Glück ist es vor jedes Reich, Haus und Land, wenn die Kron- und Erb-Prinzen erst in reifen Jahren zur Regierung kommen; erst über ihre Amt und Pflichten nachdenken, erst warten lernen müssen. Das Privilegium der Güldenen Bulle, welches die Chur-Prinzen, und das gleich- mässige einiger alt-fürstlichen Häuser, das die Erb-Prinzen mit dem achtzehnden Jahr für re- gierungsfähig erklärt, ist daher für die gesunde Vernunft empörend und konnte nur aus dem Gehirn eines herrschsüchtigen oder geldgeizi- gen Reichs-Ministers kommen, da die Natur seit Erschaffung der Welt keinen solchen Sprung ge- than, um dem Knaben-Alter Manns-Weisheit beyzulegen.
Wie ehrwürdig, ja Gott ähnlich, diese Tu- gend einen Fürsten mache, zeiget sich endlich in der Gedult, welche sie mit ihren Ministern, Räthen und Dienern haben; wenn sie nicht nur ihre Schwachheiten, Kränklichkeiten, Eigen- sinn, Eigenheiten, Gemächlichkeiten, Träghei- ten, Zerstreuungen, üble Launen u. d. g. um ihrer übrigen guten und brauchbaren Eigenschaf- ten willen ertragen, und sich das: Nihil hu- mani a me alienum puto, auch in Anwen-
Glück ist es vor jedes Reich, Haus und Land, wenn die Kron- und Erb-Prinzen erst in reifen Jahren zur Regierung kommen; erst über ihre Amt und Pflichten nachdenken, erst warten lernen müssen. Das Privilegium der Güldenen Bulle, welches die Chur-Prinzen, und das gleich- mäſsige einiger alt-fürstlichen Häuser, das die Erb-Prinzen mit dem achtzehnden Jahr für re- gierungsfähig erklärt, ist daher für die gesunde Vernunft empörend und konnte nur aus dem Gehirn eines herrschsüchtigen oder geldgeizi- gen Reichs-Ministers kommen, da die Natur seit Erschaffung der Welt keinen solchen Sprung ge- than, um dem Knaben-Alter Manns-Weisheit beyzulegen.
Wie ehrwürdig, ja Gott ähnlich, diese Tu- gend einen Fürsten mache, zeiget sich endlich in der Gedult, welche sie mit ihren Ministern, Räthen und Dienern haben; wenn sie nicht nur ihre Schwachheiten, Kränklichkeiten, Eigen- sinn, Eigenheiten, Gemächlichkeiten, Träghei- ten, Zerstreuungen, üble Launen u. d. g. um ihrer übrigen guten und brauchbaren Eigenschaf- ten willen ertragen, und sich das: Nihil hu- mani a me alienum puto, auch in Anwen-
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Glück ist es vor jedes Reich, Haus und Land,
wenn die Kron- und Erb-Prinzen erst in reifen
Jahren zur Regierung kommen; erst über ihre
Amt und Pflichten nachdenken, erst warten
lernen müssen. Das Privilegium der Güldenen
Bulle, welches die Chur-Prinzen, und das gleich-
mäſsige einiger alt-fürstlichen Häuser, das die
Erb-Prinzen mit dem achtzehnden Jahr für re-
gierungsfähig erklärt, ist daher für die gesunde
Vernunft empörend und konnte nur aus dem
Gehirn eines herrschsüchtigen oder geldgeizi-
gen Reichs-Ministers kommen, da die Natur seit
Erschaffung der Welt keinen solchen Sprung ge-
than, um dem Knaben-Alter Manns-Weisheit
beyzulegen.
Wie ehrwürdig, ja Gott ähnlich, diese Tu-
gend einen Fürsten mache, zeiget sich endlich
in der Gedult, welche sie mit ihren Ministern,
Räthen und Dienern haben; wenn sie nicht nur
ihre Schwachheiten, Kränklichkeiten, Eigen-
sinn, Eigenheiten, Gemächlichkeiten, Träghei-
ten, Zerstreuungen, üble Launen u. d. g. um
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ten willen ertragen, und sich das: Nihil hu-
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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/168>, abgerufen am 25.11.2024.
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