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Moser, Johann Jacob: Abgenöthigte Beleuchtung der Ignorantz und vielfältigen Unwahrheiten. [s. l.], 1731.

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ermelte Hertzoge jemalen einer Landes-Hoheit über das Stifft oder die Reu-
Stadt Hildesheim nur die gerinstste Erwähnung gethan hätten.

Ja es ist so weit gefehlet/ daß die Hertzoge zu Braunschweig jemals soll-
ten eine Landes-Hoheit über das Stifft Hildesheim praetendiret haben/ daß sie
vielmehr noch unter Bischoff Heinrich/ der An. 1310. zu regieren angefangen/
so gar die Stadt Hannover selbsten nebst anderen Güteren von dem Stifft zu
Lehen getragen haben. Offtgemeldetes Chronicon Hildesiense meldet hiervon
folgendes: Cum illustri Ottone Duce Luneborch, qui oppidum Hannovere
& castrum Lowenrode cum quibusdam Comitatibus & bonis ab Ecclesia in
feudum tenuerat, & ab ipso recipere non curavit, graves guerras habuit,
plures conflictus iniit, in aliquibus succumbens & in pluribus triumphans.
Tandem compositione facta idem Dux jam dicta bona ab Episcopo recepit
in feudum & se Vasallum Ecclesiae recognovit.

Zwar schreibet der so genannte TELOMONIUS Ornatomontanus in De-
script. belli inter Henricos, Seniorem & Juniorem, Duces Brunsvicenses & Lu-
neburgenses Civitatemque Brunsvicensem circa An. 1492. gesti apud
LEIBNI-
TIUM l. c. Tom. II. p. 13. Hac in diffidatione memoria de Henrico Duce
Juniore fiebat, quoniam cum hoc ipso Principe Hildensemenses foedere jun-
cti sunt firmissimo. Ipsum semper tanquam suum Dominum & Principem
gratiosum fovent, colunt & venerantur.
Und LEIBNITZ glossirt darzu:
Pertinent haec ad protectionem, quam ab antiquo Hildesiensis urbs a Cel-
lensibus Ducibus grata recognovit:
Alleine daß die Worte: tanquam suum
Dominum & Principem gratiosum
von dem Autore als termini reveren-
tiales
und nicht/ um eine subjection zu marquiren/ genommen worden seyen/
ergibt sich nicht nur unwidersprechlich daraus/ weil er immediate vorher ge-
sagt hatte: quoniam cum hoc ipso Principe Hildensemenses foedere juncti
sunt firmissimo,
als welches ja nicht von Landes-Herrn und Unterthauen
praedicirt werden kan/ sondern es hat auch LEIBNIZ selbsten sich nicht getrauet/
aus diesen Worten auf ein mehreres/ als auf ein Schutz- und Schirms-Recht/
zu schliessen/ wiewol er der Sache auch hierin zu viel gethan hat. Dann diese
Worte bringen es notorie nicht mit sich/ sintemalen foedus firmissimum ja
sein Lebtag nicht Jus Protectionis heisst/ und eben so wenig importiren es die
andere obenangezogene Worte: Hat aber Leibniz supponirt/ daß zwar solches
Jus Protectionis nicht aus diesen Worten/ aber anderwärts her erweislich
wäre/ so hätte er auch die Stellen benennen sollen/ aus welchen ein so wichti-
ger Satz verificiret werden kan oder irgendwo verificiret worden ist/ wiewoh-
len auch dieses weder denen Herrn Hertzogen zu Braunschweig eine Landes-
Hoheit über Hildesheim zulegte/ noch der Landes-Hoheit derer Herrn Bischöf-
fe über die Stadt praejudicirlich wäre: nicht das erste/ dann so ist z. E. der Herr
Hertzog zu Würtemberg auch schon seit langen Zeiten Schutz- und Schirm-
Herr über Eßlingen und Reutlingen und diese reichen jenem jährlich ein ge-
wisses Stück Geld deßwegen/ seynd und bleiben aber dannoch freye Reichs-
Städte; nicht dieses/ weilen aus der Wahl-Capit art. 27. auch sonst/ sonder-
lich aus dem bekannten Emdischen Exempel bekannt ist/ daß so wohl jetzo/ als
auch/ und fürnehmlich/ ehedessen sich mehrmahlen zugetragen/ daß mediat
Stände zur Ungebühr bey anderen Reichs-Ständen oder auch fremden Po-
tenzien Schutz und Schirm gesucht oder diese von selbsten dergleichen Schutz-
und Schirms-Rechts sich widerrechtlich angemasset/ dadurch aber/ sonderlich
nach deutlicher Maaßgab ermelten Reichs-Gesetzes/ das geringste Recht sich
nicht acquiriret haben oder haben acquiriren können.

