ist, aus dessen Munde es kommt. Wie schön lobten sich Friedrich der Grosse und sein phi- losophischer Freund von Suhm wechselsweise! Wie plump hingegen lobte den König der schmeichelnde Voltaire, wie kriechend und furchtsam sein Jordan, Argens und selbst d'Alembert!
Ich kenne selbst einen Mann, der als Gesand- ter eines Deutschen Hofs dem Kayser Joseph II. nach angetretener Reichs-Regierung Glück wün- schen sollte, und ihn bey der ersten Audienz also anredte: Allergnädigster liebenswürdig- ster Kayser! Der Monarch war über diese da- mahls mit vollem Recht verdiente feine Wendung dermaassen gerührt, dass er sogleich nach der Audienz zu seiner Frau Mutter der Kayserin- Königin Maria Theresia eilte, und Ihr mit Freu- den erzählte: "Ihro Majestät, ich habe heute "einen neuen Titel gekriegt", und auch in der Folge diesen Mann mit ausgezeichneten Bewei- sen seiner Huld und Vertrauens beehrte.
Eine Schmeicheley hingegen ist bald ein einschläferndes Opium, bald ein würklich töd- tendes Gift, eine langsam auflösende Aqua To- fana. Alles kommt dabey auf die Stärke oder Ner-
ist, aus dessen Munde es kommt. Wie schön lobten sich Friedrich der Groſse und sein phi- losophischer Freund von Suhm wechselsweise! Wie plump hingegen lobte den König der schmeichelnde Voltaire, wie kriechend und furchtsam sein Jordan, Argens und selbst d’Alembert!
Ich kenne selbst einen Mann, der als Gesand- ter eines Deutschen Hofs dem Kayser Joseph II. nach angetretener Reichs-Regierung Glück wün- schen sollte, und ihn bey der ersten Audienz also anredte: Allergnädigster liebenswürdig- ster Kayser! Der Monarch war über diese da- mahls mit vollem Recht verdiente feine Wendung dermaaſsen gerührt, daſs er sogleich nach der Audienz zu seiner Frau Mutter der Kayserin- Königin Maria Theresia eilte, und Ihr mit Freu- den erzählte: „Ihro Majestät, ich habe heute „einen neuen Titel gekriegt„, und auch in der Folge diesen Mann mit ausgezeichneten Bewei- sen seiner Huld und Vertrauens beehrte.
Eine Schmeicheley hingegen ist bald ein einschläferndes Opium, bald ein würklich töd- tendes Gift, eine langsam auflösende Aqua To- fana. Alles kommt dabey auf die Stärke oder Ner-
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ist, aus dessen Munde es kommt. Wie schön
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losophischer Freund von Suhm wechselsweise!
Wie plump hingegen lobte den König der
schmeichelnde Voltaire, wie kriechend und
furchtsam sein Jordan, Argens und selbst
d’Alembert!
Ich kenne selbst einen Mann, der als Gesand-
ter eines Deutschen Hofs dem Kayser Joseph II.
nach angetretener Reichs-Regierung Glück wün-
schen sollte, und ihn bey der ersten Audienz
also anredte: Allergnädigster liebenswürdig-
ster Kayser! Der Monarch war über diese da-
mahls mit vollem Recht verdiente feine Wendung
dermaaſsen gerührt, daſs er sogleich nach der
Audienz zu seiner Frau Mutter der Kayserin-
Königin Maria Theresia eilte, und Ihr mit Freu-
den erzählte: „Ihro Majestät, ich habe heute
„einen neuen Titel gekriegt„, und auch in der
Folge diesen Mann mit ausgezeichneten Bewei-
sen seiner Huld und Vertrauens beehrte.
Eine Schmeicheley hingegen ist bald ein
einschläferndes Opium, bald ein würklich töd-
tendes Gift, eine langsam auflösende Aqua To-
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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/104>, abgerufen am 22.11.2024.
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