Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790.

Bild:
<< vorherige Seite

zeugt glaubte, daß er der unglücklichste Mensch
seyn würde, wenn er seiner Neigung nicht folgte.

Die Sp. . . sche Truppe aber war die letzten
Wochen, wegen Mangel an Einnahme in die
äußerste Armuth gerathen. Der Direktor Sp. . .
reißte mit der Garderobe allein nach Leipzig vor¬
aus, und von den übrigen Schauspielern mußte
ein jeder selbst zusehen, daß er so gut wie mög¬
lich den Ort seiner Bestimmung erreichte, einige
reisten zu Pferde, andere zu Wagen, und noch an¬
dere zu Fuß, nachdem es die Umstände eines jedeu
erlaubten, denn die gemeinschaftliche Kasse war
längst erschöpft: in Leipzig aber hofte man nun,
bald sich wieder zu erholen.

Reiser machte sich denn auch denselben Nach¬
mittag, wo er Abschied genommen hatte, zu
Fuß auf den Weg, und sein Freund N. . . be¬
gleitete ihn zu Pferde bis nach dem nächsten
Dorfe auf dem Wege nach Leipzig, wo N. . .
am künftigen Sonntage predigen wollte.

Nachdem sie im Gasthofe eingekehrt waren,
und sich noch einmal aller der seligen Scenen er¬
innert hatten, die sie genossen haben wollten,
wenn sie am Abhange des Steigers Klopstocks

N 2

zeugt glaubte, daß er der ungluͤcklichſte Menſch
ſeyn wuͤrde, wenn er ſeiner Neigung nicht folgte.

Die Sp. . . ſche Truppe aber war die letzten
Wochen, wegen Mangel an Einnahme in die
aͤußerſte Armuth gerathen. Der Direktor Sp. . .
reißte mit der Garderobe allein nach Leipzig vor¬
aus, und von den uͤbrigen Schauſpielern mußte
ein jeder ſelbſt zuſehen, daß er ſo gut wie moͤg¬
lich den Ort ſeiner Beſtimmung erreichte, einige
reiſten zu Pferde, andere zu Wagen, und noch an¬
dere zu Fuß, nachdem es die Umſtaͤnde eines jedeu
erlaubten, denn die gemeinſchaftliche Kaſſe war
laͤngſt erſchoͤpft: in Leipzig aber hofte man nun,
bald ſich wieder zu erholen.

Reiſer machte ſich denn auch denſelben Nach¬
mittag, wo er Abſchied genommen hatte, zu
Fuß auf den Weg, und ſein Freund N. . . be¬
gleitete ihn zu Pferde bis nach dem naͤchſten
Dorfe auf dem Wege nach Leipzig, wo N. . .
am kuͤnftigen Sonntage predigen wollte.

Nachdem ſie im Gaſthofe eingekehrt waren,
und ſich noch einmal aller der ſeligen Scenen er¬
innert hatten, die ſie genoſſen haben wollten,
wenn ſie am Abhange des Steigers Klopſtocks

N 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0209" n="195"/>
zeugt glaubte, daß er der unglu&#x0364;cklich&#x017F;te Men&#x017F;ch<lb/>
&#x017F;eyn wu&#x0364;rde, wenn er &#x017F;einer Neigung nicht folgte.</p><lb/>
      <p>Die Sp. . . &#x017F;che Truppe aber war die letzten<lb/>
Wochen, wegen Mangel an Einnahme in die<lb/>
a&#x0364;ußer&#x017F;te Armuth gerathen. Der Direktor Sp. . .<lb/>
reißte mit der Garderobe allein nach Leipzig vor¬<lb/>
aus, und von den u&#x0364;brigen Schau&#x017F;pielern mußte<lb/>
ein jeder &#x017F;elb&#x017F;t zu&#x017F;ehen, daß er &#x017F;o gut wie mo&#x0364;<lb/>
lich den Ort &#x017F;einer Be&#x017F;timmung erreichte, einige<lb/>
rei&#x017F;ten zu Pferde, andere zu Wagen, und noch an¬<lb/>
dere zu Fuß, nachdem es die Um&#x017F;ta&#x0364;nde eines jedeu<lb/>
erlaubten, denn die gemein&#x017F;chaftliche Ka&#x017F;&#x017F;e war<lb/>
la&#x0364;ng&#x017F;t er&#x017F;cho&#x0364;pft: in Leipzig aber hofte man nun,<lb/>
bald &#x017F;ich wieder zu erholen.</p><lb/>
      <p>Rei&#x017F;er machte &#x017F;ich denn auch den&#x017F;elben Nach¬<lb/>
mittag, wo er Ab&#x017F;chied genommen hatte, zu<lb/>
Fuß auf den Weg, und &#x017F;ein Freund N. . . be¬<lb/>
gleitete ihn zu Pferde bis nach dem na&#x0364;ch&#x017F;ten<lb/>
Dorfe auf dem Wege nach Leipzig, wo N. . .<lb/>
am ku&#x0364;nftigen Sonntage predigen wollte.</p><lb/>
      <p>Nachdem &#x017F;ie im Ga&#x017F;thofe eingekehrt waren,<lb/>
und &#x017F;ich noch einmal aller der &#x017F;eligen Scenen er¬<lb/>
innert hatten, die &#x017F;ie geno&#x017F;&#x017F;en haben wollten,<lb/>
wenn &#x017F;ie am Abhange des Steigers Klop&#x017F;tocks<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">N 2<lb/></fw>
</p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[195/0209] zeugt glaubte, daß er der ungluͤcklichſte Menſch ſeyn wuͤrde, wenn er ſeiner Neigung nicht folgte. Die Sp. . . ſche Truppe aber war die letzten Wochen, wegen Mangel an Einnahme in die aͤußerſte Armuth gerathen. Der Direktor Sp. . . reißte mit der Garderobe allein nach Leipzig vor¬ aus, und von den uͤbrigen Schauſpielern mußte ein jeder ſelbſt zuſehen, daß er ſo gut wie moͤg¬ lich den Ort ſeiner Beſtimmung erreichte, einige reiſten zu Pferde, andere zu Wagen, und noch an¬ dere zu Fuß, nachdem es die Umſtaͤnde eines jedeu erlaubten, denn die gemeinſchaftliche Kaſſe war laͤngſt erſchoͤpft: in Leipzig aber hofte man nun, bald ſich wieder zu erholen. Reiſer machte ſich denn auch denſelben Nach¬ mittag, wo er Abſchied genommen hatte, zu Fuß auf den Weg, und ſein Freund N. . . be¬ gleitete ihn zu Pferde bis nach dem naͤchſten Dorfe auf dem Wege nach Leipzig, wo N. . . am kuͤnftigen Sonntage predigen wollte. Nachdem ſie im Gaſthofe eingekehrt waren, und ſich noch einmal aller der ſeligen Scenen er¬ innert hatten, die ſie genoſſen haben wollten, wenn ſie am Abhange des Steigers Klopſtocks N 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790/209
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790/209>, abgerufen am 03.05.2024.