Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Bild wie Sauer mit blassen Wangen,
und untergeschlagenen Armen, bedeutungsvoll
in diesen Stygischen Fluß herunter blickte, kam
Reisern lebhaft wieder vor die Seele, als er
einige Jahre nachher die Nachricht von seinem
Tode vernahm. -- Denn wenn irgend ein be¬
deutendes Bild sich formte, wo Zeichen und
Sache eines wurden, so war es hier.

Für Reisern aber eröfneten sich wieder frö¬
liche Aussichten: denn die Studenten kamen
auf den Einfall noch eine Komödie aufzuführen,
weil sie an diesem Vergnügen nun einmal Ge¬
schmack bekommen hatten.

Die Stücke welche man wählte, waren der
Argwöhnische und der Schatz von Lessing:
in dem ersten erhielt Reiser wiederum zwei Frauen¬
zimmerrollen, die er mit Umkleidung spielen
mußte, und in dem andern die Rolle des Mas¬
karil, und nun war sein Schauspielerkredit un¬
ter den Studenten schon so befestiget, daß man
es als eine Gefälligkeit von ihm ansahe, wenn
er diese Rollen übernehmen wollte, und er sich
also auf keine Weise dazu drängen durfte.

Das Bild wie Sauer mit blaſſen Wangen,
und untergeſchlagenen Armen, bedeutungsvoll
in dieſen Stygiſchen Fluß herunter blickte, kam
Reiſern lebhaft wieder vor die Seele, als er
einige Jahre nachher die Nachricht von ſeinem
Tode vernahm. — Denn wenn irgend ein be¬
deutendes Bild ſich formte, wo Zeichen und
Sache eines wurden, ſo war es hier.

Fuͤr Reiſern aber eroͤfneten ſich wieder froͤ¬
liche Ausſichten: denn die Studenten kamen
auf den Einfall noch eine Komoͤdie aufzufuͤhren,
weil ſie an dieſem Vergnuͤgen nun einmal Ge¬
ſchmack bekommen hatten.

Die Stuͤcke welche man waͤhlte, waren der
Argwoͤhniſche und der Schatz von Leſſing:
in dem erſten erhielt Reiſer wiederum zwei Frauen¬
zimmerrollen, die er mit Umkleidung ſpielen
mußte, und in dem andern die Rolle des Mas¬
karil, und nun war ſein Schauſpielerkredit un¬
ter den Studenten ſchon ſo befeſtiget, daß man
es als eine Gefaͤlligkeit von ihm anſahe, wenn
er dieſe Rollen uͤbernehmen wollte, und er ſich
alſo auf keine Weiſe dazu draͤngen durfte.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0156" n="142"/>
      <p>Das Bild wie Sauer mit bla&#x017F;&#x017F;en Wangen,<lb/>
und unterge&#x017F;chlagenen Armen, bedeutungsvoll<lb/>
in die&#x017F;en Stygi&#x017F;chen Fluß herunter blickte, kam<lb/>
Rei&#x017F;ern lebhaft wieder vor die Seele, als er<lb/>
einige Jahre nachher die Nachricht von &#x017F;einem<lb/>
Tode vernahm. &#x2014; Denn wenn irgend ein be¬<lb/>
deutendes Bild &#x017F;ich formte, wo Zeichen und<lb/>
Sache eines wurden, &#x017F;o war es hier.</p><lb/>
      <p>Fu&#x0364;r Rei&#x017F;ern aber ero&#x0364;fneten &#x017F;ich wieder fro&#x0364;¬<lb/>
liche Aus&#x017F;ichten: denn die Studenten kamen<lb/>
auf den Einfall noch eine Komo&#x0364;die aufzufu&#x0364;hren,<lb/>
weil &#x017F;ie an die&#x017F;em Vergnu&#x0364;gen nun einmal Ge¬<lb/>
&#x017F;chmack bekommen hatten.</p><lb/>
      <p>Die Stu&#x0364;cke welche man wa&#x0364;hlte, waren der<lb/><hi rendition="#fr">Argwo&#x0364;hni&#x017F;che</hi> und <hi rendition="#fr">der Schatz</hi> von Le&#x017F;&#x017F;ing:<lb/>
in dem er&#x017F;ten erhielt Rei&#x017F;er wiederum zwei Frauen¬<lb/>
zimmerrollen, die er mit Umkleidung &#x017F;pielen<lb/>
mußte, und in dem andern die Rolle des Mas¬<lb/>
karil, und nun war &#x017F;ein Schau&#x017F;pielerkredit un¬<lb/>
ter den Studenten &#x017F;chon &#x017F;o befe&#x017F;tiget, daß man<lb/>
es als eine Gefa&#x0364;lligkeit von ihm an&#x017F;ahe, wenn<lb/>
er die&#x017F;e Rollen u&#x0364;bernehmen wollte, und er &#x017F;ich<lb/>
al&#x017F;o auf keine Wei&#x017F;e dazu dra&#x0364;ngen durfte.</p><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[142/0156] Das Bild wie Sauer mit blaſſen Wangen, und untergeſchlagenen Armen, bedeutungsvoll in dieſen Stygiſchen Fluß herunter blickte, kam Reiſern lebhaft wieder vor die Seele, als er einige Jahre nachher die Nachricht von ſeinem Tode vernahm. — Denn wenn irgend ein be¬ deutendes Bild ſich formte, wo Zeichen und Sache eines wurden, ſo war es hier. Fuͤr Reiſern aber eroͤfneten ſich wieder froͤ¬ liche Ausſichten: denn die Studenten kamen auf den Einfall noch eine Komoͤdie aufzufuͤhren, weil ſie an dieſem Vergnuͤgen nun einmal Ge¬ ſchmack bekommen hatten. Die Stuͤcke welche man waͤhlte, waren der Argwoͤhniſche und der Schatz von Leſſing: in dem erſten erhielt Reiſer wiederum zwei Frauen¬ zimmerrollen, die er mit Umkleidung ſpielen mußte, und in dem andern die Rolle des Mas¬ karil, und nun war ſein Schauſpielerkredit un¬ ter den Studenten ſchon ſo befeſtiget, daß man es als eine Gefaͤlligkeit von ihm anſahe, wenn er dieſe Rollen uͤbernehmen wollte, und er ſich alſo auf keine Weiſe dazu draͤngen durfte.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790/156
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790/156>, abgerufen am 27.04.2024.