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Moser, Johann Jacob: Abgenöthigte Beleuchtung der Ignorantz und vielfältigen Unwahrheiten. [s. l.], 1731.

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gangen; Jnzwischen wird das 3te und schrifftliche Mandatum bey 50. Goldfl. Straff
erkannt und abgelassen, es kehret sich aber der Hr. Bürgermeister nicht daran, bleibt vor
wie nach halsstarrig, musten also in diesem stinckendem Loche hinhalten, da er dann auf
den Dienstag als den 17ten May die gantze Bürgerschafft in Nahmen des Hrn. Bürger-
meisters fordern ließ; Wie nun selbige erschienen, bringt er seine Rede vor, beschliessen
darauf, es solte von denen Inhafftirten allzeit einer nach dem andern herauf gehohlet wer-
den, schickten also den Wachtmeister zu uns in den Keller, sagende Hr. Gründler solte sich
anziehen und heraus vor das Verhör kommen, wir alle antworteten: Nein, wo der eine
Bürger bliebe, wolten wir alle bleiben; Zu dem Ende hätten wir gegen den Hrn. Bürger-
meister unsere Klagen auch, könten ihn nicht als Judicem annehmen, sondern hätten unsere
Sache an Jhro Bischöffl. Gnaden als unsern gehuldigten Herren gelangen lassen, wo-
von wir uns das Urthel und Recht wolten sprechen lassen, mit diesem Bescheid ging der
Wachtmeister fort, kam aber sogleich wieder und sagete, der Hr. Bürgermeister Dörrien
hätte öffentlich gesaget, er hätte kein Befehl von Jhro Bischöffl. Gnaden bekommen, son-
dern wir solten herauf kommen, wiedrigenfalls sie, als die Bürgerschafft zu andere Reme-
dia
greiffen müste: Antworteten darauf, wir wären Arrestanten, sie könten machen was
sie wolten. Worauf selbiger zum zweyten mahl wegging, kam nachmahlen zum dritten-
mahl, und sagte, so fern wir nicht fogleich herauf kämen, wolten sie uns mit Gewalt her-
auf hohlen, dieses wäre zu guter letzt gesaget, antworteten nichts anders darauf, als: Ge-
walt gehet für Recht, wann sie es Macht hätten, könten sie es nur anfangen; Eine Vier-
tel-Stunde darnach schickten sie den Bürgerbotten mit dem Bedröhen, wann wir nicht
herauf kommen wolten, solten wir noch lange hinsitzen, und wolten davon appelliren, sol-
ten alsdann nicht ehender los, bis die Sache entschieden. Wir geben selbigem gleiche Re-
solution,
blieben an Unsern Gnädigen Herren und Ober-Richter, wovon wir nicht wei-
chen wolten. Also ging dieser Sturm vorüber, des Mittwochen Abends als den 18ten
May ließ der Herr Bürgermeister Dörrien von 4. bis 6. Uhr die Bürgerschafft wieder
convociren, in Meynung sich hinter die Bürgerschafft wegen dieses herben Procedere zu
verstecken, die mehristen aber blieben aus, und die noch kommen waren, gingen sofort nach
gehörter Proposition, da solches in ihrem Krahm nicht war, auch davon, daß ohngefehr 50.
Mann droben geblieben, mit selbigen hält er Rahtschläge wie und auf was Art er sich aus
der Schlinge bringen wolle, die anwesende Herren Rahts Mitglieder schwiegen stille, end-
lich ziehet er eine Schrifft hervor, welche denen Bürgeren vorgelesen wird, daß wir selbige
unterschreiben solten, alsdann solten wir los seyn, nach gemachter Resolution nominirten
sie 3. Bürgere, als aus jeder Beuerschafft einen, aus der Schuh-beuerschafft Lülff Kronen,
aus der Goschen oder Mittelbeuerschafft Renneberg, aus der Wollenweber-Beuerschafft,
Dörrien junior samt dem Bürgerbotten, selbige kamen mit der Schrifft in Keller anmar-
chi
ret, brachteu von dem Hrn. Bürgermeister einen Gruß, auch von der Löbl. Bürger-
schafft (von 50. Mann ohngefehr, und doch der gantzen Bürgerschafft) wann wir dieses
vorzeigende schrifftliche Pactum wolten eingehen, solten wir sogleich los seyn, wiedrigenfalls
aber nicht, solten wir sitzen bis die Sache ausgemachet wäre; Wie wir nun dis gottlose
Ansinnen nur mit einem halben Auge auf 3. Zeilen angefangen durchzulesen, möchte man
für Eyffer dafür erstarret seyn, massen solches ein Ansinnen war, das von keiner Christl.
