Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790.In dem Dorfe aber, wo er einkehrte, hatte Kaum daß Reiser ein wenig eingeschlummert In dem Dorfe aber, wo er einkehrte, hatte Kaum daß Reiſer ein wenig eingeſchlummert <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0059" n="45"/> <p>In dem Dorfe aber, wo er einkehrte, hatte<lb/> er noch zu guter Letzt <choice><sic>uuf</sic><corr>auf</corr></choice> ſeiner Streu ſehr un¬<lb/> ruhige Nachbaren. Dieß waren nehmlich Fuhr<lb/> leute, die von Zeit zn Zeit aufſtanden, und ſich<lb/> in einem ſehr groben Dialekt miteinander unter¬<lb/> hielten, worin beſonders ein Wort vorkam, das<lb/> hoͤchſt widrig in Reiſers Ohren toͤnte, und im¬<lb/> mer mit einer Menge von haͤßlichen Nebenideen<lb/> fuͤr ihn begleitet war: die Bauern ſagten nehm¬<lb/> lich immer: <hi rendition="#fr">er quam</hi> anſtatt <hi rendition="#fr">er kam</hi>. Dieſes<lb/><hi rendition="#fr">quam</hi> ſchien Reiſern ihr ganzes Weſen auszu¬<lb/> druͤcken; und alle ihre Grobheit war in dieſem<lb/><hi rendition="#fr">quam</hi>, das ſie immer mit vollen Backen aus¬<lb/> ſprachen, gleichſam zuſammengedraͤngt.</p><lb/> <p>Kaum daß Reiſer ein wenig eingeſchlummert<lb/> war, ſo weckte ihn dies verhaßte Wort wieder<lb/> auf, ſo daß dieſe Nacht eine der traurigſten war,<lb/> die er je auf einer Streu zugebracht hatte. Als<lb/> der Tag anbrach, ſahe er die ſchwammigten auf¬<lb/> gedunſenen Geſichter ſeiner Schlafkameraden,<lb/> welche vollkommen mit dem <hi rendition="#fr">quam</hi> uͤberein¬<lb/> ſtimmten, das ihm noch in den Ohren gellte,<lb/> als er den Gaſthof ſchon verlaſſen hatte, und<lb/></p> </body> </text> </TEI> [45/0059]
In dem Dorfe aber, wo er einkehrte, hatte
er noch zu guter Letzt auf ſeiner Streu ſehr un¬
ruhige Nachbaren. Dieß waren nehmlich Fuhr
leute, die von Zeit zn Zeit aufſtanden, und ſich
in einem ſehr groben Dialekt miteinander unter¬
hielten, worin beſonders ein Wort vorkam, das
hoͤchſt widrig in Reiſers Ohren toͤnte, und im¬
mer mit einer Menge von haͤßlichen Nebenideen
fuͤr ihn begleitet war: die Bauern ſagten nehm¬
lich immer: er quam anſtatt er kam. Dieſes
quam ſchien Reiſern ihr ganzes Weſen auszu¬
druͤcken; und alle ihre Grobheit war in dieſem
quam, das ſie immer mit vollen Backen aus¬
ſprachen, gleichſam zuſammengedraͤngt.
Kaum daß Reiſer ein wenig eingeſchlummert
war, ſo weckte ihn dies verhaßte Wort wieder
auf, ſo daß dieſe Nacht eine der traurigſten war,
die er je auf einer Streu zugebracht hatte. Als
der Tag anbrach, ſahe er die ſchwammigten auf¬
gedunſenen Geſichter ſeiner Schlafkameraden,
welche vollkommen mit dem quam uͤberein¬
ſtimmten, das ihm noch in den Ohren gellte,
als er den Gaſthof ſchon verlaſſen hatte, und
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