Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790.

Bild:
<< vorherige Seite

wohnte, dem er nun diesen Vormittag seinen
Besuch machen wollte.

Zu dem Ende hielt er nun seinen gedruckten
Prolog in Bereitschaft, den er in Hannover
verfertigt und Island gesprochen hatte, und
durch welchen er hier vorzüglich Eingang zu fin¬
den hoffte.

Der junge Gastwirth Liebetraut nöthigte ihn
noch vorher mit ihm zu frühstücken, und schien
an seinem Umgange ein besonderes Vergnügen
zu finden, indem er zugleich anfing, ihn zum
Vertrauten seiner Herzensgeschichte zu machen,
welche darin bestand, daß er den Gasthof ge¬
pachtet habe, um ein junges Frauenzimmer, das
er liebte, je eher je lieber heirathen zu können.

Reiser gieng nun zu Eckhof, und auf dem
Wege dahin drängten sich alle seine Entwürfe,
die er vom Anfang seiner Wanderung an ge¬
macht, noch einmal wieder in seine Seele zu¬
sammen, da er sich so nahe am Ziel seiner Reise
sahe; die Melodie und der Vers aus Lisuart
und Dariolette tönten noch immer in seine Oh¬
ren, und dießmal wenigstens täuschte ihn seine
Hofnung nicht. -- Eckhof empfing ihn über

D 4

wohnte, dem er nun dieſen Vormittag ſeinen
Beſuch machen wollte.

Zu dem Ende hielt er nun ſeinen gedruckten
Prolog in Bereitſchaft, den er in Hannover
verfertigt und Iſland geſprochen hatte, und
durch welchen er hier vorzuͤglich Eingang zu fin¬
den hoffte.

Der junge Gaſtwirth Liebetraut noͤthigte ihn
noch vorher mit ihm zu fruͤhſtuͤcken, und ſchien
an ſeinem Umgange ein beſonderes Vergnuͤgen
zu finden, indem er zugleich anfing, ihn zum
Vertrauten ſeiner Herzensgeſchichte zu machen,
welche darin beſtand, daß er den Gaſthof ge¬
pachtet habe, um ein junges Frauenzimmer, das
er liebte, je eher je lieber heirathen zu koͤnnen.

Reiſer gieng nun zu Eckhof, und auf dem
Wege dahin draͤngten ſich alle ſeine Entwuͤrfe,
die er vom Anfang ſeiner Wanderung an ge¬
macht, noch einmal wieder in ſeine Seele zu¬
ſammen, da er ſich ſo nahe am Ziel ſeiner Reiſe
ſahe; die Melodie und der Vers aus Liſuart
und Dariolette toͤnten noch immer in ſeine Oh¬
ren, und dießmal wenigſtens taͤuſchte ihn ſeine
Hofnung nicht. — Eckhof empfing ihn uͤber

D 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0069" n="55"/>
wohnte, dem er nun die&#x017F;en Vormittag &#x017F;einen<lb/>
Be&#x017F;uch machen wollte.</p><lb/>
      <p>Zu dem Ende hielt er nun &#x017F;einen gedruckten<lb/>
Prolog in Bereit&#x017F;chaft, den er in Hannover<lb/>
verfertigt und I&#x017F;land ge&#x017F;prochen hatte, und<lb/>
durch welchen er hier vorzu&#x0364;glich Eingang zu fin¬<lb/>
den hoffte.</p><lb/>
      <p>Der junge Ga&#x017F;twirth Liebetraut no&#x0364;thigte ihn<lb/>
noch vorher mit ihm zu fru&#x0364;h&#x017F;tu&#x0364;cken, und &#x017F;chien<lb/>
an &#x017F;einem Umgange ein be&#x017F;onderes Vergnu&#x0364;gen<lb/>
zu finden, indem er zugleich anfing, ihn zum<lb/>
Vertrauten &#x017F;einer Herzensge&#x017F;chichte zu machen,<lb/>
welche darin be&#x017F;tand, daß er den Ga&#x017F;thof ge¬<lb/>
pachtet habe, um ein junges Frauenzimmer, das<lb/>
er liebte, je eher je lieber heirathen zu ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
      <p>Rei&#x017F;er gieng nun zu Eckhof, und auf dem<lb/>
Wege dahin dra&#x0364;ngten &#x017F;ich alle &#x017F;eine Entwu&#x0364;rfe,<lb/>
die er vom Anfang &#x017F;einer Wanderung an ge¬<lb/>
macht, noch einmal wieder in &#x017F;eine Seele zu¬<lb/>
&#x017F;ammen, da er &#x017F;ich &#x017F;o nahe am Ziel &#x017F;einer Rei&#x017F;e<lb/>
&#x017F;ahe; die Melodie und der Vers aus Li&#x017F;uart<lb/>
und Dariolette to&#x0364;nten noch immer in &#x017F;eine Oh¬<lb/>
ren, und dießmal wenig&#x017F;tens ta&#x0364;u&#x017F;chte ihn &#x017F;eine<lb/>
Hofnung nicht. &#x2014; Eckhof empfing ihn u&#x0364;ber<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D 4<lb/></fw>
</p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[55/0069] wohnte, dem er nun dieſen Vormittag ſeinen Beſuch machen wollte. Zu dem Ende hielt er nun ſeinen gedruckten Prolog in Bereitſchaft, den er in Hannover verfertigt und Iſland geſprochen hatte, und durch welchen er hier vorzuͤglich Eingang zu fin¬ den hoffte. Der junge Gaſtwirth Liebetraut noͤthigte ihn noch vorher mit ihm zu fruͤhſtuͤcken, und ſchien an ſeinem Umgange ein beſonderes Vergnuͤgen zu finden, indem er zugleich anfing, ihn zum Vertrauten ſeiner Herzensgeſchichte zu machen, welche darin beſtand, daß er den Gaſthof ge¬ pachtet habe, um ein junges Frauenzimmer, das er liebte, je eher je lieber heirathen zu koͤnnen. Reiſer gieng nun zu Eckhof, und auf dem Wege dahin draͤngten ſich alle ſeine Entwuͤrfe, die er vom Anfang ſeiner Wanderung an ge¬ macht, noch einmal wieder in ſeine Seele zu¬ ſammen, da er ſich ſo nahe am Ziel ſeiner Reiſe ſahe; die Melodie und der Vers aus Liſuart und Dariolette toͤnten noch immer in ſeine Oh¬ ren, und dießmal wenigſtens taͤuſchte ihn ſeine Hofnung nicht. — Eckhof empfing ihn uͤber D 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790/69
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790/69>, abgerufen am 07.05.2024.