Obrigkeit und Bürgerschafft kan gebilliget, vielweniger begehret werden, lasen also solches
nicht durch, sondern sagten an den Bürgerbotten und denen 3. Abgesandten, sie solten von
Uns an den Hrn. Bürgermeister unsern Respect und an die Löbl. Bürgerschafft, welche
sich noch oben befunden, unsern Gruß vermelden, hätten aus deren abgeschickten Schrei-
ben, welches sie von uns zu unterschreiben verlanget, aus einigen Zeilen schon ersehen, was
und worüber ihr Intent wäre, solches wären wir in Ewigkeit nicht Willens zu thun.
Wolten sie aber Sr. Hoch-Bischöffl. Gnaden als Unsers Gnädigsten und Hochgebieten-
den Herren Justitz violiren und kräncken, solches müsten wir leiden, wolten solches in Ewig-
keit nicht unterschreiben, sie möchten machen was sie wollen, worauf dann die Abgeschickte
wie der fort giengen; Nach überbrachter Resolution von uns, fallen eine Suite Bürger zu,
und schreyen sie wolten uns mit Gewalt herauf hohlen, worunter einer Nahmens Tegt-
meyer vor den Tisch tritt und spricht: Jhr Herren Bürger, ich sehe daß keiner von euch
das Hertze die Anrede zu thun, so befinde ich mich capabel dazu, und hat mich GOtt die
Gnade gegeben, daß ich sprechen kan, ich sage wir wollen sie herauf hohlen, welchem eini-
ge beystimmen, einige aber nicht; Nach langen und zwar schmertzlichen Stillschweigtn fängt
endlich der Hr. Senior Böger an und sagt: Hört: ihr Tegtmeyer, wo habt ihr dann den
grossen Verstand hergenommen den ihr jetzo so frey und öffentlich dürffet hören lassen,

habt

gangen; Jnzwiſchen wird das 3te und ſchrifftliche Mandatum bey 50. Goldfl. Straff
erkannt und abgelaſſen, es kehret ſich aber der Hr. Buͤrgermeiſter nicht daran, bleibt vor
wie nach halsſtarrig, muſten alſo in dieſem ſtinckendem Loche hinhalten, da er dann auf
den Dienſtag als den 17ten May die gantze Buͤrgerſchafft in Nahmen des Hrn. Buͤrger-
meiſters fordern ließ; Wie nun ſelbige erſchienen, bringt er ſeine Rede vor, beſchlieſſen
darauf, es ſolte von denen Inhafftirten allzeit einer nach dem andern herauf gehohlet wer-
den, ſchickten alſo den Wachtmeiſter zu uns in den Keller, ſagende Hr. Gruͤndler ſolte ſich
anziehen und heraus vor das Verhoͤr kommen, wir alle antworteten: Nein, wo der eine
Buͤrger bliebe, wolten wir alle bleiben; Zu dem Ende haͤtten wir gegen den Hrn. Buͤrger-
meiſter unſere Klagen auch, koͤnten ihn nicht als Judicem annehmen, ſondern haͤtten unſere
Sache an Jhro Biſchoͤffl. Gnaden als unſern gehuldigten Herren gelangen laſſen, wo-
von wir uns das Urthel und Recht wolten ſprechen laſſen, mit dieſem Beſcheid ging der
Wachtmeiſter fort, kam aber ſogleich wieder und ſagete, der Hr. Buͤrgermeiſter Doͤrrien
haͤtte oͤffentlich geſaget, er haͤtte kein Befehl von Jhro Biſchoͤffl. Gnaden bekommen, ſon-
dern wir ſolten herauf kommen, wiedrigenfalls ſie, als die Buͤrgerſchafft zu andere Reme-
dia
greiffen muͤſte: Antworteten darauf, wir waͤren Arreſtanten, ſie koͤnten machen was
ſie wolten. Worauf ſelbiger zum zweyten mahl wegging, kam nachmahlen zum dritten-
mahl, und ſagte, ſo fern wir nicht fogleich herauf kaͤmen, wolten ſie uns mit Gewalt her-
auf hohlen, dieſes waͤre zu guter letzt geſaget, antworteten nichts anders darauf, als: Ge-
walt gehet fuͤr Recht, wann ſie es Macht haͤtten, koͤnten ſie es nur anfangen; Eine Vier-
tel-Stunde darnach ſchickten ſie den Buͤrgerbotten mit dem Bedroͤhen, wann wir nicht
herauf kommen wolten, ſolten wir noch lange hinſitzen, und wolten davon appelliren, ſol-
ten alsdann nicht ehender los, bis die Sache entſchieden. Wir geben ſelbigem gleiche Re-
ſolution,
blieben an Unſern Gnaͤdigen Herren und Ober-Richter, wovon wir nicht wei-
