Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

freye Menschen, bilden, so werden uns
sehr viele Fürsten Dank wissen
,
und sie
werden unsere Zöglinge mit Vergnügen auf-
nehmen".

Zum Seitenstück dieser paradiesischen Hof-
nung mag folgende kleine Anecdote dienen:
Der um das Jahr 1760 verstorbene selige Ge-
heime Rath von P * *, ein frommer Mann, der
aber im Rathgeben und Umgang eine ganz ei-
gene Denkens- und Darstellungs-Art hatte,
pflegte alle Morgen, vor dem Antritt seiner
Geschäfte, in der Bibel zu lesen. Einst kam
er in dem zweyten Brief Pauli an die Corinther
auf die Stelle, wo der Apostel von sich schreibt:
"Ich habe oft gereiset ich bin in Gefahren ge-
wesen zu Wasser, -- unter den Mördern, --
unter den Juden, -- unter den Heyden, -- in
Städten, -- in der Wüsten, -- auf dem Meer, --
unter den falschen Brüdern -- in Mühe und
Arbeit u. s. w." "Das ist alle gut, (rief er
aus,) "lieber Paulus, bist du aber auch in * *
gewesen? Wenn du da nicht gewesen bist, so
hast du noch nicht das schlimmste erfahren".


Dass im Jahr 1776. Tyrannen in Europa und
nahmentlich in Deutschland selten gewesen sind,

freye Menschen, bilden, so werden uns
sehr viele Fürsten Dank wissen
,
und sie
werden unsere Zöglinge mit Vergnügen auf-
nehmen„.

Zum Seitenstück dieser paradiesischen Hof-
nung mag folgende kleine Anecdote dienen:
Der um das Jahr 1760 verstorbene selige Ge-
heime Rath von P * *, ein frommer Mann, der
aber im Rathgeben und Umgang eine ganz ei-
gene Denkens- und Darstellungs-Art hatte,
pflegte alle Morgen, vor dem Antritt seiner
Geschäfte, in der Bibel zu lesen. Einst kam
er in dem zweyten Brief Pauli an die Corinther
auf die Stelle, wo der Apostel von sich schreibt:
„Ich habe oft gereiset ich bin in Gefahren ge-
wesen zu Wasser, — unter den Mördern, —
unter den Juden, — unter den Heyden, — in
Städten, — in der Wüsten, — auf dem Meer, —
unter den falschen Brüdern — in Mühe und
Arbeit u. s. w.„ „Das ist alle gut, (rief er
aus,) „lieber Paulus, bist du aber auch in * *
gewesen? Wenn du da nicht gewesen bist, so
hast du noch nicht das schlimmste erfahren„.


Daſs im Jahr 1776. Tyrannen in Europa und
nahmentlich in Deutschland selten gewesen sind,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><hi rendition="#i"><pb facs="#f0192" n="186"/><hi rendition="#g">freye Menschen, bilden, so werden uns<lb/>
sehr viele Fürsten Dank wissen</hi>,</hi> und sie<lb/>
werden unsere Zöglinge mit Vergnügen auf-<lb/>
nehmen&#x201E;.</p><lb/>
        <p>Zum Seitenstück dieser paradiesischen Hof-<lb/>
nung mag folgende kleine Anecdote dienen:<lb/>
Der um das Jahr 1760 verstorbene selige Ge-<lb/>
heime Rath von P * *, ein frommer Mann, der<lb/>
aber im Rathgeben und Umgang eine ganz ei-<lb/>
gene Denkens- und Darstellungs-Art hatte,<lb/>
pflegte alle Morgen, vor dem Antritt seiner<lb/>
Geschäfte, in der Bibel zu lesen. Einst kam<lb/>
er in dem zweyten Brief Pauli an die Corinther<lb/>
auf die Stelle, wo der Apostel von sich schreibt:<lb/>
&#x201E;Ich habe oft gereiset ich bin in Gefahren ge-<lb/>
wesen zu Wasser, &#x2014; unter den Mördern, &#x2014;<lb/>
unter den Juden, &#x2014; unter den Heyden, &#x2014; in<lb/>
Städten, &#x2014; in der Wüsten, &#x2014; auf dem Meer, &#x2014;<lb/>
unter den falschen Brüdern &#x2014; in Mühe und<lb/>
Arbeit u. s. w.&#x201E; &#x201E;Das ist alle gut, (rief er<lb/>
aus,) &#x201E;lieber Paulus, bist du aber auch in * *<lb/>
gewesen? Wenn du da nicht gewesen bist, so<lb/>
hast du noch nicht das schlimmste erfahren&#x201E;.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p>Da&#x017F;s im Jahr 1776. Tyrannen in Europa und<lb/>
nahmentlich in Deutschland selten gewesen sind,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[186/0192] freye Menschen, bilden, so werden uns sehr viele Fürsten Dank wissen, und sie werden unsere Zöglinge mit Vergnügen auf- nehmen„. Zum Seitenstück dieser paradiesischen Hof- nung mag folgende kleine Anecdote dienen: Der um das Jahr 1760 verstorbene selige Ge- heime Rath von P * *, ein frommer Mann, der aber im Rathgeben und Umgang eine ganz ei- gene Denkens- und Darstellungs-Art hatte, pflegte alle Morgen, vor dem Antritt seiner Geschäfte, in der Bibel zu lesen. Einst kam er in dem zweyten Brief Pauli an die Corinther auf die Stelle, wo der Apostel von sich schreibt: „Ich habe oft gereiset ich bin in Gefahren ge- wesen zu Wasser, — unter den Mördern, — unter den Juden, — unter den Heyden, — in Städten, — in der Wüsten, — auf dem Meer, — unter den falschen Brüdern — in Mühe und Arbeit u. s. w.„ „Das ist alle gut, (rief er aus,) „lieber Paulus, bist du aber auch in * * gewesen? Wenn du da nicht gewesen bist, so hast du noch nicht das schlimmste erfahren„. Daſs im Jahr 1776. Tyrannen in Europa und nahmentlich in Deutschland selten gewesen sind,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische01_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische01_1796/192
Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische01_1796/192>, abgerufen am 25.11.2024.