Endlich und um den unverschämten Gegner zu zeigen/ daß man nicht
nur im Stande seye zu erweisen/ daß die Hertzoge zu Sachsen oder Braun-

schweig

ermelte Hertzoge jemalen einer Landes-Hoheit uͤber das Stifft oder die Reu-
Stadt Hildesheim nur die gerinſtſte Erwaͤhnung gethan haͤtten.

Ja es iſt ſo weit gefehlet/ daß die Hertzoge zu Braunſchweig jemals ſoll-
ten eine Landes-Hoheit uͤber das Stifft Hildesheim prætendiret haben/ daß ſie
vielmehr noch unter Biſchoff Heinrich/ der An. 1310. zu regieren angefangen/
ſo gar die Stadt Hannover ſelbſten nebſt anderen Guͤteren von dem Stifft zu
Lehen getragen haben. Offtgemeldetes Chronicon Hildeſienſe meldet hiervon
folgendes: Cum illuſtri Ottone Duce Luneborch, qui oppidum Hannovere
& caſtrum Lowenrode cum quibusdam Comitatibus & bonis ab Eccleſia in
feudum tenuerat, & ab ipſo recipere non curavit, graves guerras habuit,
plures conflictus iniit, in aliquibus ſuccumbens & in pluribus triumphans.
Tandem compoſitione factâ idem Dux jam dicta bona ab Epiſcopo recepit
in feudum & ſe Vaſallum Eccleſiæ recognovit.