chen wolten. Alſo ging dieſer Sturm voruͤber, des Mittwochen Abends als den 18ten
May ließ der Herr Buͤrgermeiſter Doͤrrien von 4. bis 6. Uhr die Buͤrgerſchafft wieder
convociren, in Meynung ſich hinter die Buͤrgerſchafft wegen dieſes herben Procedere zu
verſtecken, die mehriſten aber blieben aus, und die noch kommen waren, gingen ſofort nach
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Mann droben geblieben, mit ſelbigen haͤlt er Rahtſchlaͤge wie und auf was Art er ſich aus
der Schlinge bringen wolle, die anweſende Herren Rahts Mitglieder ſchwiegen ſtille, end-
lich ziehet er eine Schrifft hervor, welche denen Buͤrgeren vorgeleſen wird, daß wir ſelbige
unterſchreiben ſolten, alsdann ſolten wir los ſeyn, nach gemachter Reſolution nominirten
ſie 3. Buͤrgere, als aus jeder Beuerſchafft einen, aus der Schuh-beuerſchafft Luͤlff Kronen,
aus der Goſchen oder Mittelbeuerſchafft Renneberg, aus der Wollenweber-Beuerſchafft,
Doͤrrien junior ſamt dem Buͤrgerbotten, ſelbige kamen mit der Schrifft in Keller anmar-
chi
ret, brachteu von dem Hrn. Buͤrgermeiſter einen Gruß, auch von der Loͤbl. Buͤrger-
ſchafft (von 50. Mann ohngefehr, und doch der gantzen Buͤrgerſchafft) wann wir dieſes
vorzeigende ſchrifftliche Pactum wolten eingehen, ſolten wir ſogleich los ſeyn, wiedrigenfalls
aber nicht, ſolten wir ſitzen bis die Sache ausgemachet waͤre; Wie wir nun dis gottloſe
Anſinnen nur mit einem halben Auge auf 3. Zeilen angefangen durchzuleſen, moͤchte man
fuͤr Eyffer dafuͤr erſtarret ſeyn, maſſen ſolches ein Anſinnen war, das von keiner Chriſtl.
Obrigkeit und Buͤrgerſchafft kan gebilliget, vielweniger begehret werden, laſen alſo ſolches
nicht durch, ſondern ſagten an den Buͤrgerbotten und denen 3. Abgeſandten, ſie ſolten von
Uns an den Hrn. Buͤrgermeiſter unſern Reſpect und an die Loͤbl. Buͤrgerſchafft, welche
ſich noch oben befunden, unſern Gruß vermelden, haͤtten aus deren abgeſchickten Schrei-
ben, welches ſie von uns zu unterſchreiben verlanget, aus einigen Zeilen ſchon erſehen, was
und woruͤber ihr Intent waͤre, ſolches waͤren wir in Ewigkeit nicht Willens zu thun.
Wolten ſie aber Sr. Hoch-Biſchoͤffl. Gnaden als Unſers Gnaͤdigſten und Hochgebieten-
den Herren Juſtitz violiren und kraͤncken, ſolches muͤſten wir leiden, wolten ſolches in Ewig-
keit nicht unterſchreiben, ſie moͤchten machen was ſie wollen, worauf dann die Abgeſchickte
wie der fort giengen; Nach uͤberbrachter Reſolution von uns, fallen eine Suite Buͤrger zu,
und ſchreyen ſie wolten uns mit Gewalt herauf hohlen, worunter einer Nahmens Tegt-
meyer vor den Tiſch tritt und ſpricht: Jhr Herren Buͤrger, ich ſehe daß keiner von euch
das Hertze die Anrede zu thun, ſo befinde ich mich capabel dazu, und hat mich GOtt die
Gnade gegeben, daß ich ſprechen kan, ich ſage wir wollen ſie herauf hohlen, welchem eini-
ge beyſtimmen, einige aber nicht; Nach langen und zwar ſchmertzlichen Stillſchweigtn faͤngt
endlich der Hr. Senior Boͤger an und ſagt: Hoͤrt: ihr Tegtmeyer, wo habt ihr dann den
groſſen Verſtand hergenommen den ihr jetzo ſo frey und oͤffentlich duͤrffet hoͤren laſſen,

