Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

theil ziehen kann. Aus dieser Ursache behal-
ten sie, den einigen Fall von Untreue ausge-
nommen, ihre Ministers mit ihren guten und
schlechten Eigenschaften, und ziehen die, wel-
che sie einmahl haben, denen vor, welche sie
erst bekommen könnten; ungefähr so, wie ge-
schickte Musiker ein Instrument, dessen Stär-
ke und Schwäche sie einmahl kennen, lieber
spielen, als ein neues, dessen Güte ihnen noch
unbekannt ist".

Sollte man zum Schluss dieser Betrachtung
die Frage aufwersen: Ob die vorigen oder die
jezigen Könige und Fürsten mehr Gedult üben
müssen? so möchte die Wagschaale ziemlich
im Gleichgewicht stehen; die einigen Plagen
und Hudeleyen ausgenommen, welche vor Zei-
ten die Deutschen Könige und Fürsten, zum
Theil in schreklichem Maasse, von den Päbsten
und der übrigen Clerisey zu erdulden gehabt
haben.

Wenn man aber die ungeheuren Lasten und
Sorgen im Ganzen überdenkt, welche alle Herr-
scher der Völker zu tragen haben, und anderer
Seits dagegen ansieht, wie leicht und gemäch-
lich sichs die meisten von ihnen machen; wie

theil ziehen kann. Aus dieser Ursache behal-
ten sie, den einigen Fall von Untreue ausge-
nommen, ihre Ministers mit ihren guten und
schlechten Eigenschaften, und ziehen die, wel-
che sie einmahl haben, denen vor, welche sie
erst bekommen könnten; ungefähr so, wie ge-
schickte Musiker ein Instrument, dessen Stär-
ke und Schwäche sie einmahl kennen, lieber
spielen, als ein neues, dessen Güte ihnen noch
unbekannt ist„.

Sollte man zum Schluſs dieser Betrachtung
die Frage aufwersen: Ob die vorigen oder die
jezigen Könige und Fürsten mehr Gedult üben
müssen? so möchte die Wagschaale ziemlich
im Gleichgewicht stehen; die einigen Plagen
und Hudeleyen ausgenommen, welche vor Zei-
ten die Deutschen Könige und Fürsten, zum
Theil in schreklichem Maaſse, von den Päbsten
und der übrigen Clerisey zu erdulden gehabt
haben.

Wenn man aber die ungeheuren Lasten und
Sorgen im Ganzen überdenkt, welche alle Herr-
scher der Völker zu tragen haben, und anderer
Seits dagegen ansieht, wie leicht und gemäch-
lich sichs die meisten von ihnen machen; wie

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0174" n="168"/>
theil ziehen kann. Aus dieser Ursache behal-<lb/>
ten sie, den einigen Fall von Untreue ausge-<lb/>
nommen, ihre Ministers mit ihren guten und<lb/>
schlechten Eigenschaften, und ziehen die, wel-<lb/>
che sie einmahl haben, denen vor, welche sie<lb/>
erst bekommen könnten; ungefähr so, wie ge-<lb/>
schickte Musiker ein Instrument, dessen Stär-<lb/>
ke und Schwäche sie einmahl kennen, lieber<lb/>
spielen, als ein neues, dessen Güte ihnen noch<lb/>
unbekannt ist&#x201E;.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <p>Sollte man zum Schlu&#x017F;s dieser Betrachtung<lb/>
die Frage aufwersen: Ob die vorigen oder die<lb/>
jezigen Könige und Fürsten mehr Gedult üben<lb/>
müssen? so möchte die Wagschaale ziemlich<lb/>
im Gleichgewicht stehen; die einigen Plagen<lb/>
und Hudeleyen ausgenommen, welche vor Zei-<lb/>
ten die Deutschen Könige und Fürsten, zum<lb/>
Theil in schreklichem Maa&#x017F;se, von den Päbsten<lb/>
und der übrigen Clerisey zu erdulden gehabt<lb/>
haben.</p><lb/>
          <p>Wenn man aber die ungeheuren Lasten und<lb/>
Sorgen im Ganzen überdenkt, welche alle Herr-<lb/>
scher der Völker zu tragen haben, und anderer<lb/>
Seits dagegen ansieht, wie leicht und gemäch-<lb/>
lich sichs die meisten von ihnen machen; wie<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[168/0174] theil ziehen kann. Aus dieser Ursache behal- ten sie, den einigen Fall von Untreue ausge- nommen, ihre Ministers mit ihren guten und schlechten Eigenschaften, und ziehen die, wel- che sie einmahl haben, denen vor, welche sie erst bekommen könnten; ungefähr so, wie ge- schickte Musiker ein Instrument, dessen Stär- ke und Schwäche sie einmahl kennen, lieber spielen, als ein neues, dessen Güte ihnen noch unbekannt ist„. Sollte man zum Schluſs dieser Betrachtung die Frage aufwersen: Ob die vorigen oder die jezigen Könige und Fürsten mehr Gedult üben müssen? so möchte die Wagschaale ziemlich im Gleichgewicht stehen; die einigen Plagen und Hudeleyen ausgenommen, welche vor Zei- ten die Deutschen Könige und Fürsten, zum Theil in schreklichem Maaſse, von den Päbsten und der übrigen Clerisey zu erdulden gehabt haben. Wenn man aber die ungeheuren Lasten und Sorgen im Ganzen überdenkt, welche alle Herr- scher der Völker zu tragen haben, und anderer Seits dagegen ansieht, wie leicht und gemäch- lich sichs die meisten von ihnen machen; wie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/174
Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/174>, abgerufen am 18.05.2024.