Den Ehren-Nahmen: Der Grosse, haben die Könige vornehmlich den Bischöfen, den Mön- chen und den Chroniken- und Annalen-Schrei- bern in den Klöstern zu verdanken. Durch sie haben wir Theodosius den Grossen, Carl den Grossen, Otto, Constantin, und noch mehrere andere Grosse bekommen, deren wahre Grösse sich aber zum Theil in einer Nussschale verber- gen liesse. Je freygebiger ein König dieser Zeit gegen die Kirche, die Klöster und Geist- lichen war, je sicherer konnte er auf diesen Nachruhm Ansprache machen; und konnte er nicht just Magnus heissen, so wurde er doch mit dem Lobspruch: Pius, beehret.
Nach ihnen folgten, oder zu ihnen gesellten sich alle Gattungen von Schmeichlern und Lob- lügnern. Je unverschämter, je hungriger ei- ner war, je verschwenderischer war er mit Austheilung seiner Lobsprüche, zumahlen bey einem eitlen und ehrgeizigen Herrn, der sich mit diesen Zephyrs von Lob nur um so gieri- ger abkühlte, je mehr ihm sein inneres Bewusst- seyn sagte, wie wenig er es verdiene. So fiel, um nur mit Einem Beyspiel das Gesagte zu belegen, König Philipp dem IV. in Spa-
Den Ehren-Nahmen: Der Grosse, haben die Könige vornehmlich den Bischöfen, den Mön- chen und den Chroniken- und Annalen-Schrei- bern in den Klöstern zu verdanken. Durch sie haben wir Theodosius den Grossen, Carl den Grossen, Otto, Constantin, und noch mehrere andere Grosse bekommen, deren wahre Gröſse sich aber zum Theil in einer Nuſsschale verber- gen liesse. Je freygebiger ein König dieser Zeit gegen die Kirche, die Klöster und Geist- lichen war, je sicherer konnte er auf diesen Nachruhm Ansprache machen; und konnte er nicht just Magnus heissen, so wurde er doch mit dem Lobspruch: Pius, beehret.
Nach ihnen folgten, oder zu ihnen gesellten sich alle Gattungen von Schmeichlern und Lob- lügnern. Je unverschämter, je hungriger ei- ner war, je verschwenderischer war er mit Austheilung seiner Lobsprüche, zumahlen bey einem eitlen und ehrgeizigen Herrn, der sich mit diesen Zephyrs von Lob nur um so gieri- ger abkühlte, je mehr ihm sein inneres Bewuſst- seyn sagte, wie wenig er es verdiene. So fiel, um nur mit Einem Beyspiel das Gesagte zu belegen, König Philipp dem IV. in Spa-
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Den Ehren-Nahmen: Der Grosse, haben die
Könige vornehmlich den Bischöfen, den Mön-
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bern in den Klöstern zu verdanken. Durch sie
haben wir Theodosius den Grossen, Carl den
Grossen, Otto, Constantin, und noch mehrere
andere Grosse bekommen, deren wahre Gröſse
sich aber zum Theil in einer Nuſsschale verber-
gen liesse. Je freygebiger ein König dieser
Zeit gegen die Kirche, die Klöster und Geist-
lichen war, je sicherer konnte er auf diesen
Nachruhm Ansprache machen; und konnte er
nicht just Magnus heissen, so wurde er doch
mit dem Lobspruch: Pius, beehret.
Nach ihnen folgten, oder zu ihnen gesellten
sich alle Gattungen von Schmeichlern und Lob-
lügnern. Je unverschämter, je hungriger ei-
ner war, je verschwenderischer war er mit
Austheilung seiner Lobsprüche, zumahlen bey
einem eitlen und ehrgeizigen Herrn, der sich
mit diesen Zephyrs von Lob nur um so gieri-
ger abkühlte, je mehr ihm sein inneres Bewuſst-
seyn sagte, wie wenig er es verdiene. So
fiel, um nur mit Einem Beyspiel das Gesagte
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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/180>, abgerufen am 22.11.2024.
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