Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mosen, Julius: Die Dresdener Gemälde-Galerie. Dresden, 1844.

Bild:
<< vorherige Seite

Am glücklichsten ist Rubens jedoch, wo er heftige Leidenschaften gegen einander gehen lassen kann, und die aufgeregten Kräfte seiner Zeit sich ihm und durch seine Werke uns darstellen im Jagdkampfe mit reißenden Thieren. In seinem aristokratischen Künstlergemüthe gestaltete sich wohl von selbst der Mordkampf der Parteien in den Niederlanden zu einer todesgefährlichen Jagd zwischen der Aristokratie der Menschen und der Demokratie der freien wilden Thiere. Einen solchen Kampf sehen wir in der
Löwenjagd.

Es ist ein schreckvoll bewegtes Leben im Augenblicke, wo der grimmigste Löwe über das Kreuz des sich entsetzt bäumenden Schimmels in einem Satze gesprungen, sein Gebiß in die Schulter des Sheiks, die linke Pranke in sein Herz, die rechte in die Stirne hautabstreifend geschlagen hat. So eine losgelassene Kraft ist eine gefährliche Katze; wohl mag Philipp II. der Kopf davon wehgethan haben. Zwei Jagdgenossen sind auf ihren Pferden hauend und stechend zur Hilfe herangesprengt. Die Löwin unten, mit dem gräßlichen Wuthaufblick hinter dem erstochenen Tiger, rettet ihr Jüngstes, während ihr junger Löwensohn in der anderen Ecke seine erste Heldenthat vollbracht und einen Jäger zu Boden geworfen hat und noch mordfreudiger zum ungeschickt herunterstechenden Reiter emporbrüllt. Das ist ein Entsetzen unter den Reitern,

Am glücklichsten ist Rubens jedoch, wo er heftige Leidenschaften gegen einander gehen lassen kann, und die aufgeregten Kräfte seiner Zeit sich ihm und durch seine Werke uns darstellen im Jagdkampfe mit reißenden Thieren. In seinem aristokratischen Künstlergemüthe gestaltete sich wohl von selbst der Mordkampf der Parteien in den Niederlanden zu einer todesgefährlichen Jagd zwischen der Aristokratie der Menschen und der Demokratie der freien wilden Thiere. Einen solchen Kampf sehen wir in der
Löwenjagd.

Es ist ein schreckvoll bewegtes Leben im Augenblicke, wo der grimmigste Löwe über das Kreuz des sich entsetzt bäumenden Schimmels in einem Satze gesprungen, sein Gebiß in die Schulter des Sheiks, die linke Pranke in sein Herz, die rechte in die Stirne hautabstreifend geschlagen hat. So eine losgelassene Kraft ist eine gefährliche Katze; wohl mag Philipp II. der Kopf davon wehgethan haben. Zwei Jagdgenossen sind auf ihren Pferden hauend und stechend zur Hilfe herangesprengt. Die Löwin unten, mit dem gräßlichen Wuthaufblick hinter dem erstochenen Tiger, rettet ihr Jüngstes, während ihr junger Löwensohn in der anderen Ecke seine erste Heldenthat vollbracht und einen Jäger zu Boden geworfen hat und noch mordfreudiger zum ungeschickt herunterstechenden Reiter emporbrüllt. Das ist ein Entsetzen unter den Reitern,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0098" n="88"/>
        <p>Am glücklichsten ist Rubens jedoch, wo er heftige Leidenschaften gegen einander gehen lassen kann, und die aufgeregten Kräfte seiner Zeit sich ihm und durch seine Werke uns darstellen im Jagdkampfe mit reißenden Thieren. In seinem aristokratischen Künstlergemüthe gestaltete sich wohl von selbst der Mordkampf der Parteien in den Niederlanden zu einer todesgefährlichen Jagd zwischen der Aristokratie der Menschen und der Demokratie der freien wilden Thiere. Einen solchen Kampf sehen wir in der<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Löwenjagd.</hi></hi></p>
        <p>Es ist ein schreckvoll bewegtes Leben im Augenblicke, wo der grimmigste Löwe über das Kreuz des sich entsetzt bäumenden Schimmels in einem Satze gesprungen, sein Gebiß in die Schulter des Sheiks, die linke Pranke in sein Herz, die rechte in die Stirne hautabstreifend geschlagen hat. So eine losgelassene Kraft ist eine gefährliche Katze; wohl mag Philipp II. der Kopf davon wehgethan haben. Zwei Jagdgenossen sind auf ihren Pferden hauend und stechend zur Hilfe herangesprengt. Die Löwin unten, mit dem gräßlichen Wuthaufblick hinter dem erstochenen Tiger, rettet ihr Jüngstes, während ihr junger Löwensohn in der anderen Ecke seine erste Heldenthat vollbracht und einen Jäger zu Boden geworfen hat und noch mordfreudiger zum ungeschickt herunterstechenden Reiter emporbrüllt. Das ist ein Entsetzen unter den Reitern,
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[88/0098] Am glücklichsten ist Rubens jedoch, wo er heftige Leidenschaften gegen einander gehen lassen kann, und die aufgeregten Kräfte seiner Zeit sich ihm und durch seine Werke uns darstellen im Jagdkampfe mit reißenden Thieren. In seinem aristokratischen Künstlergemüthe gestaltete sich wohl von selbst der Mordkampf der Parteien in den Niederlanden zu einer todesgefährlichen Jagd zwischen der Aristokratie der Menschen und der Demokratie der freien wilden Thiere. Einen solchen Kampf sehen wir in der Löwenjagd. Es ist ein schreckvoll bewegtes Leben im Augenblicke, wo der grimmigste Löwe über das Kreuz des sich entsetzt bäumenden Schimmels in einem Satze gesprungen, sein Gebiß in die Schulter des Sheiks, die linke Pranke in sein Herz, die rechte in die Stirne hautabstreifend geschlagen hat. So eine losgelassene Kraft ist eine gefährliche Katze; wohl mag Philipp II. der Kopf davon wehgethan haben. Zwei Jagdgenossen sind auf ihren Pferden hauend und stechend zur Hilfe herangesprengt. Die Löwin unten, mit dem gräßlichen Wuthaufblick hinter dem erstochenen Tiger, rettet ihr Jüngstes, während ihr junger Löwensohn in der anderen Ecke seine erste Heldenthat vollbracht und einen Jäger zu Boden geworfen hat und noch mordfreudiger zum ungeschickt herunterstechenden Reiter emporbrüllt. Das ist ein Entsetzen unter den Reitern,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2013-03-04T10:41:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-03-04T10:41:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-03-04T10:41:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mosen_galerie_1844
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mosen_galerie_1844/98
Zitationshilfe: Mosen, Julius: Die Dresdener Gemälde-Galerie. Dresden, 1844, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mosen_galerie_1844/98>, abgerufen am 27.04.2024.