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Worauf ſelbiger zum zweyten mahl wegging, kam nachmahlen zum dritten- mahl, und ſagte, ſo fern wir nicht fogleich herauf kaͤmen, wolten ſie uns mit Gewalt her- auf hohlen, dieſes waͤre zu guter letzt geſaget, antworteten nichts anders darauf, als: Ge- walt gehet fuͤr Recht, wann ſie es Macht haͤtten, koͤnten ſie es nur anfangen; Eine Vier- tel-Stunde darnach ſchickten ſie den Buͤrgerbotten mit dem Bedroͤhen, wann wir nicht herauf kommen wolten, ſolten wir noch lange hinſitzen, und wolten davon appelliren, ſol- ten alsdann nicht ehender los, bis die Sache entſchieden. Wir geben ſelbigem gleiche Re- ſolution, blieben an Unſern Gnaͤdigen Herren und Ober-Richter, wovon wir nicht wei- chen wolten. Alſo ging dieſer Sturm voruͤber, des Mittwochen Abends als den 18ten May ließ der Herr Buͤrgermeiſter Doͤrrien von 4. bis 6. Uhr die Buͤrgerſchafft wieder convociren, in Meynung ſich hinter die Buͤrgerſchafft wegen dieſes herben Procedere zu verſtecken, die mehriſten aber blieben aus, und die noch kommen waren, gingen ſofort nach gehoͤrter Propoſition, da ſolches in ihrem Krahm nicht war, auch davon, daß ohngefehr 50. Mann droben geblieben, mit ſelbigen haͤlt er Rahtſchlaͤge wie und auf was Art er ſich aus der Schlinge bringen wolle, die anweſende Herren Rahts Mitglieder ſchwiegen ſtille, end- lich ziehet er eine Schrifft hervor, welche denen Buͤrgeren vorgeleſen wird, daß wir ſelbige unterſchreiben ſolten, alsdann ſolten wir los ſeyn, nach gemachter Reſolution nominirten ſie 3. Buͤrgere, als aus jeder Beuerſchafft einen, aus der Schuh-beuerſchafft Luͤlff Kronen, aus der Goſchen oder Mittelbeuerſchafft Renneberg, aus der Wollenweber-Beuerſchafft, Doͤrrien junior ſamt dem Buͤrgerbotten, ſelbige kamen mit der Schrifft in Keller anmar- chiret, brachteu von dem Hrn. Buͤrgermeiſter einen Gruß, auch von der Loͤbl. Buͤrger- ſchafft (von 50. Mann ohngefehr, und doch der gantzen Buͤrgerſchafft) wann wir dieſes vorzeigende ſchrifftliche Pactum wolten eingehen, ſolten wir ſogleich los ſeyn, wiedrigenfalls aber nicht, ſolten wir ſitzen bis die Sache ausgemachet waͤre; Wie wir nun dis gottloſe Anſinnen nur mit einem halben Auge auf 3. Zeilen angefangen durchzuleſen, moͤchte man fuͤr Eyffer dafuͤr erſtarret ſeyn, maſſen ſolches ein Anſinnen war, das von keiner Chriſtl. Obrigkeit und Buͤrgerſchafft kan gebilliget, vielweniger begehret werden, laſen alſo ſolches nicht durch, ſondern ſagten an den Buͤrgerbotten und denen 3. Abgeſandten, ſie ſolten von Uns an den Hrn. Buͤrgermeiſter unſern Reſpect und an die Loͤbl. Buͤrgerſchafft, welche ſich noch oben befunden, unſern Gruß vermelden, haͤtten aus deren abgeſchickten Schrei- ben, welches ſie von uns zu unterſchreiben verlanget, aus einigen Zeilen ſchon erſehen, was und woruͤber ihr Intent waͤre, ſolches waͤren wir in Ewigkeit nicht Willens zu thun. Wolten ſie aber Sr. Hoch-Biſchoͤffl. Gnaden als Unſers Gnaͤdigſten und Hochgebieten- den Herren Juſtitz violiren und kraͤncken, ſolches muͤſten wir leiden, wolten ſolches in Ewig- keit nicht unterſchreiben, ſie moͤchten machen was ſie wollen, worauf dann die Abgeſchickte wie der fort giengen; Nach uͤberbrachter Reſolution von uns, fallen eine Suite Buͤrger zu, und ſchreyen ſie wolten uns mit Gewalt herauf hohlen, worunter einer Nahmens Tegt- meyer vor den Tiſch tritt und ſpricht: Jhr Herren Buͤrger, ich ſehe daß keiner von euch das Hertze die Anrede zu thun, ſo befinde ich mich capabel dazu, und hat mich GOtt die Gnade gegeben, daß ich ſprechen kan, ich ſage wir wollen ſie herauf hohlen, welchem eini- ge beyſtimmen, einige aber nicht; Nach langen und zwar ſchmertzlichen Stillſchweigtn faͤngt endlich der Hr. Senior Boͤger an und ſagt: Hoͤrt: ihr Tegtmeyer, wo habt ihr dann den groſſen Verſtand hergenommen den ihr jetzo ſo frey und oͤffentlich duͤrffet hoͤren laſſen, habt

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Zitationshilfe: Moser, Johann Jacob: Abgenöthigte Beleuchtung der Ignorantz und vielfältigen Unwahrheiten. [s. l.], 1731, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_beleuchtung_1731/48>, abgerufen am 21.11.2024.