Zwar ſchreibet der ſo genannte TELOMONIUS Ornatomontanus in De-
ſcript. belli inter Henricos, Seniorem & Juniorem, Duces Brunſvicenſes & Lu-
neburgenſes Civitatémque Brunſvicenſem circa An. 1492. geſti apud
LEIBNI-
TIUM l. c. Tom. II. p. 13. Hac in diffidatione memoria de Henrico Duce
Juniore fiebat, quoniam cum hoc ipſo Principe Hildenſemenſes fœdere jun-
cti ſunt firmiſſimo. Ipſum ſemper tanquam ſuum Dominum & Principem
gratioſum fovent, colunt & venerantur.
Und LEIBNITZ gloſſirt darzu:
Pertinent hæc ad protectionem, quam ab antiquo Hildeſienſis urbs à Cel-
lenſibus Ducibus grata recognovit:
Alleine daß die Worte: tanquam ſuum
Dominum & Principem gratioſum
von dem Autore als termini reveren-
tiales
und nicht/ um eine ſubjection zu marquiren/ genommen worden ſeyen/
ergibt ſich nicht nur unwiderſprechlich daraus/ weil er immediatè vorher ge-
ſagt hatte: quoniam cum hoc ipſo Principe Hildenſemenſes fœdere juncti
ſunt firmiſſimo,
als welches ja nicht von Landes-Herrn und Unterthauen
prædicirt werden kan/ ſondern es hat auch LEIBNIZ ſelbſten ſich nicht getrauet/
aus dieſen Worten auf ein mehreres/ als auf ein Schutz- und Schirms-Recht/
zu ſchlieſſen/ wiewol er der Sache auch hierin zu viel gethan hat. Dann dieſe
Worte bringen es notoriè nicht mit ſich/ ſintemalen fœdus firmiſſimum ja
ſein Lebtag nicht Jus Protectionis heiſſt/ und eben ſo wenig importiren es die
andere obenangezogene Worte: Hat aber Leibniz ſupponirt/ daß zwar ſolches
Jus Protectionis nicht aus dieſen Worten/ aber anderwaͤrts her erweislich
waͤre/ ſo haͤtte er auch die Stellen benennen ſollen/ aus welchen ein ſo wichti-
ger Satz verificiret werden kan oder irgendwo verificiret worden iſt/ wiewoh-
len auch dieſes weder denen Herrn Hertzogen zu Braunſchweig eine Landes-
Hoheit uͤber Hildesheim zulegte/ noch der Landes-Hoheit derer Herrn Biſchoͤf-
fe uͤber die Stadt præjudicirlich waͤre: nicht das erſte/ dann ſo iſt z. E. der Herr
Hertzog zu Wuͤrtemberg auch ſchon ſeit langen Zeiten Schutz- und Schirm-
Herr uͤber Eßlingen und Reutlingen und dieſe reichen jenem jaͤhrlich ein ge-
wiſſes Stuͤck Geld deßwegen/ ſeynd und bleiben aber dannoch freye Reichs-
Staͤdte; nicht dieſes/ weilen aus der Wahl-Capit art. 27. auch ſonſt/ ſonder-
lich aus dem bekannten Emdiſchen Exempel bekannt iſt/ daß ſo wohl jetzo/ als
auch/ und fuͤrnehmlich/ ehedeſſen ſich mehrmahlen zugetragen/ daß mediat
Staͤnde zur Ungebuͤhr bey anderen Reichs-Staͤnden oder auch fremden Po-
tenzien Schutz und Schirm geſucht oder dieſe von ſelbſten dergleichen Schutz-
und Schirms-Rechts ſich widerrechtlich angemaſſet/ dadurch aber/ ſonderlich
nach deutlicher Maaßgab ermelten Reichs-Geſetzes/ das geringſte Recht ſich
nicht acquiriret haben oder haben acquiriren koͤnnen.

Endlich und um den unverſchaͤmten Gegner zu zeigen/ daß man nicht
nur im Stande ſeye zu erweiſen/ daß die Hertzoge zu Sachſen oder Braun-

