Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mosen, Julius: Die Dresdener Gemälde-Galerie. Dresden, 1844.

Bild:
<< vorherige Seite

Benedetto Gennari
hat uns als Epilog der italienischen, vornehmen Kunstrichtung
die Dilettantin der Malerei
mit ihrem Lehrer vorgeführt. Sie ist eine Dame, welche die erste Jugend hinter sich hat. Sie malt den schlafenden oder entschlafenen Amor. Da die Anbeter ihrer Schönheit im Zurückzuge begriffen sind, so muß sie Talente aufbieten, mit welchen sie dieselben zurücklockt. Wird auch dieses Mittel verbraucht sein, so kann sie ihre eigenen Leiden und Freuden im bürgerlichen Rührspiel auf die Bühne bringen, oder im Roman mit Friederike Bremer wetteifern.

Dieß ist das Ende der auswählenden oder eklektischen Schule. Neben ihr her zog sich eine zweite Richtung, welche das unmittelbare Leben wiedergab, die der
Naturalisten,
welche sich geradezu feindlich gegen die Schule der Caracci stellte. Die Leidenschaft, welche in Italien als einziges poetisches Element dennoch zurückbleiben mußte, war die Seele ihrer Malerei. Bei ihnen herrscht keine göttliche Idee mehr vor, sondern der Dämon des gemeinen Daseins. Grelles Licht und dunkle Schatten waren die Mittel, mit welchen sich dieses teuflische Element zur Erscheinung brachte. Ihr erster Meister war und bleibt

Benedetto Gennari
hat uns als Epilog der italienischen, vornehmen Kunstrichtung
die Dilettantin der Malerei
mit ihrem Lehrer vorgeführt. Sie ist eine Dame, welche die erste Jugend hinter sich hat. Sie malt den schlafenden oder entschlafenen Amor. Da die Anbeter ihrer Schönheit im Zurückzuge begriffen sind, so muß sie Talente aufbieten, mit welchen sie dieselben zurücklockt. Wird auch dieses Mittel verbraucht sein, so kann sie ihre eigenen Leiden und Freuden im bürgerlichen Rührspiel auf die Bühne bringen, oder im Roman mit Friederike Bremer wetteifern.

Dieß ist das Ende der auswählenden oder eklektischen Schule. Neben ihr her zog sich eine zweite Richtung, welche das unmittelbare Leben wiedergab, die der
Naturalisten,
welche sich geradezu feindlich gegen die Schule der Caracci stellte. Die Leidenschaft, welche in Italien als einziges poetisches Element dennoch zurückbleiben mußte, war die Seele ihrer Malerei. Bei ihnen herrscht keine göttliche Idee mehr vor, sondern der Dämon des gemeinen Daseins. Grelles Licht und dunkle Schatten waren die Mittel, mit welchen sich dieses teuflische Element zur Erscheinung brachte. Ihr erster Meister war und bleibt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0081" n="71"/>
        <p><hi rendition="#c"><hi rendition="#b">Benedetto Gennari</hi></hi><lb/>
hat uns als Epilog der italienischen, vornehmen Kunstrichtung<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#g">die Dilettantin der Malerei</hi></hi><lb/>
mit ihrem Lehrer vorgeführt. Sie ist eine Dame, welche die erste Jugend hinter sich hat. Sie malt den schlafenden oder entschlafenen Amor. Da die Anbeter ihrer Schönheit im Zurückzuge begriffen sind, so muß sie Talente aufbieten, mit welchen sie dieselben zurücklockt. Wird auch dieses Mittel verbraucht sein, so kann sie ihre eigenen Leiden und Freuden im bürgerlichen Rührspiel auf die Bühne bringen, oder im Roman mit Friederike Bremer wetteifern.</p>
        <p>Dieß ist das Ende der auswählenden oder eklektischen Schule. Neben ihr her zog sich eine zweite Richtung, welche das unmittelbare Leben wiedergab, die der<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#b">Naturalisten,</hi></hi><lb/>
welche sich geradezu feindlich gegen die Schule der Caracci stellte. Die Leidenschaft, welche in Italien als einziges poetisches Element dennoch zurückbleiben mußte, war die Seele ihrer Malerei. Bei ihnen herrscht keine göttliche Idee mehr vor, sondern der Dämon des gemeinen Daseins. Grelles Licht und dunkle Schatten waren die Mittel, mit welchen sich dieses teuflische Element zur Erscheinung brachte. Ihr erster Meister war und bleibt
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[71/0081] Benedetto Gennari hat uns als Epilog der italienischen, vornehmen Kunstrichtung die Dilettantin der Malerei mit ihrem Lehrer vorgeführt. Sie ist eine Dame, welche die erste Jugend hinter sich hat. Sie malt den schlafenden oder entschlafenen Amor. Da die Anbeter ihrer Schönheit im Zurückzuge begriffen sind, so muß sie Talente aufbieten, mit welchen sie dieselben zurücklockt. Wird auch dieses Mittel verbraucht sein, so kann sie ihre eigenen Leiden und Freuden im bürgerlichen Rührspiel auf die Bühne bringen, oder im Roman mit Friederike Bremer wetteifern. Dieß ist das Ende der auswählenden oder eklektischen Schule. Neben ihr her zog sich eine zweite Richtung, welche das unmittelbare Leben wiedergab, die der Naturalisten, welche sich geradezu feindlich gegen die Schule der Caracci stellte. Die Leidenschaft, welche in Italien als einziges poetisches Element dennoch zurückbleiben mußte, war die Seele ihrer Malerei. Bei ihnen herrscht keine göttliche Idee mehr vor, sondern der Dämon des gemeinen Daseins. Grelles Licht und dunkle Schatten waren die Mittel, mit welchen sich dieses teuflische Element zur Erscheinung brachte. Ihr erster Meister war und bleibt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2013-03-04T10:41:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-03-04T10:41:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-03-04T10:41:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mosen_galerie_1844
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mosen_galerie_1844/81
Zitationshilfe: Mosen, Julius: Die Dresdener Gemälde-Galerie. Dresden, 1844, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mosen_galerie_1844/81>, abgerufen am 24.11.2024.