Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790.

Bild:
<< vorherige Seite

Und ein andermal, als von Göthen gespro¬
chen wurde, sagte Eckhoff, er sey ohngefähr
von Reisers Statur, aber gut physionomirt,
welches aber allein schon den Schauspieler in
Reisern ganz vernichtet haben würde, wenn
nicht Eckhof gleich darauf zufälliger Weise ihm
wieder etwas Aufmunterndes gesagt hätte, in¬
dem er ihn fragte, ob er außer dem Prolog
sonst nichts gedichtet habe? welches Reiser be¬
jahte, und sobald er zu Hause kam, seine Verse,
die er auswendig wußte, niederschrieb, um sie
Eckhof zu überbringen.

Er brachte wohl ein paar Tage mit dieser
Arbeit zu, und sein Wirth gerieth auf den Ge¬
danken, daß Reiser ein dramatisches Werk für
die Schaubühne verfertigte. -- Dieß ließ er sich
auf keine Weise ausreden, und wünschte Rei¬
sern schon im voraus Glück zu der glänzenden
Laufbahn, die er nun betreten würde.

Als Eckhof die Gedichte gelesen hatte, be¬
zeigte er Reisern seinen Beifall darüber, und
sagte, er wolle sie auch dem Bibliothekarius
Reichardt zu lesen geben. Dieß war für Rei¬
sern eine Aufmunterung ohne Gleichen, weil er

Und ein andermal, als von Goͤthen geſpro¬
chen wurde, ſagte Eckhoff, er ſey ohngefaͤhr
von Reiſers Statur, aber gut phyſionomirt,
welches aber allein ſchon den Schauſpieler in
Reiſern ganz vernichtet haben wuͤrde, wenn
nicht Eckhof gleich darauf zufaͤlliger Weiſe ihm
wieder etwas Aufmunterndes geſagt haͤtte, in¬
dem er ihn fragte, ob er außer dem Prolog
ſonſt nichts gedichtet habe? welches Reiſer be¬
jahte, und ſobald er zu Hauſe kam, ſeine Verſe,
die er auswendig wußte, niederſchrieb, um ſie
Eckhof zu uͤberbringen.

Er brachte wohl ein paar Tage mit dieſer
Arbeit zu, und ſein Wirth gerieth auf den Ge¬
danken, daß Reiſer ein dramatiſches Werk fuͤr
die Schaubuͤhne verfertigte. — Dieß ließ er ſich
auf keine Weiſe ausreden, und wuͤnſchte Rei¬
ſern ſchon im voraus Gluͤck zu der glaͤnzenden
Laufbahn, die er nun betreten wuͤrde.

Als Eckhof die Gedichte geleſen hatte, be¬
zeigte er Reiſern ſeinen Beifall daruͤber, und
ſagte, er wolle ſie auch dem Bibliothekarius
Reichardt zu leſen geben. Dieß war fuͤr Rei¬
ſern eine Aufmunterung ohne Gleichen, weil er

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0075" n="61"/>
      <p>Und ein andermal, als von Go&#x0364;then ge&#x017F;pro¬<lb/>
chen wurde, &#x017F;agte Eckhoff, er &#x017F;ey ohngefa&#x0364;hr<lb/>
von Rei&#x017F;ers Statur, <hi rendition="#fr">aber</hi> gut phy&#x017F;ionomirt,<lb/>
welches <hi rendition="#fr">aber</hi> allein &#x017F;chon den Schau&#x017F;pieler in<lb/>
Rei&#x017F;ern ganz vernichtet haben wu&#x0364;rde, wenn<lb/>
nicht Eckhof gleich darauf zufa&#x0364;lliger Wei&#x017F;e ihm<lb/>
wieder etwas Aufmunterndes ge&#x017F;agt ha&#x0364;tte, in¬<lb/>
dem er ihn fragte, ob er außer dem Prolog<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t nichts gedichtet habe? welches Rei&#x017F;er be¬<lb/>
jahte, und &#x017F;obald er zu Hau&#x017F;e kam, &#x017F;eine Ver&#x017F;e,<lb/>
die er auswendig wußte, nieder&#x017F;chrieb, um &#x017F;ie<lb/>
Eckhof zu u&#x0364;berbringen.</p><lb/>
      <p>Er brachte wohl ein paar Tage mit die&#x017F;er<lb/>
Arbeit zu, und &#x017F;ein Wirth gerieth auf den Ge¬<lb/>
danken, daß Rei&#x017F;er ein dramati&#x017F;ches Werk fu&#x0364;r<lb/>
die Schaubu&#x0364;hne verfertigte. &#x2014; Dieß ließ er &#x017F;ich<lb/>
auf keine Wei&#x017F;e ausreden, und wu&#x0364;n&#x017F;chte Rei¬<lb/>
&#x017F;ern &#x017F;chon im voraus Glu&#x0364;ck zu der gla&#x0364;nzenden<lb/>
Laufbahn, die er nun betreten wu&#x0364;rde.</p><lb/>
      <p>Als Eckhof die Gedichte gele&#x017F;en hatte, be¬<lb/>
zeigte er Rei&#x017F;ern &#x017F;einen Beifall daru&#x0364;ber, und<lb/>
&#x017F;agte, er wolle &#x017F;ie auch dem Bibliothekarius<lb/>
Reichardt zu le&#x017F;en geben. Dieß war fu&#x0364;r Rei¬<lb/>
&#x017F;ern eine Aufmunterung ohne Gleichen, weil er<lb/></p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[61/0075] Und ein andermal, als von Goͤthen geſpro¬ chen wurde, ſagte Eckhoff, er ſey ohngefaͤhr von Reiſers Statur, aber gut phyſionomirt, welches aber allein ſchon den Schauſpieler in Reiſern ganz vernichtet haben wuͤrde, wenn nicht Eckhof gleich darauf zufaͤlliger Weiſe ihm wieder etwas Aufmunterndes geſagt haͤtte, in¬ dem er ihn fragte, ob er außer dem Prolog ſonſt nichts gedichtet habe? welches Reiſer be¬ jahte, und ſobald er zu Hauſe kam, ſeine Verſe, die er auswendig wußte, niederſchrieb, um ſie Eckhof zu uͤberbringen. Er brachte wohl ein paar Tage mit dieſer Arbeit zu, und ſein Wirth gerieth auf den Ge¬ danken, daß Reiſer ein dramatiſches Werk fuͤr die Schaubuͤhne verfertigte. — Dieß ließ er ſich auf keine Weiſe ausreden, und wuͤnſchte Rei¬ ſern ſchon im voraus Gluͤck zu der glaͤnzenden Laufbahn, die er nun betreten wuͤrde. Als Eckhof die Gedichte geleſen hatte, be¬ zeigte er Reiſern ſeinen Beifall daruͤber, und ſagte, er wolle ſie auch dem Bibliothekarius Reichardt zu leſen geben. Dieß war fuͤr Rei¬ ſern eine Aufmunterung ohne Gleichen, weil er

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790/75
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790/75>, abgerufen am 07.05.2024.