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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786.

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Mit Klugheit nutzt' er jede Freude,
Die die Natur umsonst ihm bot:
Ihm lacht die Flur im Blumenkleide,
Ihm glänzet früh das Morgenroth --
Vor diesen edlern Erdenfreuden
Verschloß auch nicht der Christ die Brust,
Und, nicht gebohren nur zu Leiden,
Genoß auch er des Weltmanns Lust.
Nur mit dem kleinen Unterscheide:
Der Freude Anfang war ihm da,
Wo jener seiner kurzen Freude,
Furchtbarem End' entgegen sah. --

Dieser Sommer war also für Anton Reiser ein
recht poetischer Sommer. -- Seine Lektüre mit
dem Eindruck, den die schöne Natur damals auf
ihn machte, zusammengenommen, that eine
wunderbare Wirkung auf seine Seele; alles er¬
schien ihm in einem romantischen bezaubernden
Lichte, wohin sein Fuß trat. --

Aber ohngeachtet seines genauen Umganges
mit Reisern liebte er dennoch vorzüglich die ein¬

Mit Klugheit nutzt' er jede Freude,
Die die Natur umſonſt ihm bot:
Ihm lacht die Flur im Blumenkleide,
Ihm glaͤnzet fruͤh das Morgenroth —
Vor dieſen edlern Erdenfreuden
Verſchloß auch nicht der Chriſt die Bruſt,
Und, nicht gebohren nur zu Leiden,
Genoß auch er des Weltmanns Luſt.
Nur mit dem kleinen Unterſcheide:
Der Freude Anfang war ihm da,
Wo jener ſeiner kurzen Freude,
Furchtbarem End' entgegen ſah. —

Dieſer Sommer war alſo fuͤr Anton Reiſer ein
recht poetiſcher Sommer. — Seine Lektuͤre mit
dem Eindruck, den die ſchoͤne Natur damals auf
ihn machte, zuſammengenommen, that eine
wunderbare Wirkung auf ſeine Seele; alles er¬
ſchien ihm in einem romantiſchen bezaubernden
Lichte, wohin ſein Fuß trat. —

Aber ohngeachtet ſeines genauen Umganges
mit Reiſern liebte er dennoch vorzuͤglich die ein¬

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[88/0098] Mit Klugheit nutzt' er jede Freude, Die die Natur umſonſt ihm bot: Ihm lacht die Flur im Blumenkleide, Ihm glaͤnzet fruͤh das Morgenroth — Vor dieſen edlern Erdenfreuden Verſchloß auch nicht der Chriſt die Bruſt, Und, nicht gebohren nur zu Leiden, Genoß auch er des Weltmanns Luſt. Nur mit dem kleinen Unterſcheide: Der Freude Anfang war ihm da, Wo jener ſeiner kurzen Freude, Furchtbarem End' entgegen ſah. — Dieſer Sommer war alſo fuͤr Anton Reiſer ein recht poetiſcher Sommer. — Seine Lektuͤre mit dem Eindruck, den die ſchoͤne Natur damals auf ihn machte, zuſammengenommen, that eine wunderbare Wirkung auf ſeine Seele; alles er¬ ſchien ihm in einem romantiſchen bezaubernden Lichte, wohin ſein Fuß trat. — Aber ohngeachtet ſeines genauen Umganges mit Reiſern liebte er dennoch vorzuͤglich die ein¬

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/98>, abgerufen am 21.11.2024.