich auss Grosse, und lassen der Vorsicht nicht Zeit, die im Verborgenen aus dem Kleinen die grös- seste Werke nach und nach zu Stande bringt. Ihre Hitze verderbt Alles; und sie verlassen sich ganz und gar auf ihre Kräfte, und besteigen aus Verwegenheit die gefährlichsten Höhen".
Um eine gute Handlung loben zu können, müssten die Herren sie selbst gethan haben; daran fehlt es aber gemeiniglich. Doch kann man auch vor bekannt annehmen: Quod quis per alium facit, id ipse fecisse putatur. Man kann immer einen Fürsten loben, wenn er auch das Gute nur geschehen lässt und nicht hindert, wenn gleich sein besserer Minister sich Tage und Stunden lang mit ihm herumzanken, und schwizen muss, biss er ihn überzeuget, überre- det, biss er's endlich errungen hat.
Sie müssen ferner die auf Lob Ansprache ma- chen wollende Handlung, wo nicht ganz frey- willig, doch gutwillig, wo nicht con amore,
gesagt hat: „Die unersättliche Ruhmbegierde ist Schuld daran, daſs insgemein die Vorsehung durch die glücklichste Genies das wenigste Gute in der Welt ausrichten kann. Sie fallen gleich auſs Groſse, und lassen der Vorsicht nicht Zeit, die im Verborgenen aus dem Kleinen die grös- seste Werke nach und nach zu Stande bringt. Ihre Hitze verderbt Alles; und sie verlassen sich ganz und gar auf ihre Kräfte, und besteigen aus Verwegenheit die gefährlichsten Höhen„.
Um eine gute Handlung loben zu können, müſsten die Herren sie selbst gethan haben; daran fehlt es aber gemeiniglich. Doch kann man auch vor bekannt annehmen: Quod quis per alium facit, id ipse fecisse putatur. Man kann immer einen Fürsten loben, wenn er auch das Gute nur geschehen läſst und nicht hindert, wenn gleich sein besserer Minister sich Tage und Stunden lang mit ihm herumzanken, und schwizen muſs, biſs er ihn überzeuget, überre- det, biſs er’s endlich errungen hat.
Sie müssen ferner die auf Lob Ansprache ma- chen wollende Handlung, wo nicht ganz frey- willig, doch gutwillig, wo nicht con amore,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0084"n="78"/>
gesagt hat: „Die unersättliche Ruhmbegierde<lb/>
ist Schuld daran, daſs insgemein die Vorsehung<lb/>
durch die glücklichste Genies das wenigste Gute<lb/>
in der Welt ausrichten kann. Sie fallen gleich<lb/>
auſs Groſse, und lassen der Vorsicht nicht Zeit,<lb/>
die im Verborgenen aus dem Kleinen die grös-<lb/>
seste Werke <hirendition="#i"><hirendition="#g">nach und nach</hi></hi> zu Stande bringt.<lb/>
Ihre <hirendition="#i"><hirendition="#g">Hitze</hi></hi> verderbt Alles; und sie verlassen sich<lb/>
ganz und gar auf ihre Kräfte, und besteigen aus<lb/>
Verwegenheit die gefährlichsten Höhen„.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Um eine gute Handlung loben zu können,<lb/>
müſsten die Herren sie <hirendition="#i"><hirendition="#g">selbst</hi></hi> gethan haben;<lb/>
daran fehlt es aber gemeiniglich. Doch kann<lb/>
man auch vor bekannt annehmen: <hirendition="#i">Quod quis<lb/>
per alium facit, id ipse fecisse <hirendition="#g">putatur</hi>.</hi> Man<lb/>
kann immer einen Fürsten loben, wenn er auch<lb/>
das Gute nur geschehen läſst und nicht hindert,<lb/>
wenn gleich sein besserer Minister sich Tage<lb/>
und Stunden lang mit ihm herumzanken, und<lb/>
schwizen muſs, biſs er ihn überzeuget, überre-<lb/>
det, biſs er’s endlich errungen hat.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Sie müssen ferner die auf Lob Ansprache ma-<lb/>
chen wollende Handlung, wo nicht ganz frey-<lb/>
willig, doch <hirendition="#i"><hirendition="#g">gutwillig</hi>,</hi> wo nicht <hirendition="#i">con amore,</hi><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[78/0084]
gesagt hat: „Die unersättliche Ruhmbegierde
ist Schuld daran, daſs insgemein die Vorsehung
durch die glücklichste Genies das wenigste Gute
in der Welt ausrichten kann. Sie fallen gleich
auſs Groſse, und lassen der Vorsicht nicht Zeit,
die im Verborgenen aus dem Kleinen die grös-
seste Werke nach und nach zu Stande bringt.
Ihre Hitze verderbt Alles; und sie verlassen sich
ganz und gar auf ihre Kräfte, und besteigen aus
Verwegenheit die gefährlichsten Höhen„.
Um eine gute Handlung loben zu können,
müſsten die Herren sie selbst gethan haben;
daran fehlt es aber gemeiniglich. Doch kann
man auch vor bekannt annehmen: Quod quis
per alium facit, id ipse fecisse putatur. Man
kann immer einen Fürsten loben, wenn er auch
das Gute nur geschehen läſst und nicht hindert,
wenn gleich sein besserer Minister sich Tage
und Stunden lang mit ihm herumzanken, und
schwizen muſs, biſs er ihn überzeuget, überre-
det, biſs er’s endlich errungen hat.
Sie müssen ferner die auf Lob Ansprache ma-
chen wollende Handlung, wo nicht ganz frey-
willig, doch gutwillig, wo nicht con amore,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/84>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.