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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796.

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Sachen getrieben worden, die zum Leib-Ge-
räth eines Königs gerechnet wurden.

Ein solcher Fall wird von K. Philipp V. in
Spanien erzählt *). Er hatte in einer Krank-
heit sein Haupthaar verloren und musste sich
also eine Perrüque machen lassen, welches ei-
ne eigene Staats-Conferenz veranlasste. Der
Königliche Ober-Stallmeister, Graf Benavente,
behauptete: Die Haare dazu müssten von dem
Kopf eines Edelmans oder einer Fräulein ge-
nommen werden; und der sie verfertige, müs-
se ein bekannter Mann seyn, weil mit den
Haaren allerhand Zauberey getrieben werden
könne und man schon schreckliche Beyspiele
davon habe.


Eine ganz eigene Betrachtung liefert aber
die Wahrnehmung, wie die Grossen der Welt
mit ihrer eigenen Person, Leben, Gesund-
heit und Kräften umgehen, welche sie so be-
handeln, als kein gerechter und billiger Mann
nicht dem geringsten Menschen, ja nicht ein-
mal einem Thier, zumuthen würde. Wenn
man die persönliche Geschichte mancher Herrn

*) Memoir. de Noailles, T. II. p. 199.

Sachen getrieben worden, die zum Leib-Ge-
räth eines Königs gerechnet wurden.

Ein solcher Fall wird von K. Philipp V. in
Spanien erzählt *). Er hatte in einer Krank-
heit sein Haupthaar verloren und muſste sich
also eine Perrüque machen lassen, welches ei-
ne eigene Staats-Conferenz veranlaſste. Der
Königliche Ober-Stallmeister, Graf Benavente,
behauptete: Die Haare dazu müſsten von dem
Kopf eines Edelmans oder einer Fräulein ge-
nommen werden; und der sie verfertige, müs-
se ein bekannter Mann seyn, weil mit den
Haaren allerhand Zauberey getrieben werden
könne und man schon schreckliche Beyspiele
davon habe.


Eine ganz eigene Betrachtung liefert aber
die Wahrnehmung, wie die Groſsen der Welt
mit ihrer eigenen Person, Leben, Gesund-
heit und Kräften umgehen, welche sie so be-
handeln, als kein gerechter und billiger Mann
nicht dem geringsten Menschen, ja nicht ein-
mal einem Thier, zumuthen würde. Wenn
man die persönliche Geschichte mancher Herrn

*) Memoir. de Noailles, T. II. p. 199.
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[155/0161] Sachen getrieben worden, die zum Leib-Ge- räth eines Königs gerechnet wurden. Ein solcher Fall wird von K. Philipp V. in Spanien erzählt *). Er hatte in einer Krank- heit sein Haupthaar verloren und muſste sich also eine Perrüque machen lassen, welches ei- ne eigene Staats-Conferenz veranlaſste. Der Königliche Ober-Stallmeister, Graf Benavente, behauptete: Die Haare dazu müſsten von dem Kopf eines Edelmans oder einer Fräulein ge- nommen werden; und der sie verfertige, müs- se ein bekannter Mann seyn, weil mit den Haaren allerhand Zauberey getrieben werden könne und man schon schreckliche Beyspiele davon habe. Eine ganz eigene Betrachtung liefert aber die Wahrnehmung, wie die Groſsen der Welt mit ihrer eigenen Person, Leben, Gesund- heit und Kräften umgehen, welche sie so be- handeln, als kein gerechter und billiger Mann nicht dem geringsten Menschen, ja nicht ein- mal einem Thier, zumuthen würde. Wenn man die persönliche Geschichte mancher Herrn *) Memoir. de Noailles, T. II. p. 199.

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Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische01_1796/161>, abgerufen am 22.11.2024.