ſchweig
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[22/0024] ermelte Hertzoge jemalen einer Landes-Hoheit uͤber das Stifft oder die Reu- Stadt Hildesheim nur die gerinſtſte Erwaͤhnung gethan haͤtten. Ja es iſt ſo weit gefehlet/ daß die Hertzoge zu Braunſchweig jemals ſoll- ten eine Landes-Hoheit uͤber das Stifft Hildesheim prætendiret haben/ daß ſie vielmehr noch unter Biſchoff Heinrich/ der An. 1310. zu regieren angefangen/ ſo gar die Stadt Hannover ſelbſten nebſt anderen Guͤteren von dem Stifft zu Lehen getragen haben. Offtgemeldetes Chronicon Hildeſienſe meldet hiervon folgendes: Cum illuſtri Ottone Duce Luneborch, qui oppidum Hannovere & caſtrum Lowenrode cum quibusdam Comitatibus & bonis ab Eccleſia in feudum tenuerat, & ab ipſo recipere non curavit, graves guerras habuit, plures conflictus iniit, in aliquibus ſuccumbens & in pluribus triumphans. Tandem compoſitione factâ idem Dux jam dicta bona ab Epiſcopo recepit in feudum & ſe Vaſallum Eccleſiæ recognovit. Zwar ſchreibet der ſo genannte TELOMONIUS Ornatomontanus in De- ſcript. belli inter Henricos, Seniorem & Juniorem, Duces Brunſvicenſes & Lu- neburgenſes Civitatémque Brunſvicenſem circa An. 1492. geſti apud LEIBNI- TIUM l. c. Tom. II. p. 13. Hac in diffidatione memoria de Henrico Duce Juniore fiebat, quoniam cum hoc ipſo Principe Hildenſemenſes fœdere jun- cti ſunt firmiſſimo. Ipſum ſemper tanquam ſuum Dominum & Principem gratioſum fovent, colunt & venerantur. Und LEIBNITZ gloſſirt darzu: Pertinent hæc ad protectionem, quam ab antiquo Hildeſienſis urbs à Cel- lenſibus Ducibus grata recognovit: Alleine daß die Worte: tanquam ſuum Dominum & Principem gratioſum von dem Autore als termini reveren- tiales und nicht/ um eine ſubjection zu marquiren/ genommen worden ſeyen/ ergibt ſich nicht nur unwiderſprechlich daraus/ weil er immediatè vorher ge- ſagt hatte: quoniam cum hoc ipſo Principe Hildenſemenſes fœdere juncti ſunt firmiſſimo, als welches ja nicht von Landes-Herrn und Unterthauen prædicirt werden kan/ ſondern es hat auch LEIBNIZ ſelbſten ſich nicht getrauet/ aus dieſen Worten auf ein mehreres/ als auf ein Schutz- und Schirms-Recht/ zu ſchlieſſen/ wiewol er der Sache auch hierin zu viel gethan hat. Dann dieſe Worte bringen es notoriè nicht mit ſich/ ſintemalen fœdus firmiſſimum ja ſein Lebtag nicht Jus Protectionis heiſſt/ und eben ſo wenig importiren es die andere obenangezogene Worte: Hat aber Leibniz ſupponirt/ daß zwar ſolches Jus Protectionis nicht aus dieſen Worten/ aber anderwaͤrts her erweislich waͤre/ ſo haͤtte er auch die Stellen benennen ſollen/ aus welchen ein ſo wichti- ger Satz verificiret werden kan oder irgendwo verificiret worden iſt/ wiewoh- len auch dieſes weder denen Herrn Hertzogen zu Braunſchweig eine Landes- Hoheit uͤber Hildesheim zulegte/ noch der Landes-Hoheit derer Herrn Biſchoͤf- fe uͤber die Stadt præjudicirlich waͤre: nicht das erſte/ dann ſo iſt z. E. der Herr Hertzog zu Wuͤrtemberg auch ſchon ſeit langen Zeiten Schutz- und Schirm- Herr uͤber Eßlingen und Reutlingen und dieſe reichen jenem jaͤhrlich ein ge- wiſſes Stuͤck Geld deßwegen/ ſeynd und bleiben aber dannoch freye Reichs- Staͤdte; nicht dieſes/ weilen aus der Wahl-Capit art. 27. auch ſonſt/ ſonder- lich aus dem bekannten Emdiſchen Exempel bekannt iſt/ daß ſo wohl jetzo/ als auch/ und fuͤrnehmlich/ ehedeſſen ſich mehrmahlen zugetragen/ daß mediat Staͤnde zur Ungebuͤhr bey anderen Reichs-Staͤnden oder auch fremden Po- tenzien Schutz und Schirm geſucht oder dieſe von ſelbſten dergleichen Schutz- und Schirms-Rechts ſich widerrechtlich angemaſſet/ dadurch aber/ ſonderlich nach deutlicher Maaßgab ermelten Reichs-Geſetzes/ das geringſte Recht ſich nicht acquiriret haben oder haben acquiriren koͤnnen. Endlich und um den unverſchaͤmten Gegner zu zeigen/ daß man nicht nur im Stande ſeye zu erweiſen/ daß die Hertzoge zu Sachſen oder Braun- ſchweig

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Zitationshilfe: Moser, Johann Jacob: Abgenöthigte Beleuchtung der Ignorantz und vielfältigen Unwahrheiten. [s. l.], 1731, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_beleuchtung_1731/24>, abgerufen am 21.11.2024.